Wirtschaftswachstum:Wirtschaftsweise rechnet mit sinkender Inflation

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Monika Schnitzer, Wirtschaftsweise, steht im großen Treppenhaus der Ludwig Maximilian Universität. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Monika Schnitzer berät die alte und neue Bundesregierung. Sie glaubt, dass sich die deutsche Wirtschaft schnell erholen könnte - wenn da nur die steigenden Infektionszahlen nicht wären.

Von Johannes Bauer

Keine zwei Wochen sind vergangen seit Monika Schnitzer Bundeskanzlerin Merkel das Gutachten des Sachverständigenrats für Wirtschaft überreicht hat. "Die Aufnahme war freundlich", erzählt sie am Montagabend im Anschluss an ihren Vortrag bei der Veranstaltungsreihe Munich Economic Debates, einer Kooperation von Ifo und Süddeutscher Zeitung. Kein Wunder, schließlich fielen die Prognosen der vier Wirtschaftsweisen recht zuversichtlich aus. Seit dem Empfang in Berlin hat sich die Corona-Lage jedoch enorm verschärft, die 7-Tages-Inzidenz hat sich in den besagten zwei Wochen mehr als verdoppelt. So verwundert es auch nicht, dass Schnitzer an diesem Abend ihre Worte sehr bedacht wählt, sich ihre positive Grundstimmung zwar bewahrt hat, aber ziemlich oft im Konjunktiv spricht, wenn es um das Gutachten der Wirtschaftsweisen geht.

"Natürlich sollte man dazusagen, da war ein Fragezeichen hinter dem Titel", betont Schnitzer deshalb direkt zu Beginn, als Ifo-Präsident Clemens Fuest sie vorgestellt hat und zu ihrem Vortrag mit dem Titel "Aus der Corona-Krise zurück in die Normalität" überleitet. Die Wirtschaftsweise blickt trotz der Lieferengpässe recht optimistisch auf die aktuelle Lage, wiederholt die im Gutachten prognostizierten 2,7 Prozent Wirtschaftswachstum für dieses Jahr und sogar 4,6 Prozent für das kommende. "Damit dürften wir nächstes Jahr wieder auf dem Vorkrisenniveau sein", sagt Schnitzer.

Chancenungleichheit und Weiterbildungen bleiben ein Problem

Auch bei der Inflation, die wieder sinken dürfte, dem Arbeitsmarkt, der durch Unternehmenshilfen wie das Kurzarbeitergeld während Corona stabiler geblieben ist als in vergangenen Krisen, sowie der Gefahr eines möglichen Anstieg an Insolvenzen, diese würden vorwiegend Klein- und Kleinstunternehmen treffen und die Wirtschaft deshalb kaum belasten, zeigen sich Schnitzer und der Sachverständigenrat vorsichtig optimistisch. Nur könnten anhaltende Lieferengpässe oder gar ein weiterer Lockdown eben auch schnell die Luft rauslassen aus allzu positiven Prognosen.

Schnitzer ist das natürlich bewusst, zumal sie im zweiten Teil ihres Vortrags darauf eingeht, wie Deutschland eine Transformation gestalten könne. Ein Teil des Problems sei da beispielsweise die Chancenungleichheit. In diesem Zusammenhang zeigt Schnitzer eine Grafik zur Lesekompetenz von Kindern, die nur in Israel noch mehr von der Bildung der Eltern abhängt als in Deutschland. "Und das Problem hat sich in der Krise noch mal weiter verschärft", sagt Schnitzer über die Lernrückstände. Auch bei der Fortbildung von Fachkräften gibt es in Deutschland Nachholbedarf. Nur zehn Prozent der Arbeitnehmer würden solche Angebote in Anspruch nehmen oder nehmen können. In der Schweiz oder in Schweden liegt der Anteil laut Sachverständigenrat mit rund 30 Prozent hingegen deutlich höher.

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