Karmann und VW:Auto-Manöver in Osnabrück

Lesezeit: 2 min

VW soll kurz vor der Übernahme von Karmann stehen. Doch der Deal wirft Fragen auf: Ist er eine Gefälligkeit für Ministerpräsident Wulff - oder eine Rache an Opel-Interessent Magna?

T. Fromm u. K. Läsker

Über eine Übernahme des insolventen Autounternehmens Karmann durch Volkswagen könnte schon bald entschieden werden. Wie aus konzernnahen Kreisen verlautet, soll der Vorstand des Wolfsburger Autobauers bereits an diesem Dienstag über das Thema beraten; für den 11. November ist eine Aufsichtsratssitzung angesetzt. VW wollte dies nicht kommentieren.

Strippenzieher Christian Wulff: Nur eine Gefälligkeit für den Strippenzieher? (Foto: Foto: ddp)

Was für einen Kauf durch Volkswagen spricht: VW scheint sich zurzeit als einziger Autokonzern für Karmann als Ganzes zu interessieren. Einem Karmann-Sprecher zufolge gibt es mindestens zwei Interessenten für einzelne Sparten, so etwa für die Fertigung der Autodächer. Die Dachsparte sei das einzige Geschäft, für die es momentan "noch zahlreiche Aufträge" gebe, betonte der Sprecher. Außerdem wächst Analysten zufolge der politische Druck auf VW, seinen niedersächsischen Nachbarn einzugliedern - und damit zu retten. "Ich glaube nicht, dass man sich für Karmann interessieren würde, wenn das Unternehmen außerhalb Niedersachsens liegen würde", sagt Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler.

Die späte Revanche

In Branchenkreisen wird darüber spekuliert, eine Übernahme Karmanns sei vor allem eine Gefälligkeit für den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU), der im VW-Aufsichtsrat sitzt und in der Karmann-Stadt Osnabrück seine Heimat und seinen Wahlkreis hat. Zudem hält Niedersachsen knapp 20 Prozent an VW. "Wulff hat VW dabei geholfen, die Übernahme durch Porsche zu vereiteln", heißt es. Nun müsse sich der Autobauer revanchieren.

Wulff selbst lehnte am Montag eine Stellungnahme ab. Er ließ lediglich wissen, dass er die derzeitigen Spekulationen für "nicht hilfreich" halte. Das Szenario ist politisch brisant: Wenn sich kein Käufer findet, verlieren die Hälfte der 1700 Karmann-Mitarbeiter in der kommenden Woche ihren Job.

Fraglich ist zurzeit, ob sich VW selbst mit der Übernahme des Cabrio-Bauers einen Gefallen tut. "Zurzeit braucht VW Karmann gewiss nicht", sagt Analyst Pieper. VW habe ausreichend eigene Fertigungskapazitäten. "Mit Blick auf eventuell kommende Boomjahre ist es vielleicht eine gute Gelegenheit, jetzt zu günstigen Konditionen ein Automobilwerk zu kaufen", meint Pieper. Wer auch immer künftig Karmann übernimmt: Er sichert sich auf diese Weise attraktive Kundenbeziehungen. So fertigt Karmann seit viel Jahren Autodächer in Serie für BMW-Cabrios und Stoffdächer für den New Beetle von Volkswagen. Auch Chrysler, Ford, die Nissan-Tochter Infinity, Renault und selbst die Luxusmarke Bentley gehörten zuletzt zum Abnehmerkreis.

Sollte VW bei Karmann zugreifen, hätte dies eine besondere Note. Erst vor einigen Wochen hatte VW-Chefkontrolleur Ferdinand Piëch die geplante Übernahme von Opel durch den Zulieferer Magna kritisiert. Man möge es nicht, wenn aus Zulieferern und Partnern Wettbewerber auf dem Markt würden, sagte er damals. Nun schickt sich VW an, selbst einen externen Partner einzugliedern. Analyst Pieper glaubt, dass Karmann "zu einer verlängerten Werkbank von Volkswagen" werden könnte. Externe Aufträge dürften "nur noch von Exoten kommen, die weit genug weg von VW sind, aber sicherlich nicht von anderen deutschen Herstellern".

© SZ vom 27.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: