Kopfpauschale:Söder gegen Rösler

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Dauer-Zoff um die Gesundheit: Die CSU geht mit einem eigenen Konzept auf Distanz zu den Plänen des FDP-Gesundheitsministers Rösler für eine Kopfpauschale.

G. Bohsem

Im Koalitionsstreit um die künftige Finanzierung der Krankenversicherung geht die CSU mit einem eigenen Konzept in die Offensive. Der vom bayerischen Gesundheitsminister Markus Söder erarbeitete Vorschlag kommt dabei ohne eine Kopfpauschale aus, wie sie Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) anstrebt.

Söder will das Papier an diesem Montag dem CSU-Präsidium vorlegen. Es sieht neben einem Beitrag, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Teilen tragen, eine prozentuale Zusatzabgabe vor, die der Beschäftigte allein zahlt. "Das Modell ist schlüssig, es baut auf gewachsenen Strukturen auf", sagte Söder der Süddeutschen Zeitung.

Die Idee der CSU dürfte für neuerliche Konflikte mit der FDP sorgen, da sie nicht in allen Punkten dem Koalitionsvertrag entspricht. So fehlt eine Beitragskomponente, die unabhängig von der Höhe des Einkommens zu zahlen ist. Auf diese Vereinbarung jedoch beruft sich Rösler bei seinem Vorhaben, eine Kopfpauschale einzuführen. Dabei zahlt ein gutverdienender Facharbeiter den gleichen Beitrag wie ein schlechtbezahlter Putzmann. Damit keiner schlechter gestellt wird, soll es einen Sozialausgleich über das Steuersystem geben. Die CSU lehnt dies strikt ab. Nachdem sie ihren Streit monatelang über die Medien ausgetragen hatten, treffen sich Söder und Rösler an diesem Montag in Berlin. Dabei will Söder dem Amtskollegen sein Konzept erläutern, das er mit der CSU-Sozialexpertin Barbara Stamm entwickelt hat.

Derzeit beträgt der monatliche Beitrag für die Gesetzliche Krankenversicherung 14,9 Prozent des Bruttolohns - bis zur Grenze von 3750 Euro. Davon zahlt der Arbeitgeber 7,0, der Arbeitnehmer 7,9 Prozentpunkte. 13 der etwa 170 Kassen erheben ferner Zusatzbeiträge von zumeist acht Euro im Monat. Seit Mittwoch vergangener Woche arbeitet eine Regierungskommission an einem neuen Finanzierungsmodell. Die Zeit drängt, da den Kassen im kommenden Jahr ein Defizit von 15 Milliarden Euro droht.

Nach Söders Worten muss die Finanzierung der Krankenkassen grundlegend reformiert werden. Dazu will der Minister die Zusatzbeiträge abschaffen und stattdessen einen "Bundesbeitrag" und einen "individuellen Krankenkassenbeitrag" einführen. Der Bundesbeitrag würde von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu gleichen Teilen gezahlt und flösse wie bisher in den Gesundheitsfonds. Damit könnten 90 Prozent der Kassenausgaben gedeckt werden. Die übrigen zehn Prozent des benötigten Finanzvolumens will Söder mit einem Beitrag finanzieren, den alleine die Kassenmitglieder abhängig von ihrem Einkommen zahlen. Die jeweilige Krankenkasse kann seine Höhe frei bestimmen. "So ändern wir den Gesundheitsfonds, schaffen wieder Wettbewerb und vermeiden die ungerechte Kopfpauschale", sagte Söder. Nach seinen Berechnungen würde der individuelle Krankenkassenbeitrag im Durchschnitt bei 1,5Prozent liegen - bei der einen Kasse höher, bei der anderen niedriger.

Weg mit der Bürokratie

Nach Söders Worten hat dieses Modell im Vergleich zu Röslers Kopfpauschale einen entscheidenden Vorteil: "Das funktioniert ohne komplizierten und bürokratischen Aufwand . Der individuelle Krankenkassenbeitrag wird prozentual erhoben und kann durch den Arbeitgeber abgeführt werden", sagte er. Söder reagiert damit auf Bedenken unter anderem des Finanzministeriums. Den Experten von Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) gilt es als das größte Problem der Kopfpauschale, den sozialen Ausgleich über Steuermittel zu organisieren. Im CSU-Modell ist dieser Ausgleich überflüssig. "Die Solidarität wird gewahrt: Wer viel verdient, zahlt höhere Beiträge als derjenige, der wenig verdient", betonte Söder.

Aber auch die Verteilungmechanik des Fonds will der CSU-Minister ändern. Bislang richtet sie sich vor allem nach Alter, Geschlecht und Erkrankungen der Mitglieder einer Kasse. Laut Modell soll nun auch eine regionale Komponente hinzukommen. So sollen die Kassen für Versicherte in einer Hochpreis-Region einen Zuschlag aus dem Fonds erhalten. So sollen die höheren Ausgaben in diesen Regionen gedeckt werden. Bislang ist es Richtlinie des Fonds, dass zum Beispiel eine Blinddarm-Operation in München genauso viel kostet wie in Chemnitz.

"Der zentralistische Gesundheitsfonds hat nicht funktioniert", erklärte Söder seinen Plan. Mit seinem Einheitsbeitrag und seiner einheitlichen Verteilung der Gelder habe er den Wettbewerb unter den Kassen verhindert. Gerade Länder mit hoher Beschäftigungsquote und hohem Lohnniveau seien benachteiligt. Den Versicherten in Bayern und Baden-Württemberg könne nicht vermittelt werden, dass sie mehr zahlten, wegen der Umverteilung der Beitragsmittel das bestehende Versorgungsniveau in ihren Ländern aber nicht aufrecht erhalten werden könne, heißt es in dem Papier.

© SZ vom 22.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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