Kampf um den Euro:Ratingriese stänkert gegen Gipfel-Beschlüsse

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Fiskalunion, und alles wird gut? Während die Politiker ihre Gipfel-Beschlüsse loben, mosert die Ratingagentur Moody's. Sie sieht wenig substantiell Neues - und kündigt an, die Noten aller EU-Staaten genau zu überprüfen.

Was waren die Politiker am vergangenen Freitag froh: Automatische Sanktionen gegen Haushaltssünder, Schuldenbremse, Fiskalunion - das waren die Schlagworte, die neben den Diskussionen um den britischen Premier David Cameron die Brüsseler Nach-Gipfel-Debatte prägten. "Es hieß, keine faulen Kompromisse für den Euro zu machen, und das ist uns gelungen", sagte Kanzlerin Angela Merkel.

Moody's zeigt sich unzufrieden mit den Gipfelbeschlüssen von Brüssel. (Foto: dpa)

Doch das sehen mittlerweile nicht nur manche Ökonomen und Oppositionspolitiker anders - sondern auch die neuerdings so gefürchteten Ratingagenturen. An diesem Montag erklärte die nach Standard & Poor's zweitgrößte Agentur Moody's, dass sie mit den Gipfelbeschlüssen und -absichten unzufrieden sei.

Nur wenige der angekündigten Krisenmaßnahmen seien neu, viele ähnelten früheren Erklärungen, hieß es. Es fehlten Entscheidungen zur kurzfristigen Stabilisierung der Kreditmärkte. Die Euro-Zone und die gesamte Europäische Union (EU) seien nach wie vor anfällig gegen externe Schocks und stünden damit unter Druck. Moody's bekräftigte die Ankündigung, die Ratings aller EU-Staaten im ersten Quartal 2012 genau zu prüfen. Kanzlerin Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatten damals gelassen auf die Drohung reagiert.

Aber nicht nur die Ratingagenturen geben sich unzufrieden. Auch der Verband Junger Unternehmen monierte die Beschlüsse. Der Verzicht auf die Gläubigerbeteiligung im Rahmen des dauerhaften rettungsfonds ESM, die von dem Gros der EU-Staaten gegen den Willen Merkel durchgesetzt wurde, sei ein hoher Preis und fatal, hieß es. Hiermit verabschiede sich Europa endgültig vom Prinzip der Einheit von Risiko und Haftung.

Der Chef der Wirtschaftsweisen, Wolfgang Franz, hingegen wies die Kritik an den Beschlüssen zur Euro-Rettung scharf zurück. "Es geht doch nicht um ein Kaputtsparen, sondern um finanzpolitische Disziplin und überzeugende längerfristige Maßnahmen", sagte Franz der Rheinischen Post.

Der Schuldenabbau der Euro-Länder sei wie die "Befreiung eines Drogenabhängigen von seiner Sucht: Die Entziehungskur ist sehr schmerzlich, aber danach geht es dem Betreffenden wesentlich besser als vorher", sagte Franz. Italien und Spanien könne kurzfristig mit neuen Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm oder vom IWF geholfen werden.

Die Märkte reagierten bis jetzt uneindeutig auf die Ergebnisse. Am Freitag war es zu nervösen Auf und Abs gekommen. Zu Wochenbeginn schloss die Börse in Tokio fester. Die Einigung auf eine stärkere wirtschaftliche Integration sorgte für Zuversicht. "Derzeit bewertet der Markt dies als einen Schritt nach vorn, als Verbesserung in der Schuldenproblematik Europas. Zudem gibt es positive Neuigkeiten aus den USA, die darauf hindeuten, dass sich die US-Wirtschaft erholt", fasste Analyst Hiroichi Nishi von SMBC die guten Nachrichten zusammen.

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