Kaufnebenkosten:Noch eins drauf

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Hohe Kosten: Die Bundesregierung plant, Familien beim Immobilienkauf zu entlasten. (Foto: Johannes Simon)

In Deutschland sind die Nebenkosten beim Immobilienkauf besonders hoch. Notar, Makler und vor allem die Grunderwerbsteuer treiben den Preis nach oben.

Von Berrit Gräber

Auf den ersten Blick herrschen gute Zeiten für Immobilienkäufer: Baugeld ist so günstig wie nie, Kaufen meist sinnvoller als Mieten. Wären da nicht die hohen Preise - und die immensen Kaufnebenkosten von bis zu 16 Prozent, die viele Eigenheim-Träume schnell wieder platzen lassen. Allen voran die Grunderwerbsteuer der Länder, die zum Hauptkostentreiber geworden ist - und eine der höchsten in Europa. Erst zu Jahresbeginn hat Thüringen erhöht, von fünf auf 6,5 Prozent. Allein dieser Sprung beschert dem Käufer einer 238 000-Euro-Immobilie jetzt happige 3600 Euro Mehrkosten, was mehr als einem durchschnittlichen Nettomonatsgehalt entspricht. "Die Nebenkosten machen den Immobilienerwerb für junge Familie oder ärmere Haushalte zunehmend unbezahlbar", warnt Michael Voigtländer, Immobilienökonom am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Die Stimmen mehren sich, die eine Reform der Grunderwerbsteuer anmahnen. Eine Entlastung für Privatkäufer ist aber noch lange nicht in Sicht.

In anderen Ländern müssen Käufer deutlich weniger Nebenkosten zahlen

Die Lage ist vertrackt. Gerade in Niedrigzinsphasen gilt das Eigenheim als wichtige Absicherung fürs Rentenalter. Doch wer nicht ausreichend Eigenkapital auf der hohen Kante hat, dem bleibt die Tür zum Immobilienmarkt verschlossen. Den Batzen an Kaufnebenkosten muss man sich erst mal leisten können. In Deutschland seien sie mehr als doppelt so hoch wie in den Niederlanden und fast viermal so hoch wie in Großbritannien, kritisiert Voigtländer. Beim Kauf einer Wohnung für 250 000 Euro können sie sich bis auf über 37 500 Euro summieren, wie Jörg Sahr, Baufinanzierungsexperte von der Stiftung Warentest in Berlin vorrechnet. Zum Vergleich: In Holland müssen Käufer lediglich 6500 dafür aufbringen, in Großbritannien 3250 Euro.

Je nach Einzelfall können die Posten, die hierzulande neben der reinen Kaufsumme anfallen, circa 4,6 bis etwa 16 Prozent erreichen. Lässt sich ein Makler in entspannten Märkten manchmal noch umgehen, ist die Grunderwerbsteuer unvermeidlich. Sie wird bei jedem Immobilienkauf fällig. Je nach Bundesland werden Häuslebauer unterschiedlich stark zur Kasse gebeten, mit Sätzen zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises. Auch der Notar kostet Geld, bis zu zwei Prozent. Für die Eintragung ins Grundbuch muss der Käufer weitere 0,3 bis 0,5 Prozent aufbringen. In vielen Fällen kommt noch die Maklerprovision dazu, was eine weitere Zusatzbelastung zwischen gut 3,5 und mehr als sieben Prozent ausmachen kann.

Hohe Kaufnebenkosten wirken sich bei der Baufinanzierung gleich zweifach negativ aus. Die Bank finanziere Posten wie die Steuer, Maklerprovisionen oder die Notargebühren nämlich nicht mit, gibt Voigtländer zu bedenken. Diese Extra-Ausgaben gibt es nicht auf Kredit. Die Häuslebauer müssen die Ausgabe selbst stemmen, sonst geht ihre Baufinanzierung gleich baden. Zugleich kann sich das Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapitaleinsatz verschlechtern. Im schlechtesten Fall wird dann auch noch der Zinssatz für das Immobiliendarlehen höher.

