Jahreswechsel:Nicht alles wird 2016 teurer und umständlicher - nur fast alles

Lesezeit: 6 Min.

Elektroschrott musste bislang zur Sammelstelle - jetzt können Verbraucher ihn im Laden lassen. (Foto: Marijan Murat/dpa)
  • Trübe Aussicht für 2016: Krankenkassenbeiträge steigen, Rauchmelder werden Pflicht und das Briefporto wird teurer.
  • Ganz gute Aussichten hingegen: Einige zahlen nächstes Jahr weniger Steuern. Außerdem wird Telefonieren ins Ausland günstiger.

Von Guido Bohsem und Harald Freiberger

Auf fünf Milliarden Euro will Wolfgang Schäuble 2016 verzichten. Diese Summe will der Finanzminister den Steuerzahlern erlassen: Die sogenannte kalte Progression wird abgeschwächt. Der Grundfreibetrag steigt, ebenso erhöhen sich die Kinderfreibeträge und das Kindergeld. Für die meisten Arbeitnehmer bedeutet das eine echte Entlastung. Doch bleibt am Ende weniger davon übrig als vermutet, für manche Arbeitnehmer steht am Ende sogar eine leichte Belastung. Das ergibt sich aus Berechnungen des Professors für Steuerwirkungslehre an der Freien Universität (FU), Frank Hechtner, für die Süddeutsche Zeitung.

Das Leben wird 2016 in vielen Bereichen unangenehmer: Krankenkassen verlangen höhere Beiträge, das Briefporto steigt, Bankkunden müssen sich bei Überweisungen mit der 22-stelligen Iban herumschlagen. Doch es gibt auch Erleichterungen - etwa beim Mobilfunk. Ein Überblick.

Spitzenverdiener sparen Steuern, kleine Einkommen verändern sich weniger

Weil Belastungen der Steuerzahler mit steigendem Einkommen anwachsen, profitieren in der Regel auch die hohen Einkommensklassen am deutlichsten von den Steuersenkungen des kommenden Jahres. Bei absoluten Spitzenverdienern wirkt die Minderung der kalten Progression am stärksten, also das Zusammenspiel von steigendem Einkommenstarif und höherer Inflation. Eine Entlastung von 500 Euro im Jahr ist so möglich. Diese ergibt sich beispielsweise, wenn ein Ehepartner im Monat 42 000 Euro verdient und der andere 4000 Euro und die beiden zwei Kinder haben. In dieser Kombination werden die höheren Beitragsbemessungsgrenzen ausgeglichen, und die Entlastung durch die höheren Freibeträge schlägt voll durch.

Aber auch Familien mit zwei Kindern, deren Einkommen deutlich unter diesem Wert liegt, können mit einer Entlastung rechnen. Diese ist allerdings bei Weitem nicht so hoch. Verdient etwa ein Ehepartner brutto 3000 Euro im Monat und der andere 2000 Euro, so beträgt die jährliche Steuerersparnis immerhin noch 155 Euro. Ein Einzelverdiener mit einem Monats-Einkommen von 4000 Euro muss nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge 128 Euro weniger Steuern im Jahr zahlen. Verdienen die Ehepartner beide gut - jeweils 3500 Euro brutto im Monat - liegt die jährliche Entlastung bei 194 Euro.

Wer ein niedriges Einkommen bezieht, muss weniger Steuern zahlen. Die Entlastung fällt durch die Minderung der kalten Progression also entsprechend geringer aus. Bei einer Familie, in der nur einer monatlich 2000 Euro verdient (verheiratet, zwei Kinder), liegt sie im Jahr bei etwa 80 Euro. Erzielt der Mann ein Einkommen von 2500 Euro und die Frau eines von 1500 Euro sparen sie 124 Euro.

Schlecht sieht es für Familien mit zwei Kindern aus, die zwischen 6000 und 7000 Euro verdienen. Hier kommt es unterm Strich zu einer höheren Belastung. Handelt es sich um einen Einzelverdiener mit einem Bruttoeinkommen von 6250 Euro, so hat er am Ende des Jahres 34 Euro weniger in der Tasche als noch in diesem Jahr. Verdient der andere Ehepartner noch etwas hinzu, verbessert sich die Situation, weil die Freibeträge besser angerechnet werden können. Bei einer Einkommenskombination von 6250 Euro und 1000 Euro ergibt sich aber immer noch ein Minus von 19 Euro im Jahr.

Singles und Kinderlose profitieren

Weil ein guter Teil der Entlastung durch das höhere Kindergeld und die steigenden Kinderfreibeträge herrührt, profitieren Singles und Ehepaare ohne Kinder nicht so stark von den steuerlichen Änderungen. Generell gilt auch hier, dass höhere Einkommen steuerlich tendenziell stärker entlastet werden als niedrigere Einkommen, dieser Effekt wird jedoch zum Teil durch die steigenden Sozialabgaben wettgemacht.

