Japanische Yakuza:Mafia in der Krise

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Japans Mafia Yakuza ist sogar in der liberaldemokratischen Partei von Premier Abe gut vernetzt, in Banken wurden Mitglieder oft als Vorzugskunden bedient. Doch nun hat die Yakuza Geldsorgen. Das liegt auch an Obama.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Wie Japan selbst steckt auch die Yakuza, die Mafia, seit mehr als zwei Jahrzehnten in einer Wirtschaftskrise. Ihre Einnahmen sind eingebrochen. Nun hofft das organisierte Verbrechen - wie die legale Wirtschaft - auf Abenomics, den Versuch von Premier Shinzo Abe, ein Wirtschaftswachstum herbeizureden und mit der Geldpresse anzufeuern, ohne die eigentlichen Probleme lösen zu müssen.

Bisher bewegten sich die Yakuza und die japanische Wirtschaft meist auf etwa parallelen Kurven. Ging es der Wirtschaft gut, dann machte auch das organisierte Verbrechen satte Profite. Doch nun sieht sich die Yakuza in ihrer Existenz bedroht. Denn in den vergangenen Jahren hat eine Präfektur nach der anderen ein Gesetz eingeführt, das es verbietet, mit der Yakuza Geschäfte zu machen. Das gilt insbesondere auch für Bankgeschäfte.

Zuvor wurden die Yakuza als normale Kunden bedient, oft sogar als Vorzugskunden. Seither zwingt das neue Gesetz viele Firmen, ihre langjährigen Verbindungen zur Yakuza zu kappen. Allerdings nicht, weil sie bestraft würden; es gibt bisher kein Strafmaß für Verstöße. Aber sie fürchten um ihren Ruf, falls ihre Klüngeleien mit der Yakuza publik würden. Dann liefen ihnen die Kunden weg wie derzeit der Mizuho-Bank, einer der drei Mega-Banken Japans. Diese indirekte Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist nötig geworden, weil es in Japan bis heute nicht verboten ist, Mitglied der Yakuza zu sein.

Viele der zur Zeit 63.000 Yakuza sind namentlich bekannt, besonders die Bosse, die in der Politik gut vernetzt sind - gerade auch in Abes liberaldemokratischer Partei. Deswegen hat ein Gesetz, das die Yakuza-Mitgliedschaft kriminalisiert, im Parlament keine Chance. Ohnehin reagiert Tokio mit den Maßnahmen gegen die "asozialen Gruppen", wie die Yakuza offiziell genannt werden, vor allem auf Druck von außen: US-Präsident Obama hat die Yakuza zur "transnationalen kriminellen Organisation" erklärt. Das berechtigt US-Behörden, Yakuza-Besitzungen zu beschlagnahmen. Zahlreiche Bankkonten haben sie bereits eingefroren.

Schutzgeld, Drogenhandel, Zuhälterei, Menschenhandel

Die Yakuza ist einst aus Gruppen von Marktfahrern und Organisatoren illegaler Geldwetten entstanden. In den vergangenen Jahrzehnten waren die Erpressung von Schutzgeld, der Drogenhandel und -Schmuggel, die Zuhälterei, der Menschenhandel und das gewaltsame Eintreiben von Schulden ihre Haupteinnahmequellen.

Außerdem soll sie für Nordkorea Falschgeld, gefälschte Markenzigaretten und Drogen vertrieben haben. Zu ihren jüngsten Aktivitäten gehört die Geldwäsche. Andrerseits gilt für alle Yakuza ein Ehrenkodex. Sie dürfen nicht stehlen und kleinen Leuten kein Leid zufügen, sondern müssen ihnen helfen.

Seit 1991 ein erstes Anti-Yakuza-Gesetz eingeführt wurde, haben alle regionalen Banden zunehmend in die legale Wirtschaft expandiert. Sie besitzen Immobilien, mischen in der Müllverwertung mit, betreiben Agenturen für die Vermittlung von Zeitarbeitern, auch für die Reinigung von Kernkraftwerken und das Aufräumen in Fukushima, sie kontrollieren große Teile der Unterhaltungsindustrie und spekulieren an der Börse. Dabei sollen sie auch Kurse manipulieren. Das alles ist im Prinzip bekannt und wird in Japan schulterzuckend hingenommen, solange niemand Namen nennt.

Banken fordern Gangster-Kunden auf, ihr Guthaben abzuholen

Vergangenen September jedoch wurde der Mizuho-Bank vorgeworfen, eine ihrer Tochterbanken habe Yakuza-Mitgliedern Konsumkredite gewährt, mit denen sie Autos kauften. Die Firmenleitung redete sich zuerst auf eine Unachtsamkeit kleiner Angestellter hinaus, musste aber bald zugeben: der Präsident von Mizuho wusste Bescheid.

Die Agentur für Finanzdienstleistungen (FSA) wies Mizuho an, ihre Yakuza-Kunden aufzugeben. Nun will die FSA Mizuho und die beiden anderen Megabanken selbst auf Yakuza-Verbindungen überprüfen. Das sei der falsche Ansatz, meint ein ehemaliger Banker, will damit aber nicht zitiert werden. "Die Yakuza ziehen kleine Banken vor." Das traf auch im vorliegenden Falle zu.

Kunden der Großbank wurden die Kriminellen nur, weil Mizuho die kleine "Orient-Bank", von der sie ihre Kredite erhielten, vor drei Jahren geschluckt hat. "Wahrscheinlich haben alle Kleinbanken, die Konsumkredite vergeben, Verbindungen zur Yakuza", vermutet der frühere Banker. Mizuho sehe keinen anderen Weg, als alle verdächtigen Bankkonten und Kredite abzuwickeln, sagte ein Sprecher der Bank. Auch andere Geldinstitute sollen Bündel von Banknoten bereitgestellt und die Gangster-Kunden aufgefordert haben, ihre Guthaben in bar abzuholen.

Vor kurzem gelangte die Shinsei-Bank mit dem Eingeständnis an die Öffentlichkeit, auch sie habe in ihren Büchern "Dutzende Yakuza-Kunden" gefunden. Finanzminister Taro Aso lobte die Bank für ihre "Offenheit". Umgekehrt wunderte sich die Wirtschaftszeitung Nikkei, warum man im Ausland von einem Yakuza-Skandal spreche. Sie gab zu bedenken, es sei für eine Bank schwierig festzustellen, wer ein Yakuza sei. Außerdem fürchteten sie, ihre Angestellten würden bedroht, wenn die Bank einem Yakuza Kredite verweigere. Wie oft, wenn sich in Japan Privatfirmen in Schwierigkeiten bringen, will nun der Staat einspringen.

© SZ vom 20.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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