Und so hat sich längst eine Kluft in Deutschland aufgetan: Zwischen Haushalten mit ordentlich Erspartem oder Geerbtem auf dem Konto, die die Traumzinsen für den Immobilienerwerb am Schopf packen können und ärmeren Bürgern, die zwar noch die Monatsraten stemmen könnten, bei den Extras aber passen müssen. "Der Traum vom Eigenheim rückt so für viele junge Familie in weite Ferne", kritisiert Thomas Penningh, Präsident des Verbands privater Bauherren (VPB). Der Kostentreiber Grunderwerbsteuer erschwere den Hauskauf und schrecke Investoren ab, ist auch Reiner Holznagel überzeugt, Präsident des Bundes der Steuerzahler. Noch bis 2006 lag der Steuersatz bundesweit einheitlich bei 3,5 Prozent. Im europäischen Vergleich war das bereits hoch. Damals hatte noch der Bund das Sagen. Dann kam die Föderalismusreform. Seither dürfen die Länder den Prozentsatz selbst festsetzen - und drehen munter an der Steuerschraube, insgesamt 26 Mal in den vergangenen zehn Jahren. Der aktuelle Höchstsatz von 6,5 Prozent gilt mittlerweile in fünf Ländern: in Brandenburg, in Nordrhein-Westfalen, im Saarland, in Schleswig-Holstein und jetzt auch in Thüringen. Vergleichsweise günstig mit 3,5 Prozent kommt momentan nur noch weg, wer sich ein Objekt in Bayern oder Sachsen zulegt.

Für die Bundesländer ist die Grunderwerbsteuer eine wichtige Einnahmequelle

Die Grunderwerbsteuer wird nicht nur fällig, wenn ein Grundstück den Eigentümer wechselt. Sie muss auch gezahlt werden, wenn eine Immobilie verkauft wird. So wird bei der Veräußerung von Altimmobilien immer wieder von Neuem die Grunderwerbsteuer auf den Gesamtpreis aus Grundstück und Haus verlangt, wie Penningh beklagt. Steht ein Neubau als Paket aus Haus und Grund zum Verkauf, wie das häufig bei schlüsselfertigen Objekten der Fall ist, müssen Käufer ebenfalls auf alles die Steuer berappen. Viele Länder profitieren zudem von der Entwicklung der Märkte: Gehen in Ballungsräumen die Immobilienpreise nach oben, geht auch die Besteuerungsgrundlage hoch.

Die Preisspirale bei der Grunderwerbsteuer sei für private Käufer "zum echten Ärgernis und zur Belastung geworden", kritisiert Torsten Weidemann, Geschäftsführer der Eigentümerschutzgemeinschaft Haus und Grund Deutschland. "Es ist eine Schreckensvision, dass die Entwicklung auf die 7-Prozent-Marke zusteuert." Ein Ende der Fahnenstange ist momentan nicht in Sicht. Die Steuer hat sich für die Bundesländer zu einer kräftig sprudelnden Einnahmequelle entwickelt. 2015 lagen die Einnahmen schon bei 11,25 Milliarden Euro. Für 2016 werden 12,39 Milliarden Euro erwartet.

Um Käufer zu entlasten, empfiehlt das IW der Bundesregierung, sich bei einer Reform der Grunderwerbsteuer Holland und Großbritannien zum Vorbild zu nehmen. Die Niederlande haben den Notar-Markt dereguliert, die Notarkosten sind Festsätze, abgekoppelt vom Kaufpreis. Die Grunderwerbsteuer liegt bei lediglich zwei Prozent. In Großbritannien gibt es keinen einheitlichen Steuersatz, vielmehr einen Freibetrag von 125 000 Pfund - erst für höhere Beträge steigt die Steuer langsam an. Außerdem sei in beiden Staaten die Grundbucheintragung deutlich billiger als hierzulande und fix obendrein, argumentiert Voigtländer.

Seine Forderung: Deutschland braucht eine Absenkung der Grunderwerbsteuer - und keine neuen Fördertöpfe. Bauministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte bereits einen Eigenheim-Zuschuss für Familien in Ballungsräumen ins Gespräch gebracht, die Union eine Wiederbelebung der Eigenheimzulage oder gar eine komplette Befreiung für Privatkäufer beim Ersterwerb. "Eine Reform wird nur gelingen, wenn der Bund direkt an das Problem rangeht", ist der Kölner Wissenschaftler überzeugt.

© SZ vom 03.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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