Mutmaßlicher Anlagebetrüger Florian Homm:"Schon okay, wenn man mich Aasgeier nennt"

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Am 3. März war Florian Homm noch im ZDF bei Peter Hahne zu sehen - eine Woche später schlugen Polizisten in Florenz zu. (Foto: dpa)

Mit 500.000 Euro in der Unterwäsche soll Florian Homm 2007 ins Exil geflohen sein. Fünf Jahre später tauchte er wieder auf - die Polizei schlug in Florenz zu. Wegen mutmaßlichen Anlagebetrugs droht ihm nun eine lange Haftstrafe. Vor einer Woche saß der Mann, der sich selbst in der Rolle der skrupellosen Heuschrecke gefiel, noch in der Talkshow von Peter Hahne. Warum taten deutsche Ermittler nichts?

Simone Boehringer, Alexander Mühlauer und Markus Zydra

Da haut Florian Homm, 53, doch tatsächlich diesen Satz 'raus: "Die Zeit der Banker und Zocker ist vorbei", sagte Deutschlands berüchtigter Hedgefondsmanager, und in seinem Gesicht deutete rein gar nichts darauf hin, er könne bei diesen Worten auch an sich gedacht haben. Gesundes Selbstvertrauen.

Vor gut einer Woche war das, Florian Homm im Streitgespräch mit der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht. ZDF-Moderator Peter Hahne piekste dann noch mit der Frage nach, ob Homm Angst hätte, nachher das Studio zu verlassen - immerhin hatte ein Privatdetektiv im Auftrag zorniger Investoren 2012 ein Kopfgeld in Höhe von 1,5 Millionen Euro auf den früheren Basketballjuniorennationalspieler ausgesetzt. Doch der Mann mit dem knorrigen Dreitagesbartgesicht orakelte nur: "Das ist ja schon ein bisschen vororganisiert", und meinte damit seine Flucht aus der Hauptstadt nach Aufzeichnung der Sendung.

Ab diesem Moment blieben Homm - Lebensmotto: "Jeder soll die Chance haben seinen eigenen Mist zu bauen" - noch genau fünf Tage in Freiheit. Es war am Freitag um 12.30 Uhr in den Uffizien von Florenz, die Homm mit seiner Familie besuchte, als die italienische Polizei zugriff. Die Beamten folgten damit einer Bitte der US-Staatsanwälte in Los Angeles, die ihm Betrug in Höhe von 200 Millionen Dollar vorwerfen.

Homm drohen bis zu 25 Jahre Haft

In Deutschland liegt strafrechtlich nichts gegen Homm vor, doch auch deutsche Behörden hätten wohl schon eine Woche zuvor in Berlin Rechtshilfe leisten können, doch wie das FBI am Montag mitteilte, wurde der Haftbefehl erst am 6. März ausgestellt. Der Auslieferung Homms in die USA steht wohl nichts im Wege, im schlimmsten Fall, so teilt das FBI mit, drohen Homm 25 Jahre Haft. Zusammen mit Komplizen soll er wertlose Aktien durch Kursmanipulationen künstlich aufgeblasen haben.

Florian Wilhelm Jürgen Homm wuchs als Sohn eines mittelständischen Handwerksunternehmers in der hessischen Millionärsstadt Bad Homburg auf, sein Großonkel war der legendäre Versandhauskönig und Dressur-Olympiasieger Josef Neckermann. Früh begann der ehrgeizige Harvard-Absolvent Homm eine Karriere in der amerikanischen Finanzwirtschaft und arbeitete bei Adressen wie Merrill Lynch, später bei Julius Bär.

Dann machte er sich selbständig, wurde zum Finanzjongleur Homm, Bonvivant und großmäuliger Investor. 1993 gründete er die auf kleine Unternehmen spezialisierte Investmentgesellschaft Value Management Research (VMR), der folgende Börsenboom am Frankfurter Aktiensegment Neuen Markt machte ihn reich. VMR war 2000 500 Millionen Euro wert, um zwei Jahre später zu kollabieren. Homm stieg Knall auf Fall aus - und ließ zornige Anleger zurück.