Die höchste Entlastung für Singles ohne Kinder beträgt 127 Euro im Jahr, bei einem monatlichen Einkommen von 6000 Euro. Wer allerdings 500 Euro mehr verdient, muss wegen der steigenden Beitragsbemessungsgrenze für die Rente draufzahlen. Er hat im kommenden Jahr 20 Euro weniger in der Tasche als noch 2015.

Für kinderlose Ehepaare sieht es ähnlich aus. Auch hier ergeben sich für Spitzenverdiener Entlastungen von bis zu 400 Euro im Jahr. Verdient das Paar zwischen 6000 und 7500 Euro im Monat müssen sie draufzahlen - um bis zu 66 Euro im Jahr.

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Überprüfen Sie hier die steuerliche Be- oder Entlastung für Ehepaare mit zwei Kindern, Ehepaare ohne Kinder, Alleinerziehende oder Singles.

Veränderungen für Gesetzlich Versicherte

Die große Koalition hat in diesem Jahr gesundheitspolitisch rangeklotzt. Weil die Reformen für alle Beteiligten des Systems Mehreinnahmen bringen und es den meisten Kassen immer noch sehr gut geht, hat die Gesetzgebungswelle keine größeren Proteste ausgelöst. Sogar die Krankenhaus-Lobbyisten waren am Ende zufrieden mit den zusätzlichen Milliarden, die ihnen die Koalition zugedacht hat.

Am deutlichsten dürften die Versicherten die Änderungen anhand der steigenden Beiträge absehen. Im Durchschnitt steigt der Zusatzbeitrag der Kassen um 0,2 Prozent. Der gesamte Beitrag liegt damit in der Regel bei 15,7 Prozent. Wobei es allerdings immer noch möglich ist, zu deutlich günstigeren Kassen zu wechseln. Schließlich gibt es ein Sonderkündigungsrecht, wenn der Beitrag steigt. Kassen, deren Beitrag überdurchschnittlich steigt, müssen auf billigere Konkurrenten hinweisen.

Wer sich in der Vergangenheit darüber geärgert hat, nicht schnell genug einen Termin bei einem Facharzt zu bekommen, kann zumindest auf Besserung hoffen. Künftig sollen nämlich die sogenannten Terminservicestellen bei der Suche helfen und die Wartezeit auf vier Wochen begrenzen. Ein Anspruch auf einen bestimmten Arzt besteht dabei nicht. Bis zum 23. Januar soll es eine Regelung geben.

Versicherte können sich auch weiterhin bei der Unabhängigen Patientenberatung (UPD) über ihre Rechte informieren oder auch über gängige Behandlungsmethoden und Arztrechnungen. Der Unterschied ist, dass die UPD im kommenden Jahr von einem anderen Träger betrieben werden soll. Dieser will die Erreichbarkeit vor allem über das Telefon und das Internet deutlich verbessern. So sollen die Berater wochentags bis 22 Uhr erreichbar sein und samstags bis 18 Uhr. An 30 Standorten sollen Büros für persönliche Beratung eröffnet werden.

Bis zum Jahr 2018 sollen insgesamt 660 Millionen Euro und danach 330 Millionen Euro pro Jahr in zusätzliche Stellen für Pflegekräfte fließen. Die Krankenhäuser werden zudem stärker in die ambulante Notfallversorgung einbezogen. So sollen die niedergelassenen Ärzte in oder an den Kliniken Notdienstpraxen betreiben. Geschieht das nicht, können die Kliniken den Notdienst übernehmen.

Änderungen gibt es auch in der Pflegeversicherung. So sollen pflegende Angehörige einen Anspruch auf Pflegeberatung erhalten. Zudem sollen neue Personalschlüssel für die Pflegeeinrichtungen festgelegt werden. Damit soll die Umstellung des Pflegebegriffs vorbereitet werden.

Veränderungen für Hausbesitzer

2016 müssen auch die letzten Hausbesitzer dafür sorgen, dass ihre Immobilie mit Rauchmeldern ausgestattet ist. In den meisten Bundesländern sind solche Piepser in Schlafräumen, Kinderzimmern und auf Fluren bei Neubauten schon vorgeschrieben. Im nächsten Jahr folgt Sachsen, auch Berlin und Brandenburg haben die Rauchmelderpflicht angekündigt. Für bestehende Gebäude müssen ab Anfang 2016 in Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt Rauchmelder installiert werden, bis Ende 2016 auch in Nordrhein-Westfalen.

Wer ein neues Haus baut, muss ab 2016 strengere Energiespar-Vorgaben einhalten. Für Heizung und Warmwasser darf dann nur noch drei Viertel der Energiemenge benötigt werden, die bislang zulässig ist. Dabei spielt es auch eine Rolle, aus welchen Quellen die Energie stammt. Die Nutzung erneuerbarer Energien hält den Wert niedriger als das Heizen mit Öl oder Gas.

