Japan:Vereint gegen Trump

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Die EU will ein Zeichen für freien Handel setzen und das Abkommen mit Japan bis Ende des Jahres abschließen. Vorbild ist der umstrittene Ceta-Vertrag der EU mit Kanada. Die Japaner sind misstrauisch, die EU drängt auf einen speziellen Investorenschutz.

Von Daniel Brössler und Alexander Mühlauer, Brüssel

Es ist auch Höflichkeit, aber es ist mehr als das. "Von Herzen" gratuliert der Gast aus Japan zum 60. Geburtstag, den die Europäische Union am kommenden Samstag in Rom begeht. "Die Welt braucht mehr denn je ein starkes und vereintes Europa", verkündet Ministerpräsident Shinzō Abe. Das sind die Worte, die seine Gastgeber in Brüssel hören wollen, weil sie Abe so wohltuend unterscheiden von Donald Trump, der in seinem Verhältnis zur EU irgendwo zwischen Feindseligkeit und Gleichgültigkeit changiert.

Abe ist nach Brüssel gekommen, um die Schlussarbeiten an einem Freihandels- und Partnerschaftsabkommen zwischen Japan und der EU voran zu bringen. In Zeiten protektionistischer Gefahr gehe es darum, "die Flagge des Freihandels hochzuhalten", sagt er. Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nutzen am Dienstag die Gelegenheit zu ein paar Botschaften Richtung USA. Man bleibe "vereint durch unsere gemeinsamen Werte der liberalen Demokratie", sagt Tusk. Beide Seiten wüssten, dass "Offenheit unsere Volkswirtschaften und Gesellschaften voran bringt", ergänzt Juncker. Und fügt hinzu: "Die EU ist offen für Handel, für fairen Handel." Das gilt freilich nicht nur Trump, sondern auch den Globalisierungsskeptikern in der eigenen Bevölkerung, der Juncker ein "hohes Maß an Transparenz und Bürgerbeteiligung" verspricht. Die Verhandlungen mit Japan befänden sich in der "entscheidenden und hoffentlich finalen Phase", um noch dieses Jahr abgeschlossen zu werden.

Nachdem Trump das geplante Handelsabkommen TPP mit den Pazifik-Staaten, darunter auch Japan, aufgekündigt hat, sucht die Regierung in Tokio nach neuen Märkten. Genau davon will die EU profitieren. In Brüssel weinen die Handelsexperten TPP jedenfalls keine Träne nach. Im Gegenteil. Europa fürchtete unter dem ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama eine Verschiebung der amerikanischen Interessen Richtung Pazifik. Die EU verhandelte mit Obama zwar auch über den Transatlantikpakt TTIP, aber die Priorität in Washington lag klar bei TPP. Nun sind die Europäer entschlossen, jene Lücke zu füllen, welche die USA nach Trumps Abkehr vom Welthandel hinterlassen werden.

Seit vier Jahren verhandelt die EU bereits mit der Regierung in Tokio. Gemeinsam machen beide Wirtschaftsräume mehr als ein Drittel der weltweiten Wirtschaftsleistung aus. Japan ist nach China der zweitgrößte Handelspartner der EU in Asien. Die nächste Verhandlungsrunde soll nun im April in Tokio stattfinden. Die EU verlangt, dass Japan Zölle für europäische Lebensmittel wie Schokolade, Nudeln und Käse streicht, Import-Blockaden für Autos abbaut und seine Märkte bei öffentlichen Beschaffungen für Europas Eisenbahnindustrie öffnet. Im Gegenzug ist die EU bereit, den bisherigen 10-Prozent-Zoll auf Autos aus Japan abzuschaffen und den Zuzug für japanische Führungskräfte zu erleichtern. Außerdem bestehen die Europäer nicht mehr auf einen zollfreien Zugang, um sogenannte "sensible" landwirtschaftliche Produkte wie etwa Rind- und Schweinefleisch nach Japan zu verkaufen.

Aus Sicht der EU gibt es für die Verhandlungen mit Tokio ein klares Vorbild: das Abkommen mit Kanada (Ceta). Dieses ist von der wirtschaftlichen Größe her mit dem anvisierten Japan-Pakt vergleichbar. Für die Regierung in Tokio ist Ceta sowohl Hoffnung als auch Drohung. Aus Sicht der Japaner ist das EU-Kanada-Abkommen modern und umfassend; nur die Art und Weise, wie es zustande kam, macht die Regierung in Tokio misstrauisch. Die Japaner haben gesehen, wie die EU mit Kanada umgegangen ist. Als der Vertrag schon fertig ausgehandelt war, musste er auf Wunsch der Europäer wieder aufgeschnürt werden, um den Investorenschutz neu zu regeln.

Auch beim Japan-Abkommen dringt die EU auf einen Investitionsgerichtshof. Die Japaner wiederum wollen das bisherige System mit möglichen Klagen vor Schiedsgerichten erhalten. Genauso wie die Amerikaner, als sie noch über TTIP verhandeln wollten.

© SZ vom 22.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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