Konter gegen Cameron
Zunächst schien es, als passte diese Reise nach China nicht auf Angela Merkels innenpolitische Tagesordnung. Die wird von der Flüchtlingskrise beherrscht und hat der Kanzlerin deutlich sinkende Umfragewerte beschert. Merkel flog dennoch nach Peking, sie wurde mit hohen militärischen Ehren (23 Salutschüsse) empfangen und bekam die Signale, die sie sich erhofft hatte: Die chinesische Führung sagt politische Unterstützung in der Flüchtlingskrise zu, sie billigt einen Milliardendeal und lässt Merkel eine ganz besondere diplomatische Geste zuteil werden. Symbolisch gibt es die Zusage für ein Pandabären-Paar für den Berliner Zoo.
Praktisch wie nebenbei räumt Merkel mit einer Befürchtung auf, die sich angesichts des Staatsbesuches der Chinesen kürzlich in London eingeschlichen hatte - dass nämlich Großbritannien der neue, größte Geschäftspartner in Peking werden und Deutschland abhängen könnte. Premierminister David Cameron hatte eine regelrechte Charmeoffensive gefahren, um die geschäftlichen Beziehungen seines Landes mit dem Reich der Mitte zu forcieren.
Chinas Premier Li Keqiang und Merkel widersprachen dem Eindruck, Deutschland könne die Rolle als größter europäischer Geschäftspartner in China verlieren. Merkel sagte, Deutschland habe "sehr gute, breit aufgestellte Beziehungen" zu China. Selbstbewusst fügte sie hinzu, sie freue sich, "dass Li Keqiang einen schönen Besuch in London hatte". Wettbewerb belebe das Geschäft. "Wir können auch sehr schöne Besuche ausrichten."
Der chinesische Premier sagte, von Wettbewerb wolle er nicht sprechen. Jedes Land suche Kooperationsmöglichkeiten. Merkel werde als erstem ausländischen Staatsgast die Ehre zuteil, dass er sie auf Besuchen außerhalb von Peking begleite. "Das ist ein Zeichen unsere besonderen Beziehung."
Gespräche über Freihandelsabkommen
Merkel und Chinas Premier sprachen sich für Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und China aus. Die Kanzlerin sagte, dass sie den "sehr schnellen" Abschluss des Investitionsabkommens zwischen der EU und China befürworte. Dies sei Voraussetzung für eine Machbarkeitsstudie über eine Freihandelszone.
Li wurde deutlicher und entwarf die Vision einer gemeinsamen Freihandelszone. Er betonte vor allem das Interesse an einer Zusammenarbeit im Bereich von "Industrie 4.0", also der Verschmelzung von Industrieproduktion und Informationstechnik. Hier gebe es riesige Möglichkeiten für deutsche Firmen im chinesischen Markt.
Mit zurück nach Deutschland bringt die Kanzlerin Aufträge im Wert von 18,6 Milliarden Euro. Davon entfallen 15,4 Milliarden Euro auf einen Vertrag mit Airbus. China hat 130 Flugzeuge bestellt, davon 30 des Typs A330. Dies ist nach Auskunft von Delegationsmitgliedern einer der größten Aufträge, der jemals von Airbus erreicht wurde.
Entgegenkommen in der Flüchtlingsfrage
Li Keqiang kam der Kanzlerin auch in Sachen Flüchtlinge entgegen. Im Krieg in Syrien sei "eine Lösung so dringend wie nie zuvor", sagte er. Es bedürfe einer politischen Lösung, die alle Interessen berücksichtige. "Aus chinesischer Sicht ist es ein sehr guter Weg und wir werden unseren konstruktiven Beitrag leisten", fügte er hinzu.
China ist Vetomacht im UN-Sicherheitsrat. Die Kanzlerin sagte, sie freue sich, zumindest Anzeichen für neue Gesprächsformate zu sehen. 300 000 Tote und Millionen Flüchtlinge zeigten, wie sehr die Zeit dränge.