Bankkunden

Wer künftig den Freistellungsauftrag für Kapitalerträge nutzen will, muss daran denken, seine Steuer-Identifikationsnummer (Steuer-ID) der Bank mitzuteilen. Denn ohne die ID ist der Freistellungsauftrag künftig ungültig. Das kostet Bankkunden bares Geld. Der Auftrag sorgt dafür, dass die Bank von Kapitaleinkünften ihrer Kunden, also Zinsen oder Dividenden, nicht automatisch die Abgeltungsteuer von 25 Prozent abführt. Der Freibetrag liegt bei 801 Euro für Singles und bei 1602 Euro für Verheiratete. Er kann auch auf mehrere Kreditinstitute verteilt werden, diese brauchen aber dann alle die ID. Bei Gemeinschaftskonten müssen beide Partner ihre Steuer-ID weitergeben.

Etwas später, am 1. Februar, ist ein wichtiger Stichtag für Banküberweisungen: Ab diesem Tag müssen auch Privatleute auf dem Formular oder auf der Maske für das Onlinebanking die 22-stellige Iban angeben. Für Firmen war dies bisher schon vorgeschrieben. Die Iban, die wegen der Vereinheitlichung des europäischen Zahlungsverkehrs eingeführt wurde, hatte anfangs einen schlechten Ruf, sie wurde auch "Iban, die Schreckliche" genannt. Einige Onlinebanken haben sie für Privatkunden schon eingeführt, und diese stellen fest, dass die Nummer gar nicht so schrecklich ist. Sie besteht aus der bisherigen Kontonummer und der Bankleitzahl. Neu hinzu kommen davor nur die Buchstaben DE und eine zweistellige individuelle Prüfziffer. Die Iban ist bei der Bank zu erfahren, lässt sich aber auch im Internet über einen Iban-Rechner herausfinden.

Postkunden

Briefporto
:Acht Cent mehr aufs Kuvert

So stark wurde das Porto seit fast 30 Jahren nicht erhöht. Aber wie teuer sind 70 Cent pro Brief wirklich?

Von Varinia Bernau

Für Postkunden wird es ab 1. Januar teurer: Das Porto für einen Standardbrief bis 20 Gramm steigt von 62 auf 70 Cent. Damit alte Briefmarken weiter brauchbar sind, bietet die Post Ausgleichsmarken über acht Cent an. Das Porto für Standardbriefe und Postkarten ins Ausland steigt von 80 auf 90 Cent, für Großbriefe bis 500 Gramm von 3,45 auf 3,55 Cent. Auch der Aufschlag für Einschreiben erhöht sich von 1,80 auf 2,15 Euro. Wer innerhalb Deutschland Wertvolles verschicken möchte - bis zu 100 Euro Bargeld oder 500 Euro Sachwert -, zahlt künftig auf das normale Porto einen Aufpreis von 4,30 statt bisher 3,95 Euro.

Elektrokunden

Leichter wird es künftig für Verbraucher, ihre Elektro- und Elektronikgeräte zu entsorgen. Bisher mussten sie dies getrennt vom Hausmüll bei kommunalen Sammelstellen tun. Ab 24. Juli 2016 sind auch große Fachgeschäfte verpflichtet, die Geräte zurückzunehmen. Die Regelung gilt für große Elektronikketten, nicht aber für Supermärkte oder Discounter, die nur wenige Elektrogeräte anbieten. Kleine Geräte wie Smartphones oder Toaster müssen die Großhändler in jedem Fall zurücknehmen. Bei großen Geräten wie einem Fernseher oder einem Computerbildschirm ist die Rücknahme nur verpflichtend, wenn der Kunde ein gleichwertiges neues Gerät kauft. Der Kunde muss bei der Rückgabe keinen Kaufbon vorlegen.

Handykunden

Entscheidung im Bundestag
:Was das neue Elektrogesetz für Verbraucher und Händler bedeutet

Viele Elektrogeräte landen im Hausmüll - so gehen wertvolle Rohstoffe verloren. Ein neues Gesetz verpflichtet nun Unternehmen, Elektroschrott zurückzunehmen.

Telefonieren im Ausland war in der Vergangenheit enorm teuer. Schon bisher schob die EU der Gebührenschneiderei einen Riegel vor, künftig wird es noch etwas günstiger. So galt für SMS aus dem europäischen Ausland nach Deutschland eine Obergrenze von 6 Cent, für Anrufe von 19 Cent pro Minute und für das Surfen im Internet 20 Cent pro Megabyte Daten. Dies wird künftig abgelöst durch maximale Aufschläge zum jeweiligen Tarif, den der Handykunde im Inland zahlt. Telefonate aus dem EU-Ausland dürfen dann höchstens fünf Cent mehr pro Minute kosten als der Inlandstarif, SMS zwei Cent mehr und ein Megabyte Daten fünf Cent mehr.

© SZ vom 29.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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