Suchmaschine:Qwant will das europäische Google werden

Lesezeit: 3 Min.

Internetsuche mit guter Qualität, aber ohne Datenspeicherung, das verspricht das französische Unternehmen Qwant. Screenshot: SZ (Foto: N/A)

Die Suchmaschine verspricht, keine persönlichen Daten zu sammeln. Doch bis "qwanteln" in den Duden aufgenommen wird, ist es noch ein weiter Weg.

Von Helmut Martin-Jung, München

Suchen im Internet - in Deutschland heißt das: googeln. Auf PCs liegt der Marktanteil des Konzerns aus Kalifornien in Deutschland nahe 90 Prozent; auf Mobilgeräten sind es gar 98 Prozent. Eric Leandri kennt diese Zahlen natürlich. Ihm ist klar, wie schwer die Aufgabe ist, die er sich vorgenommen hat -mit einer eigenen Suchmaschine anzutreten.

Vor allem mit einem Argument will er die Internetnutzer zu Wechseln bewegen - Datenschutz. Denn anders als Google hat es Qwant - so heißt seine Firma - nicht auf die Daten der Nutzer abgesehen. Doch wenn Qwant keine Daten sammelt, diesen nachwachsenden Rohstoff des Informationszeitalters, wie verdient es dann sein Geld? Leandri bringt diese Frage nicht in Verlegenheit: "Wir machen einfach das, was Google früher auch gemacht hat." Sprich: man platziert Anzeigen auf den Seiten. "Bis Jahresende werden wir profitabel sein", kündigt er an.

Der Unterschied zu Google: Während die Werbung dort mit Hilfe der gesammelten Daten personalisiert wird, spielt Qwant für alle Nutzer dieselbe Werbung aus. "Wir bleiben beim altmodischen Anzeigenmodell ohne Tracking." Tracking, also das Speichern und Verfolgen von Nutzerbewegungen im Netz, das ist, was zum Beispiel dazu führt, dass man im Web wochenlang mit Werbung zu Laufschuhen bombardiert wird, wenn man einmal danach gesucht oder sogar welche bestellt hat.

Internetsuche mit guter Qualität, aber ohne Datenspeicherung, das verspricht das französische Unternehmen Qwant. Screenshot: SZ (Foto: N/A)

Beim ersten Versuch 2014 floppte Qwant

Es ist bereits das zweite Mal, dass Qwant den deutschen Markt erobern will, doch beim ersten Mal, 2014 war das, ging der Start daneben. "Die Semantik war nicht gut", sagt Leandri im Rückblick selbstkritisch, "wir merkten bald, dass wir noch länger brauchen würden." Semantik, in diesem Zusammenhang also eine Suchmaschine an die Besonderheiten einer Sprache anzupassen, ist keine kleine Aufgabe. Qwant nahm sie in Angriff, und mit Unterstützung durch die europäische Investitionsbank und die französische Staatsbank, die in Qwant investierten, machte das Unternehmen auch bei der technischen Ausstattung große Fortschritte. Außerdem hat Qwant auch ein Büro in Berlin eingerichtet.

"2014 konnten wir nur fünf Millionen Seiten pro Tag in den Index aufnehmen", sagt Leandri, "heute sind es 255 Millionen." 16 Milliarden Seiten groß ist das Verzeichnis nun bereits. Zwar könne das französische Unternehmen Qwant nicht mit der Tiefe Googles mithalten, sagt er, "aber 90 Prozent der Abfragen liefern die richtigen und auch mehr oder weniger dieselben Ergebnisse wie Google", verspricht Leandri. Zum Hintergrund: Internetsuchmaschinen suchen nicht etwa das Web ab, wenn man etwas in das Suchfenster eintippt, sondern einen zuvor angelegten Index. Dieser muss allerdings ständig aktualisiert werden, sonst würde man beispielsweise aktuelle Nachrichten nicht finden.

Der Franzose, der früher unter anderem für die Systemsicherheit bei der Zentralbank seines Heimatlandes zuständig war, will aber eigentlich auch nicht mit Google konkurrieren. Zum einen sei ja das Unternehmen längst viel mehr als eine Suchmaschine und, so sagt er, auch "nicht mehr offen zur Welt". Suche man etwa nach einem Musikstück, werde man auf Youtube geleitet - auf das Videoangebot des Konzerns also.

Qwant legt Wert auf Datenschutz

Leandri will es eher mit den kleineren Konkurrenten aufnehmen, mit Yandex etwa, der in Russland beheimateten Websuche. Seine Ziele klingen bescheiden, angesichts der Dominanz von Google sind sie aber doch recht ambitioniert. Fünf bis zehn Prozent Marktanteil bei der Websuche will Leandri bis 2020 in Europa erreichen; für Deutschland strebt er bis Ende 2018 einen Anteil von zwei bis vier Prozent an.

Leandri hebt hervor, dass auch die gesamte Infrastruktur, also die Rechenzentren, in denen die Anfragen der Nutzer bearbeitet werden, in Europa stehen und dem europäischen Recht unterliegen. Die Datenschutz-Grundverordnung, die nächstes Jahr in Kraft tritt, erfülle Qwant bereits jetzt in vollem Umfang, sagt er.

Der deutsche Markt ist ihm besonders wichtig. Schließlich gebe es hier ein ausgeprägtes Bewusstsein für Datenschutz, weshalb auch der Browser Firefox hier den höchsten Marktanteil habe. "Aber viele verwechseln den Browser mit der Suchmaschine", sagt er. Viele wüssten auch gar nicht, wie man die Suchmaschine im Browser umstellt. Daher will er eine große Werbekampagne starten, bei der genau das erklärt wird. Wer auf Qwant umstelle, verspricht er, "bei dem sieht das Web wieder aus wie 2009". Nach 15 Tagen würden dann auch die auf persönlichen Infos basierenden Anzeigen nicht mehr kommen. "Man verschwindet sozusagen aus dem System."

© SZ vom 04.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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