"Ich bin ein Trouble-Maker, der in Risiken Chancen sieht", alberte Homm, der sich nicht darum scherte, was andere von ihm dachten. "Schon okay, wenn man mich Plattmacher oder Aasgeier nennt."

Homm inszenierte sich als Heuschrecke und attackierte Unternehmen wie MLP und Sixt. Immer wieder stand der Investor unter Verdacht, negative Studien bei befreundeten Analysten in Auftrag gegeben zu haben und damit Kursrutsche bestimmter Aktien auszulösen. Im Fall Sixt verhängte die Finanzaufsicht Bafin 2005 eine Strafzahlung in Höhe von 70.000 Euro.

Das Frankfurter Amtsgericht verurteilte Homm aufgrund seiner Wetten gegen die Immobilienholding WCM 2005 zu einer Geldbuße von 50.000 Euro. Homm selbst hatte einen negativen Analystenbericht über die Firma geschrieben - ohne offenzulegen, dass er an der Börse auf einen fallenden Kurs von WCM gesetzt hatte. Die Bußgelder waren Peanuts für Homm, zeitweise wurde sein Vermögen auf 400 Millionen Euro geschätzt.

Berühmt machte Homm sein Einstieg beim 2004 äußerst klammen Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund. Homm war schnell größter Einzelaktionär und steckte nach eigenen Angaben 20 bis 30 Millionen Euro in den BVB. Auch deshalb bekamen die Dortmunder die Bundesligalizenz für die Saison 2005/06. Ohne ihn, behauptete Homm, "wäre die Borussia in der Oberliga" gelandet.

Leben im Exil

Im März 2006 bündelte Homm seine Investments in einem Hedgefonds: Absolute Capital Management (ACM). Er kaufte Beteiligungen der Modefirma Gerry Weber bis hin zum Touristikkonzern Tui. Schlagzeilen machte Homm vor allem mit Freenet - er wollte den Internetanbieter aufspalten. Insgesamt verwaltete ACM im Sommer 2007 rund 3,25 Milliarden Dollar.

Es kam der 18. September 2007, der Tag an dem Florian Homm verschwand, von Mallorca, seinem damaligen Domizil. Die 500.000 Dollar Startgeld soll er in seine Unterwäsche eingenäht haben. Er lebt fortan gut fünf Jahre im "Exil", wie er sagt, ständig auf der Flucht vor Investoren, die ein Hühnchen mit ihm rupfen wollten. Auch die US-Strafbehörden nahmen den Deutschen ins Visier, über seinen auf den Cayman-Inseln angesiedelten Fonds ACM sollen zwischen 2004 und 2007 die windigen Aktienmanipulationen in den USA abgewickelt worden sein.

"Ich bin ein großer Freund der Freiheit"

Plötzlich taucht Homm wieder auf, im Spätherbst 2012, er spricht in einem Versteck in Paris mit den Medien und erzählt die Geschichte seiner Wandlung vom Bösewicht zum Gutmenschen, der Jugendlichen in Liberia zu einer Ausbildung verhilft als Sponsor der Liberia Renaissance Foundation. Er hat ein Buch geschrieben mit dem Titel "Kopf Geld Jagd". Darin schildert er auf 360 Seiten seine Sicht die Dinge und sein Leben. Den Erlös spende er, so sagt er.

"Wie ich in Venezuela niedergeschossen wurde, während ich versuchte, Borussia Dortmund zu retten", lautete der marktschreierische Untertitel seines Buches. In einem Telefoninterview mit der SZ im November hatte Homm eingeräumt: "Seit drei Jahren wird strafrechtlich gegen mich ermittelt. Da kooperiere ich schon, soweit es mir in der Anonymität möglich ist."

Mit der Kooperation war es dann nicht so weit her. Die Amerikaner wurden wohl ungeduldig und schlugen zu. Noch am 3. März sagte Homm im Fernsehen: "Ich bin ein großer Freund der Freiheit."

© SZ vom 12.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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