US-Luftfahrt:Gericht blockiert Airline-Übernahme

Lesezeit: 2 min

Nebeneinander dürfen sie noch stehen, die Jetblue Airways und der Billig-Konkurrent Spirit Airlines. Eine Übernahme untersagte ein Bostoner Gericht aber nun. (Foto: Joe Raedle/AFP)

Die New Yorker Jetblue Airways wollte den Billig-Konkurrenten Spirit Airlines übernehmen. Von dem Verbot profitieren nun vor allem die etablierten Fluglinien - und nicht die Passagiere.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Als Robin Hayes 2015 Chef der amerikanischen Fluggesellschaft Jetblue Airways wurde, hatte er einen konkreten Auftrag des Verwaltungsrats: starkes Wachstum. So wollten sie irgendwie in die erste Liga der US-Airlines aufsteigen, die nach vielen Fusionen aus Delta, American, United und Southwest bestand. 2016 versuchte er, Virgin America zu kaufen, doch Alaska Airlines bot mehr Geld. Zuletzt musste Hayes monatelang in einem Bostoner Gericht verbringen, um Richter William Young davon zu überzeugen, eine Übernahme der großen Billigfluggesellschaft Spirit Airlines zu erlauben.

Die Mühe war umsonst. Young gab einer Klage der amerikanischen Regierung statt und verbot die Transaktion mit dem Argument, durch sie würde der Wettbewerb im Billigflugmarkt zu sehr eingeschränkt. Vor allem die Investoren von Spirit - Firmensitz in Florida - reagierten schockiert: Die Aktie verlor binnen kürzester Zeit mehr als 60 Prozent ihres Wertes. Die Jetblue-Anteilseigner waren entspannter, die Aktie stieg sogar um fünf Prozent. Doch das hat wohl eher mit kurzfristigen Erwägungen zu tun - Jetblue spart sich die hohen Kosten der Integration.

Die Entscheidung ist für die amerikanische Airline-Industrie, die etwa ein Drittel des weltweiten Luftverkehrs ausmacht, in vielerlei Hinsicht relevant. Die kritische Haltung der Biden-Regierung in Sachen Konsolidierung des Luftverkehrs strahlt aber mittlerweile auch nach Europa aus und hat hier erste gravierende Folgen. So sahen sich Air France-KLM und die Reederei CMA CGM gezwungen, eine 2022 beschlossene Allianz in der Luftfracht wieder abzusagen - sie hatten auf den Nordatlantikstrecken keine wettbewerbsrechtliche Freigabe bekommen.

Das Urteil aus Boston könnte, wenn es ganz dumm läuft, genau das Gegenteil dessen bewirken, was Richter Young erreichen wollte. Jetblue-Chef Hayes hatte argumentiert, die Spirit-Übernahme sei notwendig, damit seine Airline näher an die Branchengrößen heranrücken können. Jetblue kommt laut amerikanischem Verkehrsministerium auf einen Marktanteil im Inland von 5,4 Prozent, Spirit auf 5,1 Prozent. Zum Vergleich: Delta ist der größte Anbieter mit 17,7 Prozent, gefolgt von American (17,2 Prozent), Southwest (16,9 Prozent) und Lufthansa-Partner United (16,1 Prozent). Selbst zusammen wären also Jetblue und Spirit nur die fünftgrößte Airline.

Auch in Europa ist es schwieriger geworden mit Übernahmen

Jetblue versteht sich nicht als Billiganbieter, sondern versucht, vergleichsweise günstige Tickets mit akzeptablem Service zu kombinieren. Bei den Investoren ist das Konzept umstritten, weil es schwer ist, gute Margen zu erreichen. Bei den Passagieren ist die Airline beliebt. Jetblue hat nach dem Aus des Spirit-Deals keine offensichtlichen Möglichkeiten mehr, schnell zu wachsen. Theoretisch denkbar wäre eine Fusion mit Alaska Airlines. Doch Alaska, derzeit die Nummer fünf der US-Branche, will gerade die kleinere Hawaiian Airlines übernehmen. Viel existenziellere Fragen muss sich das Management von Spirit stellen. Seit zwei Jahren schreibt die Airline zum Teil hohe Quartalsverluste.

Auch in Europa ist es schwieriger geworden für Fluglinien, Konkurrenten zu übernehmen. Die Europäische Kommission muss demnächst entscheiden, ob sie Lufthansa erlaubt, einen großen Anteil an ITA Airways zu kaufen und ob International Airlines Group (IAG) die spanische Air Europa integrieren darf. Wenn, dann nur mit sehr schmerzhaften Zugeständnissen, so ist zu hören. Als Nächstes steht die Privatisierung des Lufthansa-Partners TAP Air Portugal an. Anders als in den USA sind es hier allerdings nicht die kleinen oder mittleren Airlines, die sich besser wehren, sondern die Branchenführer, die weiter wachsen wollen.

Robin Hayes wird mit all dem nichts mehr zu tun haben. Der 58-Jährige kündigte in der vergangenen Woche für Mitte Februar seinen Rücktritt an - offiziell aus gesundheitlichen Gründen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusReden wir über Geld
:"Sich vegan zu ernähren, ist schrecklich und dumm"

Franz Keller ist einer der bekanntesten Köche Deutschlands - und einer der streitbarsten. Was gute Ernährung wirklich bedeutet und warum er mal Wände aus Gold in seinem Restaurant hatte.

Interview von Vivien Timmler und Nils Wischmeyer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: