Kampf gegen Kinderpornografie:Wenn Google zugreift

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Ein amerikanischer IT-Konzern als Hilfspolizei? Wie Google Kinderpornografie aufspürt und welche datenrechtlichen Fragen sich dabei stellen.

Von Johannes Boie und Pascal Paukner, München

Der Fall ist aufsehenerregend und sorgt für viele Fragen: In Houston im US-Bundesstaat Texas ist ein Mann wegen des Verdachts auf Besitz von Kinderpornografie festgenommen worden. Der Hinweis, der zu dem mutmaßlichen Täter führte, kam nicht etwa aus dem Umfeld des 41-Jährigen - sondern vom Internetkonzern Google, dessen Server der Festgenommene als Speicherort benutzt hat. Der Fall wirft heikle Fragen des Datenschutzes auf.

Wie funktioniert die Technik zur Aufspürung der Kinderpornografie?

Mehrere amerikanische Konzerne, darunter Microsoft, Facebook und Google, betreiben Datenbanken, in denen die Hashwerte aller bekannten Bilder von Kindesmissbrauch gespeichert sind. Hashwerte sind im Grunde Nummern, an denen man eine Datei erkennen kann. Taucht nun ein Bild mit einem dort registrierten Hashwert an einer Stelle im Netz auf, auf die einer der Konzerne Zugriff hat, wird automatisch die Polizei benachrichtigt.

Wie reagiert die Öffentlichkeit auf den Fall?

In den Vereinigten Staaten gibt es kaum Widerspruch, was Googles Verhalten in dem konkreten Fall betrifft. Allerdings werfen Kommentatoren, vor allem aus der liberalen Technologie-Fachpresse, die Frage auf, wo die Grenzen liegen. "Auch wenn niemand gegen den Schutz von Kindern vor Sextätern sein kann, werden sich diejenigen fragen, die sich schon jetzt um ihre Privatsphäre sorgen, welche Umstände Google noch dazu veranlassen könnte, die Behörden zu informieren", schreibt etwa Chris Matyszczyk von Technikdienst Cnet. Grundsätzlich müsse man auch debattieren, ob Google überhaupt als Hilfspolizei agieren dürfe. International ist die Bewertung differenzierter. Es werden erhebliche Zweifel laut, ob Google das Recht haben soll, fremde Mails zu durchsuchen.

Welches Ausmaß hat das Kinderporno-grafie-Problem im Netz?

Laut US-Justizministerium hat das Internet zu einem deutlichen Zuwachs in "Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Umfang der Kinderpornografie geführt". In Medienberichten ist immer wieder die Rede von einem Milliardenmarkt. Allerdings ist fragwürdig, ob der kommerzielle Handel mit kinderpornografischen Darstellungen durch das Internet tatsächlich zugenommen hat. Eine Studie der Universität Hannover aus dem Jahr 2011 kommt zu dem Ergebnis, dass Kinderpornografie im Netz vor allem in kleineren Kreisen gehandelt wird.

So viele Daten, so viele Nutzer - und wer kontrolliert Daten und Nutzer? Server im Google-Datenzentrum in Pryor, Oklahoma. (Foto: dpa)

Wie ist die rechtliche Lage in Deutschland?

In Deutschland unterliegen E-Mails dem Telekommunikationsgesetz. Das Durchsuchen von E-Mails ist dadurch deutlich erschwert, allerdings lassen sich Google, Apple und Yahoo in den Geschäftsbedingungen ihrer Dienste den Zugriff erlauben. Anders als die Polizei dürfen sie aber nicht gezielt nach Illegalem fahnden, es geht eher um Zufallsfunde.

Wie gehen die populärsten deutschen Anbieter, Gmx.de und Web.de, mit Kinderpornografie um?

Die deutschen Anbieter suchen laut eigenen Angaben nicht aktiv nach Kinderpornografie in den E-Mail-Accounts ihrer Kunden. "Wir scannen die Inhalte der E-Mails unserer Nutzer nicht, es findet lediglich die notwendige Überprüfung auf Viren und Spam statt", sagte ein Unternehmenssprecher. Eine inhaltliche Überwachung der E-Mails halte man für nicht vereinbar mit dem deutschen Datenschutz. Liege ein richterlicher Beschluss zur Durchsuchung eines Accounts vor, übermittele man aber Daten an die zuständige Behörde.

Wie reagiert der Staat auf Kinder-pornografie im Netz?

In Deutschland ist das Vorhaben der damaligen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen in Erinnerung geblieben. Die Politikerin hatte 2009 versucht,Netzsperren in Deutschland einzuführen. Unter dem Gesetz wären Provider verpflichtet gewesen, den Zugang zu kinderpornografischen Webseiten zu sperren. Das Vorhaben wurde nach Protesten nie umgesetzt.

© SZ vom 05.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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