Altersvorsorge:Sparer halten sich bei Lebensversicherungen zurück

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Wandbild am Gebäude der Ideal-Versicherung in Berlin: Die Branche hofft, den Anschluss bei der privaten Altersvorsorge nicht zu verlieren. (Foto: Sascha Steinach/imago images)

Die Unternehmen verdienen weniger, nun hoffen sie auf eine Initiative der Regierung für mehr private Altersvorsorge. Aber es gibt da noch ein Problem: die hohen Kosten.

Von Herbert Fromme und Jonas Tauber, Berlin/Köln

Es läuft nicht gut für Deutschlands Lebensversicherer: Ihr Umsatz sinkt. Sie hoffen auf eine neue Initiative der Bundesregierung für die private Altersvorsorge, die demnächst vorgestellt werden soll. Bei den Expertenberatungen sollen sie sich in einem zentralen Punkt durchgesetzt haben.

Aktuell sieht es mau aus. 2022 gingen die Beitragseinnahmen der Lebensversicherer um satte 5,9 Prozent auf 97,1 Milliarden Euro zurück. Der Hauptgrund: Sparer hielten sich bei Policen gegen Einmalbeitrag zurück, bei denen sie eine höhere Summe auf einen Schlag einzahlen, statt Monat für Monat zu sparen.

Das ist eine Folge der Zinswende, durch die andere Anlageformen wieder attraktiver werden. Gleichzeitig dämpft die Inflation die Sparbereitschaft. Auch für das laufende Jahr erwartet der Gesamtverband der Versicherer (GDV) deshalb ein Minus beim Umsatz.

Etwas Hoffnung gibt die betriebliche Altersversorgung: Die Zahl der Verträge legte 2022 um 0,7 Prozent auf 16,6 Millionen zu. Die Zahl der Direktversicherungen, die ein Arbeitgeber für Belegschaftsmitglieder abschließt, stieg sogar noch deutlicher um 1,3 Prozent auf 8,8 Millionen Verträge.

Doch das kann das Minus beim Kerngeschäft mit privaten Lebens- und Rentenversicherungen nicht wettmachen. Gespannt wartet die Branche deshalb auf die Ergebnisse der von der Bundesregierung eingesetzten Fokusgruppe zur privaten Altersvorsorge. Sie sollte einen öffentlich verwalteten Vorsorgefonds nach dem Vorbild Schwedens prüfen sowie Konzepte für Angebote, die mehr Rendite abwerfen als die notorisch teure Riester-Rente.

Die Experten aus Finanzbranche, Verbraucherschutz, Gewerkschaften, Deutscher Rentenversicherung und Wissenschaft haben ihre vertraulichen Beratungen inzwischen weitgehend beendet. Florian Toncar, FDP-Abgeordneter und parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, soll aus den Ergebnissen eine Vorlage für die Regierung machen.

Wie aus Expertenkreisen zu hören ist, hat die Riester-Rente nicht mehr viele Freunde gerade bei den Politikern. Möglicherweise wird sie abgewickelt: Bestehende Verträge laufen weiter, neue Verträge gibt es nicht. Ende 2022 hatte die Branche noch rund 10,3 Millionen Riester-Verträge im Bestand, ein Minus von 1,7 Prozent. Das Neugeschäft stürzte 2022 um 59,8 Prozent ab.

Der GDV, der über seinen Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen an der Fokusgruppe beteiligt ist, wirbt für sein Konzept der "Bürgerrente" mit einer einfachen staatlichen Förderung, einer auf 80 Prozent verringerten Beitragsgarantie und einer Ausweitung der förderfähigen Sparer auf alle Steuerzahler. In einem zentralen Punkt soll sich die Versicherungswirtschaft in der Fokusgruppe durchgesetzt haben, berichten Teilnehmer: Danach wird der Staat auch weiterhin Lebensversicherungen und Rentenpolicen fördern, die eine feste Zinsgarantie bieten.

Verträge mit Zinsgarantien sind umstritten, denn die Garantien fressen Rendite. Aber für die Versicherer sind sie sehr wichtig, weil die Garantie die Policen von anderen Spar- und Anlageverträgen wie Fondssparen unterscheidet.

In einem anderen zentralen Punkt, ihren eigenen Kosten, bewegt sich die Versicherungswirtschaft kaum. Das könnte dazu führen, dass sie in den Regierungsplänen für die private Altersvorsorge kaum eine Rolle spielen wird. Nach neuesten Zahlen des GDV hat die Branche 2022 Abschlusskosten von heftigen 7,98 Milliarden Euro verbucht. Das sind vor allem Provisionen für Vermittler, also Makler, Großvertriebe wie DVAG, MLP oder Swiss Life Select, Vertreter und Banken. Das ist zwar weniger als die 8,35 Milliarden Euro im Jahr 2021, aber eine prozentrale Steigerung: Statt 4,5 Prozent kostete der Vertrieb 4,7 Prozent der insgesamt von den Kunden zu zahlenden Beiträge.

Zu den Abschlusskosten kommen noch Verwaltungskosten. Dafür gaben die Versicherer 2,22 Milliarden Euro aus, im Vorjahr waren es 2,11 Milliarden Euro. Beides, Verwaltungs- und Vertriebskosten, werden vollständig von den Kunden getragen und reduzieren ihre Rendite für das Alter erheblich.

Ein von der EU-Kommission geplantes Provisionsverbot kommt nicht zustande, Vorstöße von SPD und Grünen in Deutschland, zumindest eine Höchstgrenze einzuziehen, sind bislang an Union und FDP gescheitert. Jetzt könnte es aber doch eine erzwungene Reduzierung der hohen Kosten geben. Die Finanzaufsicht Bafin will künftig genau hinsehen bei Versicherern, die zu den teuersten 25 Prozent im Markt gehören. Auf dieser Basis hat sie bereits sechs Unternehmen für eine genauere Prüfung ausgewählt.

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