Millionen Mieter kennen den Ärger: Der Rollladen lässt sich plötzlich nicht mehr hochziehen. Also ein Anruf beim Vermieter. Das defekte Teil muss repariert werden. Am Ende sollen die Mieter die Handwerkerleistung bezahlen, weil das Kurbelgetriebe im Rollladenkasten durch die tägliche Nutzung kaputt ging. Eigentümer verweisen in solchen Fällen gern auf die übliche Kleinreparaturklausel im Mietvertrag, die den Bewohnern Kosten für Bagatellschäden auferlegt. Doch aufgepasst: Ganz häufig sind diese Klauseln gar nicht wirksam. Überraschende Folge: Die Mieter müssen dann bestenfalls keinen Cent übernehmen. "Um typische Reparaturen gibt es immer wieder Streit, dabei wären unzählige Mieter von vornherein fein raus", sagt Jutta Hartmann, Sprecherin des Deutschen Mieterbunds, in Anspielung auf die Rechtslage. Tipps, wann der Vermieter bestimmt zahlen muss - und wann nicht.
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Was gilt grundsätzlich?
Ist der Duschkopf im Eimer, die Toilette defekt, ist bei Mietsachen klar: Der Eigentümer muss für Abhilfe sorgen. Er muss schließlich die Wohnung oder das Haus instand halten. Und ist deshalb am Zug, wenn während der Mietzeit etwas durch Verschleiß kaputtgeht und repariert werden muss. So steht es in Paragraf 535 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Eine Ausnahme gibt es dennoch: Kosten für die Beseitigung kleiner Schäden darf der Vermieter sehr wohl auf die Mieter abwälzen, mithilfe der Kleinreparaturklausel. Was aber genau unter Kleinreparaturen fällt, ist nicht gesetzlich geregelt. Gerichte müssen sich daher immer wieder damit beschäftigen, was am Ende vom Mieter zu zahlen ist und was nicht.
Was muss der Vermieter übernehmen?
Mieter sollten bei Streitigkeiten um Bagatellschäden unbedingt in ihren Mietvertrag gucken, rät Hartmann. Stehen in der Klausel allgemeine Sätze wie "Der Mieter trägt sämtliche Kosten für Kleinreparaturen" hat der Bewohner Glück. Er muss dann von vornherein keinen Cent locker machen, denn solche Formulierungen sind nicht zulässig. Außerdem wichtig zu wissen: Die Klausel darf dem Mieter nur Kosten für Reparaturen an Einrichtungsgegenständen in der Wohnung aufbürden, die er ständig nutzt und anfasst. Zu typischen Bagatellschäden zählen also zum Beispiel tropfende Wasserhähne, kaputte Jalousien, defekte Tür- und Fenstergriffe. Außerdem defekte Lichtschalter, Steckdosen, Duschköpfe oder Waschbecken. Streikt dagegen das Füllventil des WC-Spülkastens, muss der Vermieter die Reparaturkosten übernehmen. Ebenso für das defekte Kurbelgetriebe des Rollladens. Weil der Mieter keinen Zugriff auf das Innenleben des Rollladenkastens hat, muss der Eigentümer ebenfalls den Handwerker zahlen. Gleiches gilt für den Austausch verkalkter Duschköpfe oder Dichtungsringe. Auch Reparaturen an Strom-, Wasser- und Gasleitungen sind reine Vermietersache, ebenso Rechnungen für kleinere Arbeiten an der Haustür, der Beleuchtung des Treppenhauses oder im Keller.
Wie hoch dürfen die Kosten sein?
Vermieter, die die Kosten für Kleinreparaturen auf ihre Mieter übertragen, müssen Obergrenzen beachten. Gerichte halten Ausgaben von bis zu 120 Euro pro Reparatur für zumutbar, wie Julia Wagner erklärt, Juristin beim Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Stehen in einem alten Mietvertrag noch Obergrenzen von 150 Mark oder 75 Euro, dann gelten diese Limits. Vermieter können nicht darauf pochen, dass alte Kostengrenzen nachträglich an heutige Werte angepasst werden, weil die Handwerkerpreise im Lauf der Jahre gestiegen sind. Nur bei Neuvermietungen können die Kostengrenzen erhöht werden. Enthält der Mietvertrag gar keine Kleinreparaturklausel, darf sich der Mieter freuen. Sein Vermieter muss dann für alles aufkommen.
