Mozilla-Browser:Neuer Firefox: Mehr als ein Quantum Marktanteil

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Mozillas Firefox war in den Nullerjahren der Browser der Stunde. "Firefox Quantum" soll daran wieder anknüpfen. (Foto: Josep Lago/AFP)

Mit seinem runderneuerten Firefox-Browser "Quantum" will Mozilla Techgrößen wie Google herausfordern - nach Jahren des Niedergangs. Das muss funktionieren, denn am Firefox hängt das Überleben der Non-Profit-Organisation.

Von Mirjam Hauck, München

Mit einem Quantensprung will Mozilla mit seinem Firefox-Browser wieder an alte Erfolge anknüpfen: "Firefox Quantum" heißt der deutlich erneuerte Browser. 75 Prozent des Programmiercodes unterscheiden ihn vom Vorgänger. Er soll vor allem schnell sein und wenig Speicherplatz verbrauchen. "Quantum ist die größte Neuerung seit Firefox 1.0", sagt Mark Mayo, Senior Vice President Firefox. "Er ist für Menschen gedacht, die keine Computer für Tausende Dollar haben." So sei ein 300-Dollar-Laptop von Acer die Referenzgröße für die Firefox-Testteams auf der ganzen Welt gewesen.

Firefox 1.0 kam im Jahr 2004 auf den Markt. In den Nullerjahren wurde er schnell das wichtigste Tor zur Netzwelt, die Alternative zum vielfach geschmähten Internet Explorer des Betriebssystem-Monopolisten Microsoft. Dieser hatte in den 1990ern die Firma Netscape und deren Navigator vom Markt gedrängt. Firefox war und ist anders. Er ist Open Source, der Quellcode liegt also für jeden offen.

Firefox punktete früh mit Privatsphäreneinstellungen und relativ hohen Sicherheitsstandards - auch weil an ihm neben den bezahlten Mozilla-Programmierern Tausende Freiwillige auf der ganzen Welt mitarbeiten. Hinter Firefox steht mit der Mozilla-Stiftung eine Non-Profit-Organisation, die sich für offene Internetstandards, für Netzneutralität und gegen Überwachung einsetzt und das Web für Alle zugänglich machen und halten will.

Marktanteil von zwölf bis 14 Prozent

Doch kein Erfolg in der Technologiebranche hält ewig - auch nicht, wenn er mit antikapitalistischen Idealen unterfüttert ist. Seit 2010 ist durch den Aufstieg von Googles Chrome-Browser der Firefox-Marktanteil auf dem Desktop deutlich geschrumpft. Laut aktuellen Zahlen von Marktforschungsinstituten liegt Chrome inzwischen weltweit bei einem Marktanteil von 60 Prozent bei Desktop-Nutzern. Mozillas Firefox dümpelt dagegen bei zwölf bis 14 Prozent. Vor sieben Jahren waren es noch 30 Prozent. Lediglich in Deutschland hält sich der Firefox wacker und liegt je nach Messverfahren mit 30 Prozent entweder knapp vor oder hinter Chrome.

Chrome ist erfolgreich, weil Google mittlerweile quasi überall zu finden ist und in vielen Bereichen eine Monopolstellung hat. Natürlich als Suchmaschine, mit Youtube, aber auch weil Google als E-Mail-Provider und als Cloud-Anbieter für Dokumente und Kalender viele Kunden hat. Und der Konzern fährt für Chrome eine aggressive Werbestrategie.

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Wer etwa Gmail oder Youtube mit Firefox nutzt, der wird aufgefordert zu Chrome zu wechseln. Allerdings ist der Browser auch ein gutes Produkt: schnell, läuft stabil und lässt sich ohne großen Aufwand mit allen installierten Erweiterungen auch auf anderen Geräten nutzen. Mehr muss für die meisten Nutzer ein Desktop-Browser nicht können.

Das kann der bisherige Firefox zwar alles genauso, aber Mozilla hat sehr mit dem Bedeutungsverlust von PCs und Laptops zu kämpfen. Auf Smartphones spielt Firefox quasi keine Rolle. Auch hier dominiert Google mit seinem mobilem Betriebssystem Android den Markt und so mit dem bereits häufig vorinstallierten Chrome. Lediglich Achtungserfolge verbucht Mozilla auf Smartphones mit der mobilen Variante Firefox Klar (außerhalb Deutschlands heißt er "Focus"). Er blockiert automatisch Werbung und löscht die Surf-Chronik.

Während Chrome für Google nur ein Produkt von vielen ist - wenn auch ein sehr wichtiges, um weiter so erfolgreich im Tech- und Werbegeschäft zu sein - ist Firefox für Mozilla überlebenswichtig. "Wir existieren nur, um den Browser zu bauen", sagt Mark Mayo. "Ansonsten haben wir keine Berechtigung." Und weiter: "Wenn Firefox weiterhin Marktanteile verliert, verlieren wir das Privileg, Anwendungen für das Web zu machen. Die Nutzer müssen sich für uns entscheiden. Wir haben kein Betriebssystem, das Firefox stützt."

Nicht mehr. Ab 2011 hatte Mozilla das Smartphone-Betriebssystem Firefox OS entwickelt. Es sollte eine offene Alternative zu den geschlossenen Systemen von Apple und Google werden. Doch das Projekt scheiterte. Statt der Firefox-Geräte überschwemmten dann günstige Android-Handys die anvisierten Märkte in Entwicklungs- und Schwellenländern. Ende 2015 beerdigte Mozilla das Projekt. "Es war nicht falsch, es zu versuchen", sagt Mark Mayo heute. Auch wenn die Verbraucher es nicht wollten. Man habe aber viel gelernt, zum Beispiel wie man noch ressourcensparendere Browser entwickelt.

500 Mitarbeiter haben am Firefox gearbeitet

Firefox Quantum soll nun die Nutzer mit Schnelligkeit überzeugen, damit dass er leicht zu bedienen und nicht von Google ist, sagt Mayo. Wer Firefox benutze, unterstütze das offene Internet für alle. In den nächsten fünf Jahren sollen die Marktanteile wieder auf 20 Prozent steigen. 500 Mitarbeiter haben die vergangenen zwei Jahre daran gearbeitet Firefox zu erneuern. Google habe allein 3000 Leute für Chrome abgestellt, sagt Mayo. Mozilla versucht also weiterhin, die großen Tech-Unternehmen Apple, Microsoft und Google herauszufordern. "Auch wenn wir nicht, die Milliarden Dollar haben, die diese Unternehmen jedes Jahr ausgeben, um einen Browser zu machen", so Mayo.

Ganz auf Google kann aber auch Mozilla nicht verzichten. Das Suchmaschinenfenster in Firefox wird zumindest in Deutschland vom großen Konkurrenten bespielt. "Dafür bekommen wir ein bisschen Geld von Google", sagt Mayo. In den USA hat Mozilla hierfür eine Partnerschaft mit Yahoo, in Russland mit Yandex, in China mit Baidu. Mozilla lebt also vor, dass es keine gute Idee ist, sich von einem Unternehmen abhängig zu machen.

© SZ vom 15.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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