Kriminelle Machenschaften:Korruption - typisch Bau

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Nährboden für kriminelle Machenschaften: Bestechung ist am Bau immer noch stärker verbreitet als anderswo. Warum die Branche besonders anfällig ist.

Sibylle Haas

Das Image der Bauwirtschaft war noch nie besonders gut. Der Ton ist rauh, die Arbeitsbedingungen sind hart, die Bezahlung ist nicht üppig. Kein Job für weiche Jungs also. Wer dort arbeitet, muss einiges aushalten können. Das gilt auf den Baustellen wie im Management. In den oberen Etagen wird schon seit Jahren um jeden Auftrag gekämpft. Früher haben sich die Firmen durch Preisabsprachen die Konkurrenz vom Leib gehalten, bis ihnen das Kartellamt auf die Finger schlug. Der Wettbewerb ist heute nicht einfacher geworden. Er hat im Gegenteil durch die Erweiterung der Europäischen Union an Schärfe zugelegt.

Der Pfusch beim Bau der Kölner U-Bahn sowie noch andere Verdachtsfälle etwa beim Düsseldorfer U-Bahn-Bau und bei der ICE-Trasse Nürnberg-München müssen misstrauisch machen. Wenn wichtige Bauteile in Massen verschwinden, ohne dass dies bemerkt wird, kann einfach etwas nicht stimmen. Offenbar gibt es in der Bauwirtschaft einen Nährboden, auf dem sich kriminelle Machenschaften besser entfalten können als in anderen Branchen. Daran ändern selbst spektakuläre Korruptionsfälle der jüngsten Zeit, wie der bei Siemens, überhaupt nichts. Korruption ist am Bau stärker verbreitet als anderswo, die Bauwirtschaft ist darin sogar führend. Dies geht auch aus den Lageberichten des Bundeskriminalamts immer wieder hervor.

Es gibt einige Umstände am Bau, die kriminelle Machenschaften begünstigen. Das "Produkt Bau" ist komplex. "Pfusch" ist für den Laien schwer erkennbar und kommt manchmal erst Jahre später heraus. Anders als bei einem Auto etwa, lässt sich bei einem Haus im Nachhinein nur schwer feststellen, welche Materialien wie verbaut worden sind. Der Schimmel, der entsteht, weil Mauern schlecht oder gar nicht verfugt wurden, ist nur ein kleines Beispiel leidgeplagter Eigenheimbesitzer. Allein am Bau eines Einfamilienhauses verdienen viele: Sachverständige, Architekten, Grundstücksmakler. Das Netzwerk bei Großprojekten wie dem Bau von U-Bahnen ist aber viel größer und noch weniger durchschaubar. Doch je größer das Projekt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für Bestechung.

Durch die in der Branche übliche Subunternehmerschaft wird die Sache besonders kompliziert. Bei Großprojekten sind viele Baufirmen beteiligt, die bestimmte Arbeiten an Unterauftragnehmer vergeben. Nicht selten delegieren auch diese einen Teil der Arbeiten weiter. Oft arbeiten dann viele gering qualifizierte Arbeitnehmer auf den Baustellen, die den klassischen Facharbeiter ersetzen.

Warnungen werden gerne überhört

Die kleinen (Sub-)Unternehmen stehen unter hohem Kostendruck: Sie sind meist abhängig von einem oder wenigen Großunternehmen und haben oft keine andere Möglichkeit, als über das Personal diesen Druck abzufedern. Auf vielen Baustellen finden sich Arbeitnehmer aus Osteuropa - offiziell mit Werkvertrag zu den hiesigen Tarifkonditionen zum Vorlegen für die staatlichen Kontrolleure. In der Praxis arbeiten aber viele von ihnen zu weitaus schlechteren Bedingungen. Doch die meisten Fälle bleiben unaufgeklärt, weil sich niemand beschwert. Erstens kann ein rumänischer Hilfsarbeiter oft kein Deutsch und zweitens ist auch ein halber Mindestlohn für ihn zuhause immer noch viel wert.

Die Kette der Subunternehmer ist vor allem bei großen Bauprojekten für Außenstehende kaum mehr überschaubar. Das macht die Kontrollen schwierig und die Bauaufsicht ist schlichtweg überfordert. Zudem müssen auch die Baubehörden sparen. Das führt zu der verheerenden Situation, dass es in den Ämtern kaum noch Fachleute gibt, die Baufortschritte überprüfen können.

Die öffentliche Hand hat ihre Kompetenz als Bauherr abgegeben, oft an private Firmen oder gar an die Auftraggeber selbst. Das ist leichtsinnig, wie die Vorfälle bei der Kölner U-Bahn zeigen. Am 3. März jährt sich der Einsturz des Kölner Stadtarchivs. Nach dem Einsturz schrieb die Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik: Die Geiz-ist-geil-Mentalität habe bei der Sicherheit von Gebäuden keine Berechtigung. Solche Warnungen werden gerne überhört.

© SZ vom 02.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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