Lebensversicherung:Probleme bei der Abwicklung

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Die Zurich Deutschland wollte 720 000 Lebensversicherungen an den Abwicklungsspezialisten Viridium abgeben. (Foto: Guido Schiefer/Imago)

Die Zurich Deutschland wollte 720 000 Lebensversicherungen an den Abwicklungsspezialisten Viridium abgeben. Das hat die Bafin untersagt. Ein heftiger Dämpfer für den Markt - aber nicht das Ende.

Von Christian Bellmann, Hamburg

Fast wäre es eine der größten Transaktionen im Milliardenmarkt für den Verkauf ganzer Bestände an Versicherungsverträgen geworden, im Branchenjargon Run-off. Die Zurich Deutschland wollte 720 000 Lebensversicherungen an den Abwicklungsspezialisten Viridium abgeben, monatelang zog sich das Verfahren. Doch Ende Januar stand fest: Die Finanzaufsicht Bafin wird den Deal nicht erlauben.

Viridium gehört mehrheitlich dem britischen Private-Equity-Investor Cinven - auf den die Aufsichtsbehörden in Europa im Moment nicht gut zu sprechen sind. Cinven hatte seiner italienischen Tochter Eurovita nach Liquiditätsproblemen Kapitalspritzen verweigert. Inzwischen wird Eurovita von der italienischen Aufsicht abgewickelt.

Dass dadurch der Deal zwischen Zurich und Viridium gescheitert ist, ist ein heftiger Dämpfer für den Run-off-Markt. Aber der Markt ist nicht tot, sind sich Experten sicher. Es wird in den kommenden zwei Jahren eine Reihe weiterer Transaktionen geben, und nicht nur kleine Deals, erwartet Anwalt Wessel Heukamp von Freshfields Bruckhaus Deringer. "Es sind eher größere Portfolios, die im Gespräch sind", berichtete er auf der Run-off-Konferenz der Süddeutschen Zeitung in Hamburg.

Auch Christian Kern von der Beratungsfirma KPMG glaubt, dass die Deals nicht ausbleiben werden - allerdings werden sie sich verändern: "Man wird Wege finden zur Sicherung der finanziellen Stabilität, sei es über Rückversicherung oder Konsortien."

Der Verkauf von Lebensversicherungen an spezialisierte Abwickler war fast schon Routine geworden, seit Viridium 2019 den Bestand der Generali übernommen hatte. Die Idee dahinter: Der Abwickler kann mit besserer Technik und Spezialisierung die Kosten zum Vorteil der Kunden senken. Der Versicherer als früherer Besitzer des Bestands setzt Kapital frei und kann sich auf neues Geschäft konzentrieren.

Dazu kommt: Die Versicherer müssen hohe Summen in die Modernisierung ihrer veralteten IT-Systeme stecken, um die Anforderungen der Behörden und die heutigen Kundenwünsche zu erfüllen. Viele kleinere Gesellschaften überfordert das. Das macht dann der Käufer des Bestands.

Verbraucherschützer haben den Run-off stets kritisch gesehen: Kunden, die sich vor Jahren für einen bestimmten Lebensversicherer entschieden haben, kann es passieren, dass sie plötzlich als Vertragspartner einen britischen Investor, einen Großanleger auf Bermuda oder einen chinesischen Finanzkonzern haben, so die Kritik.

Doch pauschale Vorbehalte gegen Run-off werden immer seltener. Als Kunde bei einem Abwickler zu landen, sei nicht grundsätzlich schlechter als bei dem Versicherer zu bleiben, bei dem der Vertrag einst abgeschlossen wurde, räumte Sandra Klug von der Verbraucherzentrale Hamburg ein. "Wenn ich von meinem Versicherer nicht mehr gewollt werde, werde ich von ihm auch nicht unbedingt besser behandelt." Grundsätzliche Abneigungen gegen Run-off habe sie nicht, sehr wohl habe sie aber etwas dagegen, wenn Kunden über den Tisch gezogen werden, betonte sie. Der Abwickler Viridium war nach der Übernahme der Generali-Verträge vor zwei Jahren in die Schlagzeilen geraten. Eine Reihe von Kunden hatte monatelang keine Rentenzahlungen erhalten oder die Höhe der Zahlungen stimmte nicht. Der Ärger war groß. Inzwischen sind die Probleme behoben. So etwas darf sich aber keinesfalls wiederholen, fordert die Verbraucherschützerin.

Die Bafin werde bei künftigen Run-off-Deals jedenfalls sehr genau hinschauen und die Prognosen, die die Abwickler vor einem Bestandserwerb vorlegen, streng prüfen, betonte Andreas Zapp, der bei der Behörde für die Beaufsichtigung von Lebensversicherern zuständig ist. "Für Run-off-Plattformen gelten die gleichen Regeln wie für andere Versicherer."

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