SZ-Kapitalanlagetag:Grünes Geld sucht Firmen

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Finanzhäuser wollen nachhaltig anlegen - das ist aber überraschend schwierig.

Von Christian Bellmann, Köln

Wenn Versicherer, Fonds und Pensionskassen Geld anlegen, geht es längst nicht mehr nur um Rendite. Nachhaltigkeit und die sogenannten ESG-Kriterien spielen eine immer größere Rolle. ESG steht für Environmental, Social, Governance - es geht also um die Umwelt, soziale Fragen wie Kinderarbeit und gute Unternehmensführung.

Andreas Wimmer, Chef der Allianz Lebensversicherung, und seine Kollegen aus anderen Finanzkonzernen stehen jedoch vor einem großen Problem. Der Druck von Kunden, Aktionären und der Gesellschaft steigt, möglich nachhaltig anzulegen. Allerdings mangelt es derzeit an entsprechenden Anlagezielen - und an Standards, die festlegen, wann eine Kapitalanlage überhaupt als nachhaltig bezeichnet werden darf. "Man kann das schnell aussprechen, aber es ist ganz viel Arbeit, zu überlegen, was Nachhaltigkeit überhaupt ist", sagte Wimmer auf dem Kapitalanlagetag der SZ. "Wir müssen definieren, wo wir eigentlich hinwollen."

Es bringe nichts, die Kapitalanlagen umzuschichten in Investments, die heute schon als nachhaltig gelten. "Wir können nicht hingehen und uns die drei Prozent heraussuchen, die alle möglichen Kriterien erfüllen", sagte Wimmer. Ziel müsse sein, dass sich die Unternehmen verändern, in die Allianz und andere institutionelle Anleger investieren.

Die Allianz will daher verstärkt mit den Unternehmen und auch den anderen Anlegern ins Gespräch gehen. Nur so könne es gelingen, die Wirtschaft nachhaltiger zu machen und gleichzeitig als Investor Geld zu verdienen. Es geht um große Summen: Allein die Kapitalanlagen der Marktführers Allianz belaufen sich auf 320 Milliarden Euro.

Lars Feld, Professor für Wirtschaftspolitik und Ordnungsökonomik an der Universität Freiburg und Direktor des Walter-Eucken-Instituts, hält die Knappheit an entsprechenden Investitionszielen für problematisch. "Wir sehen, dass im Markt viel zu wenig Anlagemöglichkeiten da sind", sagte er. "Auf der anderen Seite müssen wir aber aus ganz unterschiedlichen Gründen eine Umstrukturierung unserer Wirtschaft vornehmen, wenn wir die Klimarisiken ernst nehmen."

Deutschland dürfe dabei nicht allein agieren. Die Umwandlung hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft müsse international koordiniert ablaufen, sagte Feld, der bis 2021 eines der fünf Mitglieder des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung war. "Wir brauchen eine weltweite Regelung, sonst haben wir für den Klimaschutz nichts gewonnen." Es kann gelingen, Klimaneutralität in der Wirtschaft herzustellen, glaubt Feld. Das erfordere aber hohe Investitionen - und zwar nicht nur von staatlicher, sondern auch von privater Seite.

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