Konjunktur:Wirtschaftsweise: Gute Konjunktur macht Entlastungen möglich

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Die „Wirtschaftsweisen“ überreichen der Kanzlerin das Jahresgutachten zur wirtschaftlichen Lage. (Foto: Silas Stein)

Berlin (dpa) - Die "Wirtschaftsweisen" haben die künftige Bundesregierung aufgefordert, das Konjunkturhoch zur Neuausrichtung der Wirtschafts- und Steuerpolitik zu nutzen.

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Berlin (dpa) - Die „Wirtschaftsweisen“ haben die künftige Bundesregierung aufgefordert, das Konjunkturhoch zur Neuausrichtung der Wirtschafts- und Steuerpolitik zu nutzen.

Dazu gehöre auch eine Entlastung vor allem mittlerer Einkommen von Steuern und Abgaben, heißt es in dem an diesem Mittwoch veröffentlichten Gutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Unter anderem sollte der Solidaritätszuschlag abgebaut werden.

Allerdings nennen die Wirtschaftswissenschaftler keinen genauen Zeitpunkt. Sie weisen lediglich darauf hin, dass mit dem Auslaufen des Solidarpaktes II im Jahr 2019 auch die ursprüngliche Begründung für diese Ergänzungsabgabe hinfällig und die Steuer damit verfassungswidrig werden könnte. Im Übrigen brauche man für diese reine Bundessteuer keine Zustimmung der Länder. Vor allem die FDP versucht derzeit in den Jamaika-Sondierungen von CDU, CSU, FDP und Grünen, den Soli spätestens bis Ende dieser Legislaturperiode völlig abzubauen.

Auch sollten die steuerlichen Mehrbelastungen durch die sogenannte kalte Progression zurückgefahren werden, bekräftigten die Wissenschaftler auch in dem diesjährigen Gutachten. Zugleich plädieren sie für die Senkung von Sozialabgaben etwa der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von heute drei auf 2,5 Prozent.

Die „Wirtschaftsweisen“ hoben ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland im laufenden und im kommenden Jahr deutlich an. Die Experten erwarten für das Jahr 2017 jetzt ein Wachstum von 2,0 Prozent. Im Frühjahr hatten sie noch 1,4 Prozent vorhergesagt. Für das nächste Jahr wurde die Prognose von bisher 1,6 Prozent auf 2,2 Prozent angehoben. Die Ökonomen warnen angesichts dieser Entwicklung vor einer Überhitzung der Konjunktur. Die deutsche Wirtschaft befinde sich in einer Überauslastung.

Bei der Übergabe des Jahresgutachtens sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU), ein künftiges Jamaika-Bündnis müsse eine Balance finden zwischen Strukturreformen zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung und Entlastung der Bürger. Strukturmaßnahmen seien im übrigen politisch nicht so einfach durchzusetzen, wie dies wissenschaftlich für notwendig erachtet werde. Angesichts der guten konjunkturellen Lage sei der Wunsch nach Verteilung „sehr dominant“.

Die künftige Bundesregierung wird Prognosen zufolge einen finanziellen Spielraum für Steuersenkungen und andere Ausgaben von gut 30 Milliarden Euro haben. Ganz genau wissen das die Politiker am Donnerstag - dann werden die Ergebnisse der diesjährigen Steuerschätzung bekanntgegeben.

Eine künftige Jamaika-Koalition hat nach Ansicht der „Wirtschaftsweisen“ nur begrenzte finanzielle Möglichkeiten zur Einlösung ihrer Wahlversprechen bei den Bürgern. „Die Spielräume sind nicht so groß, wie manche Vorabmeldungen angedeutet haben. Wir sind sehr vorsichtig und zurückhaltend“, sagte der Chef des Sachverständigenrates, Christoph Schmidt, bei der Vorstellung des Jahresgutachtens der Regierungsberater. Er warnte etwa vor einer Ausweitung der „Mütterrente“.

Der Gesamtstaat (Bund, Länder und Gemeinden) dürfte im laufenden Jahr zwar mit 31,3 Milliarden Euro den höchsten Überschuss seit der Wiedervereinigung erzielen. Die tatsächlichen Spielräume für die Politiker auf Bundesebene seien aber wesentlich geringer. Zumal die gute Finanzlage nicht von Dauer sein dürfte, da vor allem steigende Zinsen die öffentlichen Haushalte absehbar stärker belasten könnten.

Der Wirtschaftsweise Lars Feld sagte, vernünftig wäre es, wenn die nächste Regierung die Steuerzahler bei der „kalten Progression“ weiter entlasten sowie den Soli-Steuerzuschlag schrittweise abbauen würde. Mir der kalten Progression kassiert der Staat dank steigender Preise mehr Steuern, Lohnzuwächse werden so aufgefressen.

Dadurch werden vor allem Arbeitnehmer mit mittleren Einkommen belastet. Seit 2010 liege die steuerliche Mehrbelastung allein aufgrund von Preissteigerungen bei sechs Milliarden Euro pro Jahr. „Insgesamt lässt sich eine Entlastung von gut 30 Milliarden Euro dadurch begründen, ohne dass im Gegenzug der Spitzensteuersatz angehoben werden müsste“, heißt dazu es im Gutachten.

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