Indexmietverträge:Wie Vermieter die Inflation nutzen

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Goldene Fassade eines Neubaus für Eigentumswohnungen im Mainzer Zollhafen. (Foto: Sebastian Gollnow/picture alliance/dpa)

Hauseigentümer schließen häufiger Mietverträge ab, die sich an der Inflation orientieren. Das kann teuer werden - und der Vermieter kann manchmal sogar noch mehr draufschlagen.

Von Roland Preuß, Berlin

Katsche Platz ahnte es schon, er wusste ja, dass die Klausel in seinem Mietvertrag steht. Aber als dann der Brief kam - "erfreut ist man da ja nicht", sagt er. Platz wohnt in einer Mietwohnung in Hamburg. Sechs bis sieben Prozent mehr Miete will der Eigentümer, das mache etwa 70 bis 80 Euro im Monat aus, sagt der Digitaldesigner. Er bildet damit die Vorhut für viele Mieter, die nun ähnliches erwartet: Eine höhere Miete, weil die allgemeine Inflation zugenommen hat. Sie haben einen Vertrag, der eine Indexmiete vorsieht und damit Erhöhungen zulässt parallel zur amtlichen Preissteigerung. Im März lag die bei satten 7,3 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte.

Jahrelang lief es gut für Menschen mit einem Indexmietvertrag. Seit 2012 rangierte die Steigerung bei den Verbraucherpreisen stets unter zwei Prozent, während vor allem in Deutschlands Großstädten viele Mieter schon wegen schmerzhafter Erhöhungen oder erstaunlicher Aufschläge bei Neuvermietungen stöhnten. Noch 2020 stiegen die Verbraucherpreise um gerade einmal 0,5 Prozent. Mit dem Jahr 2021 änderte sich das, vor allem seit dem Herbst, als die Preise für Brennstoffe wie Öl und Gas nach oben schossen.

Derweil sind Mietverträge mit einer Indexklausel immer beliebter geworden. Der Mieterverein Hamburg stellt einen "signifikanten Anstieg der Indexmieten" fest. Schätzungsweise die Hälfte der Neuverträge enthielten eine solche Klausel oder eine Staffelmiete, ausgenommen Genossenschaften und der städtische Wohnungskonzern Saga. Bei Staffelmieten werden die künftigen Erhöhung schon vorher im Vertrag festgehalten, zum Beispiel zwei Prozent pro Jahr. Indexmieten dagegen sind flexibel, sie folgen der Inflation.

Vom Mieterbund Bonn/Rhein-Sieg/Ahr heißt es, man prüfe "inzwischen recht oft Indexmieterhöhungen" oder Verträge mit solchen Klauseln. Vor etwa zehn bis 15 Jahren sei dies nur bei Mietverträgen für Firmen und anderes Gewerbe üblich gewesen. Auch der Mieterverein München spricht von einer Zunahme. Das bestätigt der Eigentümer-Verband Haus und Grund München. "60 bis 70 Prozent der Neuverträge im Großraum München enthalten eine Indexregelung", sagte der Vorsitzende von Haus und Grund München, Rudolf Stürzer. Nach eigenen Angaben vertritt der Verband Vermieter von 400 000 Wohnungen. Etwa 40 Prozent von ihnen seien inzwischen über Indexverträge vergeben, sagt Stürzer. "Staffelmieten sind dagegen im Augenblick ziemlich out, weil da nur nach starren Zahlen erhöht wird."

Indexmieten sind unkompliziert - auch für Mieter

Die Indexmiete sei eine gute Sache, weil sie Streit vermeide, sagt der Rechtsanwalt Stürzer. Die ansonsten mögliche Erhöhung nach dem Mietspiegel sei dagegen sehr kompliziert. "Der Mietspiegel in München ist 24 Seiten stark, da streiten sich Mieter und Vermieter dann, ob das Bad 1,80 Meter oder 1,90 hoch gefliest ist", sagt Stürzer, weil das Einfluss auf den Mietpreis haben könne. Bei der Indexmiete dagegen ist die Sache klar. Es gibt einen amtlichen Index, man kann den Verlauf sogar auf einer Seite des Statistischen Bundesamtes nachvollziehen.

Auch bei dem Eigentümerverband häufen sich derzeit die Anfragen zur Indexmiete, nur eben aus der anderen Perspektive: Kann ich die allgemeine Preissteigerung an meine Mieter weitergeben? "Ja, kann der Vermieter", sagt Stürzer. "Wir empfehlen weiterhin die Indexmiete verbunden mit dem Rat, die Spanne nicht unbedingt voll auszuschöpfen." Viele Vermieter täten dies ohnehin nicht, weil sie ein gutes Verhältnis zu ihrem Mieter wünschten.

Beim Deutschen Mieterbund (DMB) in Berlin klingt man da weniger euphorisch. Es stimme schon, sagt Mieterbund-Sprecherin Jutta Hartmann, die Indexmiete sei vergleichsweise einfach und gut nachvollziehbar durch den Rechner des Statistischen Bundesamtes. Zudem sei eine Erhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete - der Schrecken vieler Mieter - beim Indexmodell ausgeschlossen.

"Für Vermieter eine feine Sache"

Andererseits hätten die Leute aber auch keine Handhabe, wenn die Preissteigerung so hoch sei wie derzeit. "Da kann man als Mieter nichts machen", sagt Hartmann. Auch die Kappungsgrenze, ein Instrument zur Begrenzung der Mieterhöhung, greife bei Indexmieten nicht. "Das ist für Vermieter eine feine Sache."

Der Eigentümer müsse allerdings einige formale Regeln einhalten, betont der Mieterbund. Die Indexmiete muss laut Gesetz mindestens ein Jahr unverändert bleiben. Eine Erhöhung muss in Textform angekündigt und darf erst im übernächsten Monat wirksam werden.

Wenn der Mieter Pech hat, werde er zudem doppelt belastet, sagt Hartmann. Erstens durch die Indexmiete, zweitens durch Kosten für eine Sanierung, die der Vermieter umlegen darf. Dies ist der Fall, wenn er gesetzlich zu einer Modernisierung verpflichtet ist, etwa zum Austausch der Heizungsanlage. Das kommt dann auf die Erhöhung der Indexmiete obendrauf.

Katsche Platz, der Hamburger Mieter, stellt sich schon auf weitere Erhöhungen ein. Dagegen vorgehen werde er nicht, sagt Platz, er sei eigentlich froh über den "sehr kulanten Hauseigentümer".

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