Was, wenn die Reparatur mehr kostet?
Erfüllt die Kleinreparaturklausel alle rechtlichen Vorgaben, ist sie zwar bindend. Dennoch greift dann das Prinzip "ganz oder gar nicht". Was bedeutet: Mieter müssen nur Reparaturen bis zu ihrer vertraglichen Obergrenze bezahlen, wie Hartmann betont. Stehen beispielsweise 100 Euro im Mietvertrag, die Reparatur des defekten Türknaufs kostet aber nur 80 Euro, muss der Mieter die Rechnung allein tragen. Hätte der Handwerker 110 Euro verlangt, müsste der Bewohner dagegen keinen Cent zahlen. Das Limit der Klausel wäre überschritten, die Reparatur laut Vertrag keine Bagatelle mehr. Der Vermieter müsste dann zahlen. Der Mieter muss die Kosten auch nicht anteilig mittragen, wie das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied (Az. 24 U 183/01). Wer eine solche Beteiligungsklausel im Vertrag stehen hat, kann entspannt abwinken. Sie ist unwirksam.
Gibt es eine Kostenobergrenze?
Auch viele kleine Bagatellsachen können sich zu großen Rechnungen läppern. Deshalb ist der Vermieter verpflichtet, in der Kleinreparaturklausel nicht nur eine zumutbare Obergrenze für die einzelne Reparatur festzulegen, sondern zugleich noch eine zweite Höchstgrenze für alle Bagatellreparaturen innerhalb eines Jahres. Wie hoch diese Gesamtkosten sein dürfen, ist allerdings umstritten. Der Mieterbund hält maximal sechs Prozent der Jahresbruttokaltmiete (Grundmiete plus Nebenkosten ohne Heizung und Warmwasser) für zulässig. Zahlt ein Mieter also beispielsweise monatlich 1000 Euro Bruttokaltmiete, müsste er demnach Handwerkerrechnungen von bis zu 720 Euro pro Jahr übernehmen. Haus & Grund, ein Verband, der die Interessen der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer vertritt, hält dagegen eine Höchstgrenze von maximal acht Prozent für zulässig. Wichtig: Fehlen Kostenobergrenzen oder sind sie überzogen, ist die gesamte Klausel unwirksam. Die Folge: Der Mieter muss gar nicht zahlen. Es gilt dann das Gesetz, der Vermieter ist in der Pflicht.
Was tun, wenn schon bezahlt wurde?
Wer die Rechnung für eine Kleinreparatur schon beglichen hat, obwohl die Klausel unwirksam ist, kann das Geld vom Vermieter zurückverlangen. So entschied das Amtsgericht Köln (Az 214 C 527/03).
Was ist mit der Schuldfrage?
Es ist unerheblich, ob Mieter eine Reparatur vorsätzlich oder fahrlässig verursacht haben - die Schuldfrage spielt bei Kleinreparaturen keine Rolle. Die Stiftung Warentest weist allerdings darauf hin, dass Vermieter manchmal vom Mieter Schadenersatz für die Beseitigung von Rohrverstopfungen fordern. Ein solcher Anspruch könne dem Vermieter zwar unabhängig von der Kleinreparaturklausel zustehen, allerdings nur, wenn er beweise, dass der Mieter die Verstopfung schuldhaft verursacht habe, also zum Beispiel etwas in den Abfluss geworfen habe, was dort nicht hingehöre. Ähnliches gelte bei verschimmelten Silikonfugen im Badezimmer.
Wer muss handeln?
Mieter müssen Mängel in ihrer Wohnung in jedem Fall ihrem Vermieter melden und ihn zur Beseitigung innerhalb einer bestimmten Frist auffordern. Selbst am tropfenden Wasserhahn herumschrauben sei auf keinen Fall ratsam, betont Hartmann. Denn: Geht die Reparatur schief, steckt der Mieter in der Haftung und muss schlimmstenfalls auch für Folgeschäden aufkommen. Es ist Aufgabe des Vermieters, einen Handwerker zu bestellen. Steht im Vertrag, der Mieter müsse selbst den Auftrag erteilen, ist die ganze Reparaturklausel unwirksam. Nur in Notfällen darf er Hilfe holen und eine Reparatur eigenmächtig veranlassen - etwa, wenn im Winter am Wochenende die Heizung ausfällt und der Vermieter nicht erreichbar war.