Microsoft Kinect und Xbox 360:Der Körper als Controller

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Mit der langerwarteten Körpersteuerung und einer neuen Xbox 360 liefert Microsoft schon vor der Eröffnung der Spielemesse E3 die ersten Höhepunkte. Die nächste Runde im Kampf der Konsolen ist eröffnet.

Helmut Martin-Jung, Los Angeles

Die boshafte Version der Geschichte ist: Microsoft kopiert die erfolgreiche Spielekonsole Wii. Daran ist zwar ein wahrer Kern, aber der Konzern aus dem nasskalten Nordwesten der USA hat es schon sehr elegant gemacht.

Demonstration von Microsofts Kinect: Der Körper läuft herkömmlichen Gamepads langsam aber sicher den Rang ab. (Foto: ap)

Nicht nur kommt Microsofts Kinect genanntes Zusatzgerät ohne jeglichen Controller aus - egal ob funkgesteuert oder mit Kabel verbunden: "Im Zentrum steht der beste Controller, der jemals entwickelt wurde - der Mensch", sagt Kudo Tsunoda, Creative Director der Microsoft Game Studios bei der Pressekonferenz auf der Spielemesse E3 in Los Angeles. Die Bewegungssteuerung birgt aber auch viel Potenzial für andere Anwendungen und geht damit weit über Spiele hinaus.

Die Technik funktioniert so: Ein kleines Zusatzgerät erfasst mit Kameras, Mikrophonen und 3D-Sensor einen oder mehrere Spieler und erkennt sie später am Gesicht oder an der Stimme wieder. Die Ausstattung von Kinect macht auch Videokonferenzen am Fernsehgerät möglich. Kinect funktioniert mit jeder bereits verkauften Xbox 360, die es für etwa 230 Euro gibt.

Neue Xbox bald in den Läden

Soviel soll auch die neue Xbox 360 kosten, die schon in nächsten Tagen in die Läden kommen wird. Das für Kinect nötige Zusatzgerät soll dagegen erst zum Weihnachtsgeschäft von Anfang November an verfügbar sein. Einen Preis nannte Microsoft dafür noch nicht, gerüchteweise ist von einem Paketpreis von 399 Dollar für Xbox und Kinect zu hören.

Um sein neues Projekt vorzustellen, engagierte Microsoft eigens den Cirque de Soleil aus Kanada, der in einer aufwändig dekorierten Halle eine zeremonienartige Präsentation vorführte.

Die Besucher, die wegen der langen Schlangen am Eingang und drinnen stundenlang hatten ausharren müssen, bekommen allesamt weiße Ponchos mit überdimensionierten Schulterpolstern, die am Ende der Vorstellung sogar noch verschiedenfarbig aufleuchteten.

"Dies ist unser wichtigstes Jahr"

Der Grund für den Aufwand ist klar: "Dies ist unser wichtigstes Jahr", betonten auf der E3 gleich mehrere Microsoft-Verantwortliche. Einerseits will man die Spitzenposition bei den Blockbuster-Spielen wie "Halo" halten, das demnächst in einer neuen Version erscheinen soll.

Doch mit Kinect versucht der Konzern, auch ganz andere Zielgruppen zu erreichen, die mit solchen Baller-Orgien wenig am Hut haben und wenn, dann mit einer Konsole wie der Wii von Nintendo gespielt haben.

Evolution der Gamepads
:Zocken mit Gesten

Die Steuerung von Spielekonsolen wie PlayStation oder Xbox wird immer einfacher - bald sind nicht einmal mehr Extra-Geräte notwendig. Die Evolution der Gamepads in Bildern.

Bei der Videochat-Fähigkeit sieht Microsoft sogar auch ältere Nutzer als Zielgruppe. Sie brauchen nicht einmal mit den Händen zu fuchteln, denn Kinect lässt sich - noch sehr rudimentär allerdings - auch über Sprache steuern.

Ferner sind Anbindung an beliebte Dienste wie das Internetradio Last FM vorgesehen, die sich über Microsofts Live-Netzwerk auch zusammen mit anderen Spielern nutzen lassen. In dieser an soziale Netzwerke wie Facebook angelehnten Funktion sieht Microsoft großes Potenzial.

Bis zum Start im November sollen mindestens 15 Spiele zur Verfügung stehen. Darunter sind Titel, die sich gezielt an Mädchen und Frauen wenden und - wie zumindest die Demos nahelegen - auch gut angenommen werden dürften.

Kein 3-D, kein BluRay

Das Naturspiel "Kinectimals" etwa hält 30 Jungtiere bereit, die sich virtuell streicheln lassen und mit denen man insgesamt 40 verschiedene Aktivitäten wie etwa Seilspringen ausführen kann.

"Dance Central" hilft dabei, die neuesten Moves für die Disco einzustudieren. Da das Gerät den Körper an 42 Punkten erfasst, werden Fehler sofort erkannt und korrigiert. Ähnlich funktioniert das auch beim Gymnastik-Titel "Your Shape - Fitness Evolve". Ähnliche Titel anderer Hersteller werden folgen.

Zwei Dinge hat Microsoft allerdings nicht angefasst: 3-D wird es bei der Xbox vorerst nicht geben - anders als bei der Playstation 3 des Konkurrenten Sony. Und das Laufwerk kann weiterhin nur gewöhnliche DVD-Scheiben lesen, keine BluRays. Das macht die Konsole nicht nur billiger.

Viele Nutzer würden sich Filme ohnehin bereits online herunterladen - in bester HD-Qualität. Damit das künftig schneller geht, hat die neue Xbox 360 eine größere Festplatte (250 Gigabyte) und ein schnelleres Wlan nach dem N-Standard. Die nächste Runde im Wettbewerb der Konsolen ist eröffnet.

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