In einem kleinen, spärlich beleuchteten Raum in Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs, liegt die digitale Beliebtheit eines manchen Unternehmens begründet. Hier reiht sich Computer-Bildschirm an Computer-Bildschirm. Davor sitzen Menschen, die nichts anderes tun, als sich in Facebook- und Twitter-Accounts einzuloggen und die Fanzahlen von Unternehmen künstlich in die Höhe zu treiben. Klick für Klick arbeiten sie sich durch die Aufträge. Oft auch mal die ganze Nacht hindurch. Für einen Jahreslohn von oftmals gerade einmal 120 Dollar.
Ein Reporter des britischen TV-Formates "Dispatches" hat eine der "Klickfirmen" in Dhaka nun besucht. Seine Reportage, die am Montagabend in Channel 4 läuft, deckt auf, wie unkompliziert sich Unternehmen im Netz Popularität erkaufen können. Vor allem aber wirft sie die Frage auf, welche Aussagekraft die Social-Media-Metrik noch hat, wenn vielerorts manipuliert wird.
Russel, der Boss des zweifelhaften Kleinunternehmens in Dhaka kümmert sich um solche Fragen wenig. Warum auch? Das Geschäft läuft gut. Er selbst rühmt sich als "König von Facebook". Die meisten seiner Methoden seien legal, sagt er. Wer klage, das Geschäft sei unmoralisch, solle das nicht ihm vorwerfen - sondern seinen Kunden. 15 Dollar verlangt Russel für tausend Facebook-Likes. Seine Arbeiter bekommen für tausend Mal klicken einen Dollar.
Liken, liken, liken - so lautet das Mantra
Kunden findet der Unternehmer mit dem ungewöhnlichen Geschäftsmodell offenbar genug. Seit Jahren schon erzählen auf Social Media spezialisierte Unternehmensberater ihren Kunden, dass die Zukunft ihrer Unternehmen von der Anzahl ihrer Facebook-Fans abhängt. Wer oft geliket, abonniert oder verfolgt wird, sei es auf Facebook, Youtube oder Twitter, erreicht mehr Kunden. So lautet das Mantra.
Denn nicht nur derjenige, der den Like-Button drückt, bekommt von diesem Moment an die Updates des Unternehmens direkt auf seine Startseite. Interagiert der Nutzer mit dem Unternehmen, dann sehen das auch die Freunde des Nutzers. So verbreitet sich die Botschaft eines Unternehmens im Idealfall viral im ganzen Netz. Das klingt nach schneller Werbung mit großer Reichweite, die nichts kostet. Die Realität sieht aber oftmals anders aus.
Viele Unternehmen, aber auch Politiker oder Parteien haben häufig Probleme, so viele Fans und Follower zu sammeln, wie sie gerne hätten. Wenn es schnell gehen muss, griffen sie deshalb in der Vergangenheit schon mal auf Angebote zurück, die Fans automatisiert von Computer-Programmen erzeugen lassen. Doch diese Methode hat einen entscheidenden Nachteil: Ein Klickbetrug ist relativ einfach aufzudecken.
Facebook löscht gefälschte Maschinenklicks
Die Netzwerk-Betreiber sind für solche Manipulationen inzwischen sensibilisiert. Facebook etwa löschte in einer groß angelegten Reinigungsaktion im vergangenen Jahr mehrere Tausend gefälschte Konten. Das Online-Spiel Texas Hold Em Poker des Spieleanbieters Zynga etwa verlor als Folge der Aktion fast 100.000 der 63 Millionen Likes. Deshalb muss, wer sich Beliebtheit in den sozialen Netzwerken erkaufen will, inzwischen auf echte Likes von echten Menschen zugreifen. Gegen die können Facebook und Konsorten nur schwer vorgehen. Ehrliche Interaktion findet dann zwar immer noch nicht statt, aber wer formal viele Anhänger hat, wirkt auch auf echte Fans interessanter.
Wer also kauft sich seine Fans in Bangladesch beim Qualitätslieferanten? Das ist in der Regel schwer nachvollziehbar. Doch es sind der Sendung zufolge auch namhafte Marken, die auf der Kundenliste stehen. So soll etwa die Facebook-Version des Spieleklassikers Monopoly durch den Klick-Kauf an Popularität gewonnen haben. Darauf angesprochen, bestritt der Spielehersteller Hasbro davon gewusst zu haben und beauftragte Facebook mit der Löschung des Accounts.
Bangladesch ist im Geschäft um Likes und Follower ein wichtiger Knotenpunkt. Auch die bekannte Klickkauf-Seite Sharety.com ist in Dhaka registriert. Sie wirbt im Netz ganz offen: "Brauchst du Facebook Fans, Likes, Follower, Eventteilnehmer? Wir machen das so einfach wie einen Maus-Klick."