Neue Gentechnik:Händler fordern klare Kennzeichnung von Lebensmitteln

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Das Siegel "ohne Gentechnik" fällt sofort ins Auge. Ob es dabei bleibt, ist fraglich. (Foto: Gregor Fischer/picture alliance/dpa)

Die EU-Kommission will den Umgang mit neuen Gentechnik-Methoden neu regeln. Sie könnten helfen, die Ernährung zu sichern. Große Einzelhändler wie Aldi und Lidl befürchten das Schlimmste. Doch noch ist nichts entschieden.

Von Silvia Liebrich

Wer den Inhalt von Lebensmittelverpackungen genau verstehen will, hat viel zu lesen. Die Liste der Inhalts- und Nährwertangaben ist lang und bleibt dennoch in weiten Teilen für viele Käufer rätselhaft. Anders verhält es sich da mit einem "ohne Gentechnik"-Logo, das oft sofort ins Auge fällt. Ob es dabei bleibt, ist allerdings fraglich. Denn der Umgang mit neuen Gentechnik-Methoden wie Crispr oder Talen soll auf EU-Ebene neu geregelt werden - und das könnte weitreichende Folgen haben, auch für die Kennzeichnung.

Die Debatte um die neue Gentechnik löst im Handel Unruhe aus - und eine seltene Einigkeit: Lebensmittelhändler aus verschiedenen europäischen Ländern forderten am Mittwoch eine klare Regulierung der neuen Gentechnik. "Alle gentechnisch veränderten Organismen (GVO) auf Tellern und Äckern sollen in der EU streng reguliert bleiben, Vorsorgeprinzip und Kennzeichnung dürfen nicht unterlaufen werden", heißt es in dem gemeinsamen Schreiben. Zu den Unterzeichnern aus Deutschland gehören unter anderem Aldi Süd, Aldi Nord, Lidl, Alnatura und Dennree. In Österreich schlossen sich die Tochtergesellschaften von Rewe und Metro an sowie Hofer, Spar und andere. Initiiert wurde die Aktion vom neuen EU-Dachverband der "ohne Gentechnik"-Wirtschaft, ENGA.

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"Gentechnik bei Lebensmitteln ist ein höchst sensibles Thema, und unsere Kundinnen und Kunden verlassen sich darauf, umfassend über Herkunft und Produktionsweise informiert zu werden", betont Marcel Haraszti, Chef der österreichischen Rewe-Tochter. Verbraucher sollten sich weiterhin auf "ohne Gentechnik"-Siegel verlassen können, ergänzt der Lidl-Manager Alessandro Wolf.

Viele Verbraucher lehnen Gentechnik im Essen ab

Hinter dem Vorstoß des Handels steckt die Sorge, dass die strengen Bestimmungen für den Einsatz von grüner Gentechnik - also in der Landwirtschaft und Lebensmittelbranche - gelockert werden könnten. Darauf drängen große Biotech-Unternehmen und Saatguthersteller wie Bayer und BASF schon länger. In einem Papier der EU-Kommission von Ende April wird die neue Gentechnik als wichtiger Beitrag zur Ernährungssicherung in der EU bezeichnet. Kritiker interpretieren das als Zeichen für eine geplante Öffnung des europäischen Marktes für ungetestete und nicht erkennbare Neue-Gentechnik-Produkte. Ob solche Produkte tatsächlich ungeprüft und ohne Kennzeichnung auf den Markt kommen, ist längst nicht beschlossene Sache. Über grundsätzliche Fragen beraten diese Woche auch die EU-Agrarminister bei ihrem Treffen.

Der Lebensmittelhandel, insbesondere die Biobranche, befürchtet durch aufgeweichte Vorschriften einen Vertrauensverlust bei Verbrauchern - und das bedeutet Umsatzeinbußen. Ein großer Teil der Konsumenten in Deutschland und auch anderen EU-Ländern lehnt Gentechnik im Essen ab, wie Umfragen immer wieder zeigen. Lebensmittel mit dem "ohne Gentechnik"-Logo und Bioprodukte bringen hierzulande jeweils zweistellige Milliardenumsätze.

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