Leiharbeit in der Kritik:Amazon kanzelt Verdi ab

Lesezeit: 1 min

Amazon in der Kritik: Logistikcenter in Bad Hersfeld. (Foto: dpa)

Der Konzern steht enorm unter Druck, jetzt äußert sich der Chef: Der Geschäftsführer von Amazon in Deutschland ermuntert seine Arbeiter, Betriebsräte zu gründen. Die kritische Dokumentation über Leiharbeit in seinem Konzern habe ihn "betroffen" gemacht. Gleichzeitig erteilt eine Sprecherin der Gewerkschaft Verdi eine Absage.

Der Internet-Versandhändler Amazon will die Mitbestimmung für seine Arbeitnehmer in Deutschland verbessern. Geschäftsführer Ralf Kleber sprach sich nach dem Wirbel um die Arbeitsbedingungen bei Amazon für mehr Betriebsräte im Unternehmen aus. "Ich finde Betriebsräte sehr gut und ich ermuntere die Mitarbeiter in unseren Logistikzentren, Betriebsräte mitzugründen", sagte er Spiegel Online.

An zwei von acht deutschen Standorten habe Amazon bereits Betriebsräte. In Pforzheim formiere sich gerade eine neue Arbeitnehmervertretung. Dort laufen bereits die Vorbereitungen für die Wahl eines Betriebsrats. Im dem Logistikzentrum sind rund 500 Mitarbeiter mit langfristigen Verträgen beschäftigt. Hinzu kommen je nach Saison mehrere hundert Aushilfen.

Eine Abfuhr erteilte Internetkonzern unterdessen der Gewerkschaft Verdi. Amazon wolle nicht über einen Tarifvertrag verhandeln, teilte eine Sprecherin am Donnerstagabend mit. Zwar sei das Unternehmen bereit, informelle Gespräche fortzusetzen - es sehe derzeit aber "zu wenige Gemeinsamkeiten, um Verhandlungen aufzunehmen", hieß es. "Von Verdis scharfen Angriffen und Anschuldigungen in den letzten Tagen sind wir enttäuscht." Die Dienstleistungsgewerkschaft hatte dem Unternehmen mangelndes Verantwortungsbewusstsein vorgeworfen.

Verdi hatte zuvor mitgeteilt, Amazon wolle keine Tarifverhandlungen. Verdi-Verhandlungsführer Jörg Lauenroth-Mago nannte dies "völlig unakzeptabel". Er kritisierte nach einem Gespräch mit der Amazon-Geschäftsführung am Standort Leipzig: "In der aktuellen Lage muss Amazon doch alles für ein besseres Image tun. Dazu gehört, wer viel von seinen Beschäftigten hält, muss auch bereit sein, faire Arbeitsbedingungen tariflich zu vereinbaren."

Die Gewerkschaft kämpft um höhere Löhne für die fest angestellten Beschäftigten des Versandhändlers. Verdi verlangt, dass Amazon den Flächentarifvertrag für den Einzelhandel anerkennt. Daraus würden sich deutlich höhere Stundenlöhne ergeben. Bislang orientiere sich das nicht tarifgebundene Unternehmen am Tarifvertrag für die Logistikbranche. Amazon dagegen teilte mit, die Vergütung der Mitarbeiter liege am oberen Ende dessen, was in der Logistik üblich sei.

Amazon war nach Berichten über die Arbeitsbedingungen von Leiharbeitern in die Kritik geraten und hatte sich von einem Sicherheitsdienst und einem Dienstleister getrennt. "Dass ein Sicherheitsdienst in der gezeigten Art und Weise unsere Mitarbeiter bedrängt, das ist nicht akzeptabel", sagte Kleber. Er bedauere die Vorfälle. In einer ARD-Dokumentation war über die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Leiharbeitern am hessischen Amazon-Standort Bad Hersfeld berichtet worden. "Die Fernsehbilder, die wir gesehen haben, machen mich betroffen", sagte Kleber. Der Film hatte unter anderem gezeigt, wie Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma die Leiharbeiter und das Film-Team bedrängten und Zimmer durchsuchten.

© Süddeutsche.de/dpa/bbr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: