Italien:Sommer, Sonne, Steuerfahnder

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Italiens Strände sind voll, aber sie ziehen nicht nur Touristen an. Momentan macht die Finanzpolizei in Strandbädern Jagd auf Steuerhinterzieher. Bei Liegen und Sonnenschirmen geht es in Italien nämlich oft nicht mit rechten Dingen zu.

Andrea Bachstein

Tutti al mare, heißt es zur Zeit. Rom ist eine verlassene Stadt. Wenn in der zweiten Augusthälfte auch nicht alle am Meer sind, Touristen und betagte Römer bleiben dennoch weitgehend unter sich. Der Höhepunkt der Leere sind die Tage um Ferragosto, Mariä Himmelfahrt. Selbst die, die zur wachsenden Zahl derer gehören, die sich keine richtige Urlaubsreise leisten können, wollen sich dann wenigstens einen Ausflug an die überfüllten Strände nahe der Hauptstadt gönnen.

Ein voller Strand in Viareggio. (Foto: DPA)

Auch die Steuerfahnder der Finanzpolizei hat es jetzt dorthin gezogen. Während die Gäste der Strandbäder sich Sonnenschein und dolce far niente hingaben, haben sich die Beamten ans Zählen von Liegestühlen und bunten Strandschirmen gemacht und nachgerechnet.

Es sind erst Stichproben, die Kontrollen gehen den ganzen Sommer über weiter, aber was Guardia di Finanza und die Leute vom Steueramt auf den ersten Blick festgestellt haben, macht Eindruck: Die zwischen Fregene, Ostia und Nettuno überprüften Strandbäder geben fast die Hälfte ihrer Einkünfte nicht an.

Irregulär beschäftigtes Personal, falsche Zahlen über vermietete Schirme und Liegen, fehlende Kassenbons an der Bar - vergangenes Jahr, schätzen die Behörden, sind so an den Stränden im Umkreis Roms fünf Millionen Euro an Steuern nicht entrichtet worden.

Der Verband der Balneari protestiert nun, alle Badebesitzer würden wegen schwarzer Schafe als Steuersünder dargestellt. Die Einkommenserklärungen würden ja erst noch eingereicht. Offiziell beläuft sich das Geschäft mit Strandbädern in ganz Italien jedes Jahr auf zwei Milliarden Euro.

25.000 Strandpachten hat der Staat vergeben und bekommt dafür 97 Millionen Euro im Jahr - 24,20 Euro zahlen die Konzessionäre für jeden Längenmeter Strand. Fast genau so viel müssen Badegäste in Latium und Ligurien durchschnittlich für Schirm und Liegen ausgeben.

Regional sind die Preise ziemlich verschieden, ganz im Süden, in Kalabrien, zahlt man für das Gleiche lediglich zehn Euro. Und natürlich variieren die Preise der Badeanstalten je nach Lage und Leistung enorm. Ein italienischer Strandtag im Bagno für eine Familie ist aber generell nicht billig: Mit Eis und Getränken, hat die Verbraucherorganisation Adoc ausgerechnet, läppert er sich für vier Personen im Schnitt auf 97 Euro.

Wer billiger oder umsonst baden gehen will, kann stattdessen an freie Strände gehen, an die Spiagge libere oder communali. Es sind schöne darunter, an denen es auch Bars und Liegenvermieter gibt, wie an den Dünen der römischen "Cancelli" südlich von Ostia. Allerdings: Besonders sauber sind die freien Strände nicht überall, man muss auf Duschen und Toiletten verzichten, und - wenn überhaupt - halten Rettungsschwimmer dort nur am Wochenende Wacht.

Am selben Meer, aber in einer anderen Welt, wird am Strand nicht gespart: Im exklusiven Twiga Beach Club bei Forte Dei Marmi in der Toskana kostet der Tag für zwei Personen 250 Euro, dafür liegt man dort zwischen VIPs unter einem Baldachin. Und 500 Euro muss ein Paar in Porto Cervo auf Sardinien am Strand eines Luxushotels zahlen. Ob das viele Geld, das an solchen Orten ausgegeben wird, versteuert wird, ist eine ganz andere Frage.

© SZ vom 18.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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