Haushalt:Weniger Geld für Langzeitarbeitslose

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Der Bundeshaushalt 2023 soll die Schuldenbremse wieder einhalten. Finanzminister Christian Lindner will deshalb unter anderem Gelder für Langzeitarbeitslose kürzen. (Foto: Thomas Imo/photothek.net/imago/photothek)

2023 soll es 600 Millionen Euro weniger geben, um Jobsuchende zurück in den Beruf zu bringen. In der Koalition regt sich nun Kritik an der FDP.

Von Alexander Hagelüken und Roland Preuß

Die Bundesregierung will 2023 weniger Geld ausgeben, um Langzeitarbeitslose zurück in den Beruf zu bringen. Wie aus dem Haushaltsentwurf des Kabinetts hervorgeht, ist für die "Eingliederung in Arbeit" nur noch 4,2 Milliarden Euro eingeplant. Dieses Jahr dagegen sind noch 4,8 Milliarden Euro vorgesehen. Fachleute befürchten, dass darunter zum Beispiel besonders ein spezielles Programm leidet, das Lohnkostenzuschüsse für Arbeitgeber finanziert, die Langzeitarbeitslose einstellen. Die grüne Arbeitsmarktexpertin Beate Müller-Gemmeke übte direkte Kritik an den Sparbeschlüssen: "Der soziale Arbeitsmarkt ist ein erfolgreiches Instrument. Denn wir dürfen Menschen, die lange arbeitslos sind, nicht alleine lassen. Und deshalb ist es gut, dass nicht der Bundesfinanzminister, sondern wir, der Bundestag, über den Haushalt entscheidet."

Ein Sprecher von Finanzminister Christian Lindner (FDP) wies die Verantwortung für die Kürzungen zurück. Die Verteilung der Mittel im Einzelnen sei Sache des Arbeitsministers. Eine Sprecherin von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklärte, über die endgültige Ausstattung entscheide nun der Bundestag. Heil werde "sich weiterhin für eine aktive Arbeitsmarktpolitik und für eine entsprechende dauerhafte Mittelausstattung des sozialen Arbeitsmarkts stark machen". Wichtig sei, dass der soziale Arbeitsmarkt entfristet werde. Zuletzt hätten so knapp 50 000 Menschen den Weg aus langjähriger Arbeitslosigkeit gefunden.

Der FDP-Sozialpolitiker Jens Teutrine widersprach der Darstellung, sein Parteifreund Lindner plane drastische Kürzungen beim sozialen Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose. Die Bundesregierung habe zwar mit Zustimmung des Arbeitsministers beschlossen, dass die neuen Haushaltsmittel geringer sind. "Aber dabei wurden drei entscheidende Aspekte übersehen". Übrig gebliebene Haushaltsmittel könnten auch 2023 genutzt werden - in diesem Fall seien es 600 Millionen Euro - zum Beispiel für die Förderung von Langzeitarbeitslosen. Zweitens könnten im Zuge des sogenannten Passiv-Aktiv-Tauschs für den sozialen Arbeitsmarkt weitere 700 Millionen Euro für das Arbeitslosengeld II mobilisiert werden. "Drittens ist die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in den letzten Jahren gesunken. Dies führt insgesamt dazu, dass pro Kopf damit 2023 sogar ein höherer Förderbetrag zur Verfügung steht."

Während die Ampel-Koalition noch um die Deutungshoheit darüber ringt, was sie eigentlich beschlossen hat, steht das Urteil von Opposition und Sozialverbänden bereits fest. Die Kürzung wäre eine "krasse Bankrotterklärung", sagte die Sozialpolitikerin der Linken, Jessica Tatti. Wenn SPD und Grüne da mitmachten, verspielten sie den letzten Rest an sozialpolitischer Glaubwürdigkeit. Auch der CDU-Sozialexperte Kai Whittaker kritisiert "brutale" Kürzungen. Anstatt Hunderte neue Stellen im eigenen Apparat neu zu schaffen, sollte die Regierung das Geld der Bevölkerung zugutekommen lassen. "Nachhaltig ist dieser Sozialkahlschlag ganz sicher nicht."

Diakonie-Vorständin Maria Loheide nannte es "unanständig", den Rotstift bei Langzeitarbeitslosen und Geringqualifizierten anzusetzen. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, wies auf den Anstieg der Zahl der Langzeitarbeitslosen durch die Corona-Pandemie erstmals wieder über die Ein-Millionen-Marke hin. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel erklärte, Lindners Plan hätte verheerende Folgen.

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