Seit Jahrzehnten warten sie auf der dunklen Seite des Mondes auf ihre Chance: Die Weltraumnazis, die sich dort am Ende des Krieges in einer hakenkreuzförmigen Festung verschanzt haben. Am Donnerstag beginnt ihr Angriff auf die Erde. Dann startet der Film "Iron Sky - Wir kommen in Frieden" des finnischen Regisseurs Timo Vuorensola in den deutschen Kinos.
Der Streifen erzählt von einer Attacke aus dem All, mit viel Action, Spezialeffekten und tiefschwarzem Humor. Insgesamt 7,5 Millionen Euro hat das Spektakel gekostet. Mit den üblichen Finanzierungsmodellen der Branche hätte er für so einen schrägen Stoff wohl kaum genug zusammen bekommen, sagt Vuorensola. Also hat er etwa eine Million Euro direkt bei seinen Fans eingesammelt - im Internet.
"Iron Sky" gilt als ein Vorreiter für eine neue Art der Geldbeschaffung: das Crowdfunding. Statt sich Geld bei Banken oder Investmentgesellschaften zu holen, suchen Kreative und Firmengründer heutzutage ihr Startkapital im Netz. Auch in Deutschland helfen dabei inzwischen mehrere Anbieter. Allerdings steht die Szene derzeit noch ganz am Anfang: Es gibt eine Menge offener Fragen und auch juristische Hürden. Die Grundidee ist klar: Die Internetnutzer sollen bitteschön mithelfen. Aber wie? Und zu welchen Bedingungen?
Crowdsourcing, Crowdfunding und Crowdinvesting
"Iron Sky" ist ein schönes Beispiel, weil Vuorensola für seinen Film die gesamte Palette an Methoden ausgeschöpft hat, die es derzeit gibt, um aus dem spendierfreudigen Schwarm im Internet seinen Nutzen zu ziehen. An der Entstehung des Films konnten die Fans auf drei verschiedene Arten beitragen: Vuorensola beschreibt sie als Crowdsourcing, Crowdfunding und Crowdinvesting.
Für alle drei Methoden braucht es natürlich erst einmal eine Crowd, eine engagierte Fangemeinde also. Die hat Vuorensola, seit im Jahr 2005 seine Low-Budget-Produktion "Star Wreck" erschienen ist, eine Parodie auf die Star-Trek-Saga, die im Internet damals ein Millionenpublikum erreichte. Aus diesem ersten Werk ging auch die Webseite Wreck-a-Movie hervor, die Vuorensola bis heute betreibt. Es ist eine Plattform für das Crowdsourcing. Kreative können dort die Netzgemeinde an ihren Schöpfungen mitarbeiten lassen.
Künstler aus der ganzen Welt nutzen mittlerweile die Webseite aus dem finnischen Tampere. Neben Film- und Fernsehproduktionen werden dort beispielsweise auch zwei Opern unter Mitwirkung des Publikums komponiert. Vuorensola ließ über Wreck-a-Movie unter anderem Raumschiffe und Werbeplakate für "Iron Sky" gestalten. Das Modell erhöht die Bindung potenzieller Konsumenten an das Produkt. Und es spart Geld, denn im Netz wird so ehrenamtlich erledigt, was sonst teuer eingekauft werden müsste. Der Wert solcher Gemeinschaftsarbeit lasse sich gar nicht genau beziffern, sagt Vuorensola.
Anders ist das mit der zweiten Methode, dem Crowdfunding. Dabei können die Unterstützer kleinere Geldbeträge zu dem Projekt beisteuern - als Gegenleistung bekamen sie von Vuorensola T-Shirts und andere Fanartikel. Mit dieser Methode, die an klassisches Merchandising erinnert, seien etwa 250.000 bis 300.000 Euro zusammengekommen, sagt der Regisseur.
Zeitweise arbeitete er mit dem deutschen Anbieter Startnext zusammen, der sich auf diese Art der Finanzierung von Kulturprojekten spezialisiert hat. Bei Startnext geben Unterstützer einem Projekt Geld und erhalten dafür ein Dankeschön. Das kann eine DVD sein, ein T-Shirt oder auch eine Statistenrolle. "Es sind also keine Spenden, weil man eine Gegenleistung bekommt", sagt Anna Theil von Startnext.
Eine echte Geldanlage
Als dritte Möglichkeit, "Iron Sky" zu unterstützen, blieb den Fans dann noch die echte Geldanlage, das Crowdinvesting. Für mindestens 1000 Euro konnten Privatleute Projektanteile erwerben. Sie werden nun auch an einem eventuellen Gewinn beteiligt, sollte der Film viel Geld einspielen. Kleinanleger auf der ganzen Welt investierten so zusammen 700.000 Euro in die Produktion.
Ganz schön kompliziert sei es gewesen, diese Anlageform in einen legalen Rahmen zu bringen, sagt Vuorensola. Das gesetzliche Regelwerk rund um Geldanlagen sei einfach nicht gemacht für solche kleinen Projekte. Dennoch sei das Crowdinvesting für ihn am Ende die effektivste Form der Geldbeschaffung gewesen, fasst Vuorensola seine Erfahrungen zusammen. Der Regisseur war noch Pionier auf dem Gebiet, Nachahmer gibt es bereits: In Deutschland etwa wurde im Dezember eine Million Euro für einen Kinofilm zur TV-Erfolgsserie "Stromberg" in der Menge, der Crowd, gesammelt.
In den USA, wo Schwarmfinanzierung bislang noch komplizierter war als in Europa, wird derzeit im Senat ein neues Gesetz diskutiert, um den Geldgebern aus dem Netz den Weg in die Wirtschaft zu eben. "Daran sollte man sich ein Beispiel nehmen", sagt Vuorensola. "Unsere Gesetze in Europa müsste man auch dringend an die neuen Zeiten anpassen."