Krisen-Strategie für Griechenland:Deutschland lehnt mehr Zeit für Athen ab

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Die Arbeitslosigkeit in Griechenland steigt dramatisch. Braucht das Land mehr Zeit, um aus der Krise zu kommen? Das fordert nun IWF-Chefin Lagarde - und trifft auf erbitterten Widerstand aus Deutschland.

Mehr Zeit für Athen? Die deutsche Regierung sagt Nein. (Foto: dapd)

Bis 2014 soll in Griechenland wieder alles in Ordnung sein: der Schuldenstand, die Wirtschaft, der Arbeitsmarkt. Das ist zumindest der Plan. Die Realität sieht anders aus. Die Wirtschaft des Landes befindet sich weiter im freien Fall. Mittlerweile ist jeder vierte Grieche arbeitslos. Das zeigen die neuen Zahlen der nationalen Statistikbehörde: Die Arbeitslosenquote stieg erstmals über die Marke von 25 Prozent ( PDF).

Der Internationale Währungsfonds IWF attestiert dem Land, in einer Rezession zu stecken, die schlimmer verläuft als erwartet ( PDF). Griechenland bekommt Notkredite und hat sich im Gegenzug zu Reformen verpflichtet. Die entsprechende Vereinbarung, die Athen mit den internationalen Kreditgebern getroffen hat, sieht genau für den Fall einer unerwartet schweren Rezession Nachverhandlungen vor ( PDF).

Hier scheint IWF-Chefin Christine Lagarde anzusetzen. Sie fordert, Griechenland zwei Jahre mehr Zeit zu geben. Das versucht die dortige Regierung schon seit Monaten am Verhandlungstisch zu erreichen.

Dass der IWF den Griechen nun zustimmt, hat Gewicht. Zusammen mit der EU und der Europäischen Zentralbank stellt der IWF die sogenannte Troika, die die Reformfortschritte der Athener Regierung kontrolliert. Nur mit einem positiven Zeugnis der Troika wird die nächste Tranche der Notkredite ausgezahlt. Ohne dieses Geld droht dem Land die Insolvenz.

Die Bundesregierung lehnt mehr Zeit für Griechenland entschieden ab. Denn läuft das Programm für Athen länger, bedeutet das letztlich automatisch, das Land länger mit Notkrediten zu versorgen, so die Bundesregierung. Der Bundestag müsste wohl einem dritten Rettungspaket zustimmen - das will die Regierung nicht.

Athen selbst sagt, dass es für zwei Jahre mehr Zeit wohl 12 Milliarden Euro zusätzlich bräuchte. EU-Beamte schätzten zuletzt, dass dann weitere 30 Milliarden Euro nötig wären.

Entsprechend ausweichend hat Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die Forderung von Lagarde reagiert. Man werde den Bericht der Troika der internationalen Gläubiger abwarten. "Das ist Grundlage für unsere Bewertung", sagte sie.

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble geht auf Konfrontationskurs zur IWF-Chefin. Die beiden kommen gerade mit anderen Finanzpolitikern und Notenbankern zur Herbsttagung des IWF zusammen - und geraten aneinander. Die Forderung von Lagarde, den Griechen mehr Zeit zu geben, wollte Schäuble nicht kommentieren.

Der IWF hat weitere Vorschläge gemacht, wie die Euro-Zone Griechenland helfen kann: Die staatlichen Gläubiger könnten Athen einen Teil der Schulden erlassen. Schäuble lehnt das entschieden ab - denn das wäre ein Verlust für den Steuerzahler. Zudem sprächen schon die Rechtsordnungen in den meisten Geberländern dagegen, so Schäuble. Danach dürften diese Länder nach einem Forderungsverzicht dem Land finanziell nicht mehr unter die Arme greifen, weil dann keine Aussicht mehr bestehe, dass Hilfen zurückgezahlt würden. Deshalb seien solche Vorschläge, wie sie vom IWF kommen, nicht von viel Sachkenntnis gekennzeichnet.

Auch die EZB und die Notenbanken der Euro-Zone, die griechische Schuldpapiere halten, wollen nicht auf die Rückzahlungen verzichten. Das entspräche direkter Staatenfinanzierung, die ihnen verboten ist, sagen die Währungshüter.

Wegen der Euro-Krise möge Deutschland zudem mehr tun, um seine Binnennachfrage anzukurbeln, schlug der IWF vor. Solche Forderungen "verraten nicht viel Kenntnis von der Lage in Deutschland", kommentierte Schäuble. Deutschland sei bereits Wachstumslokomotive in Europa, und die Binnennachfrage habe sich zuletzt verbessert. Schäuble warnte, die Illusion zu nähren, man könne mit weniger Sparen die Probleme über Wachstumsimpulse allein lösen: "Deswegen glauben wir, dass wir mit unserer Politik der wachstumsfreundlichen Defizitreduzierung unserer internationalen Verantwortung nachkommen."

Eine Mehrheit der Deutschen lehnt es ab, den Griechen mehr Zeit zu geben. In einer Umfrage für das ZDF-Politbarometer wollen 67 Prozent Athen keinen Aufschub geben. Allerdings sprach sich zum ersten Mal, seitdem das ZDF Wähler dazu befragt, eine Mehrheit von 46 Prozent dafür aus, dass das Land im Euro bleiben soll. 45 Prozent sind dagegen. Im August hatten noch 61 Prozent gegen und nur 31 Prozent für einen Verbleib Griechenlands votiert.

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