Kiel:180 Millionen Euro für Entlastungsplan in Schleswig-Holstein

Lesezeit: 3 Min.

Als Konsequenz aus Energiekrise und drastisch gestiegenen Preisen legt Schleswig-Holstein ein Entlastungspaket im Volumen von 180 Millionen Euro auf. Der Norden...

Direkt aus dem dpa-Newskanal: Dieser Text wurde automatisch von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) übernommen und von der SZ-Redaktion nicht bearbeitet.

Kiel (dpa/lno) - Als Konsequenz aus Energiekrise und drastisch gestiegenen Preisen legt Schleswig-Holstein ein Entlastungspaket im Volumen von 180 Millionen Euro auf. Der Norden sei das erste Land mit einem derartigen Programm und damit Vorreiter in Deutschland, sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Dienstag in Kiel nach einem „Energiegipfel“ mit gut 80 Spitzenvertretern von Organisationen aus allen Bereichen.

Das Programm zur Förderung privater Klimaschutzmaßnahmen soll von 50 auf 75 Millionen Euro erhöht werden. Über die 180 Millionen Euro hinaus ist ein Darlehensprogramm zur Stützung von Stadtwerken und anderen Unternehmen in Höhe von 500 Millionen Euro geplant. Es sollen auch Stromrechnungen gestreckt werden können, wie Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) erläuterte. Die Regierung war mit einem Vorschlag von 250 Millionen Euro in das Treffen gegangen, stockte auf Interventionen aus Kommunen und Wirtschaft aber auf.

Die schwarz-grüne Koalition will mit ihrem Programm die jüngsten Beschlüsse der Bundesregierung ergänzen. Im Umfang von je 20 Millionen Euro soll es Härtefallfonds für Bürger sowie für Vereine und Verbände geben. Zehn Millionen Euro sind für Beratungsangebote zum Beispiel für Energieeinsparungen oder Schuldenfallen geplant. Günther und Heinold zufolge gab es bei dem Gipfel dramatische Schilderungen von Sozialverbänden über Familien und Armut.

Für kommunale Klimaschutzinvestitionen sind 75 Millionen Euro geplant, sofern sich die Kommunen im gleichen Umfang beteiligen. Kostensteigerungen in Kitas, Schulen und Hochschulen will die Regierung mit 15 Millionen Euro abfedern. Allein 115 Millionen Euro gebe es aus dem Gesamtprogramm für Energie- und Wärmewende, sagte Heinold. Alles soll aus dem Ukraine-Notkredit finanziert werden.

Einig war sich der Gipfel in der Notwendigkeit, kräftig Energie zu sparen. Als Ziel nannte Günther 20 Prozent. Scharf kritisierten er und Heinold die Bundesregierung, da sie ihre Entlastungspläne ohne Einbeziehung der Länder beschlossen habe. Diese bekämen nur die Rechnung präsentiert. Heinold erwartet Belastungen in dreistelliger Millionenhöhe. „Die Kommunikation des Bundes muss gänzlich eine andere werden“, sagte Günther. Der Bund müsse sich auch stärker als angekündigt an einem neuen bundesweiten Nahverkehrsticket beteiligen.

Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) forderte für Stadtwerke einen Rettungsschirm. Es gehe nicht nur darum, dass sie ihre Rechnungen bezahlen können. Sie müssten auch für ihre Kunden Ratenzahlungen und Stundungen ermöglichen können.

„Das war ein guter Dialog auf Augenhöhe“, kommentierte der Direktor des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen, Andreas Breitner. „Die Unterstützung für Liquiditätshilfen für Stadtwerke und am Gemeinwohl orientierte Unternehmen ist genauso im Interesse der Mieterinnen und Mieter wie das geplante Mietenmoratorium.“

Wie Rentner bekommen auch Beamte im Ruhestand eine Energiepauschale von 300 Euro. Bei 37 500 Versorgungsempfängern wird dies laut Finanzministerium etwa zehn Millionen Euro kosten.

Mit dem Härtefallfonds und der Aufstockung für Beratungshilfen plane die Regierung Maßnahmen, welche die SPD vor drei Wochen vorgelegt habe, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller. Die Koalition habe sie gerade erst noch abgelehnt. „Auf Druck der Kommunen und Wohlfahrtsverbände musste die Regierung jetzt doch einlenken.“

FDP-Fraktionschef Christopher Vogt sieht kaum nennenswerte Entlastungen für Bürger. 75 Millionen Euro sollten in einen längst beschlossenen Klimaschutz-Fördertopf fließen, der in der aktuellen Notlage gar nicht helfen werde. Vogt sprach von Etikettenschwindel.

Die Vorsitzende DGB Nord, Laura Pooth, begrüßte den Härtefallfonds. Ob die 20 Millionen Euro reichen werden, sei offen. „Wir begreifen es als ersten Schritt. Gegebenenfalls muss zügig aufgestockt werden.“

Die Regierung habe ein zukunftsträchtiges Entlastungspaket vorgelegt, kommentierte für die Unternehmensverbände Hauptgeschäftsführer Michael Thomas Fröhlich. Der Eigentümerverband Haus & Grund verlangte eine Erweiterung des Wohngeldes. Andernfalls könnten Menschen mit geringem Einkommen ihre Rechnungen nicht bezahlen, sagte der Landesvorsitzende Alexander Blažek. Damit drohten Zwangsversteigerungen und schwere Folgen für den Immobilienmarkt.

Der Landesverband Erneuerbare Energien setzte diesen Akzent: Sehr schnelle Genehmigungsverfahren für Flüssiggas-Infrastruktur zeigten, was mit politischem Willen möglich ist, sagte Geschäftsführer Marcus Hrach. „Jetzt erwarten wir ein ebenso klares Bekenntnis zum Ausbau der erneuerbaren Energien und eine deutliche Beschleunigung der Genehmigungsverfahren.“

Auch die Nordkirche werde einen deutlichen Beitrag zum Energiesparen leisten, ohne wichtige Aufgaben in der Gesellschaft zu gefährden, sagte Bischof Gothart Magaard.

Der Verband kommunaler Unternehmen begrüßte das Stützungsprogramm für Stadtwerke. Nun müsse der Bund sich klar dazu bekennen, Stadtwerke bei etwaigen Liquiditätsengengpässen zu unterstützen, sagte ein Sprecher.

Aus Sicht des Präsidenten der IHK Schleswig-Holstein, Hagen Goldbeck, ist das geplante Darlehensprogramm des Landes zur Unterstützung der Unternehmen, die durch gestiegene Energiekosten in finanzielle Probleme geraten, ein Schritt in die richtige Richtung. Die Darlehen des Landes dürften allerdings kaum ausreichen.

© dpa-infocom, dpa:220905-99-641839/6

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: