Immobilien:Teurer, immer teurer

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Berlin ist immer noch attraktiv. Experten erwarten, dass die Immobilienpreise weiter steigen. (Foto: Sean Gallup/Getty Images)
  • Die deutsche Wirtschaft wird 2019 weniger stark wachsen als in den Vorjahren.
  • Die niedrigen Bauzinsen, ein starker Motor für den seit Jahren anhaltenden Immobilienaufschwung, können eigentlich nur noch steigen.
  • Gleichzeitig ist Mieten oder der Hauskauf für viele Menschen längst unbezahlbar geworden. Experten sehen jedoch keine Trendwende.

Von Thomas Öchsner, München

435 000 Euro für eine 50 Quadratmeter große 2-Zimmer-Wohnung in München, 1850 Euro Kaltmiete für eine Fünf-Zimmer-Wohnung in Berlin-Kreuzberg, 950 000 für einen Bungalow in Utting am Ammersee. Bei den Miet- und Kaufpreisen für Immobilien scheint es in vielen Städten und Gemeinden keine Grenze nach oben zu geben. Wohnen wird dort immer teurer. Aber wie lange noch?

Eigentlich sieht es nach einem Ende der Party für Investoren auf dem Immobilienmarkt aus. Die Wirtschaft in Deutschland wird 2019 nicht mehr so stark wachsen. Die niedrigen Bauzinsen, ein starker Motor für den seit Jahren anhaltenden Immobilienaufschwung, können eigentlich nur noch steigen. Und mieten oder ein Haus kaufen ist längst für viele Menschen unbezahlbar geworden. Trotzdem sehen Experten keine Trendwende. Doch der Preis fürs Wohnen dürfte in Zukunft nicht mehr in den Großstädten am stärksten steigen.

Die Top-7-Großstädte

In den sieben Metropolstädten Berlin, Hamburg, München, Stuttgart, Frankfurt Düsseldorf und Köln wurde es im vergangenen und wird es auch im neuen Jahr teurer. Im dritten Quartal 2018 erhöhten sich zum Beispiel die angebotenen Kaufpreise für Eigentumswohnungen binnen zwölf Monate um fast zwölf Prozent. Die inserierten Mietpreise hinken nach Angaben des unabhängigen Empirica-Instituts mit einem Plus von knapp sechs Prozent etwas hinterher. Teuerste Stadt ist und bleibt München:

Einig sind sich die Experten, dass es in diesen Top-7-Städten mit den Preisen weiter aufwärts geht, wenn auch wahrscheinlich nicht mehr so rasant wie bisher. Nach wie vor wird zu wenig gebaut, für Durchschnittsverdiener gibt es zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Immobilien bleiben mangels Alternativen als Kapitalanlage gefragt. Und an Geld fehlt es vermögenden Anlegern und Investoren aus dem Ausland auch nicht. "Die Mietpreise in den Top-7-Städten werden weiter nach oben gehen", sagt etwa Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). So sieht es auch Reiner Braun, Geschäftsführer von Empirica. Die verschärfte Mietpreisbremse könne daran kaum etwas ändern. "Wenn potenzielle Mieter unbedingt eine Wohnung haben wollten, werden sie die Bremse sicherlich nicht nutzen", sagt er.

Braun rechnet wie Voigtländer damit, dass auch die Kaufpreise in diesen Metropolen weiter steigen, "am stärksten wahrscheinlich in Berlin, in München eher nicht mehr so stark wie zuletzt". Braun hält aber nach wie vor an der Prognose fest, dass es in absehbarer Zeit, das könne in zwei oder auch in fünf Jahren sein, in Städten wie München oder Stuttgart einen Rückschlag geben wird. "Viele Kapitalanleger haben nur wegen der niedrigen Hypothekenzinsen investiert. Sie spekulieren dort auf weiter steigende Immobilienpreise, obwohl die Mieten nicht in gleichem Ausmaß gestiegen sind. Wenn die Zinsen wieder steigen oder es einen Konjunktureinbruch gibt, könnten die Kaufpreise für Mietwohnungen deshalb dort durchaus um bis zu einem Drittel sinken." Braun ist mit dieser Prognose jedoch ziemlich allein.

Auch im Umland der Metropolen wird's teurer, erst recht, wenn es per Regionalzug oder S-Bahn schnell in die nahe Großstadt geht. Braun rechnet damit, dass die Mietpreise in diesen Speckgürteln noch stärker zulegen als in den Großstädten. Denn der Zuzug raus ins Umland hält an, und das treibt die Preise nach oben.

Gerade junge Familien pendeln lieber, weil es ihnen günstiger erscheint oder brauchen mehr Platz, weil Kinder kommen. Viele verlassen die Großstadt aber nicht freiwillig. "Hier werden Geringverdiener oder Familien, deren Einkommen für die hohen Mieten nicht reicht, aus den Großstädten verdrängt. Wenn dort für sie wieder Platz wäre, würden viele zurückgehen", sagt Braun.

Die neuen Schwarmstädte

Große Immobilieninvestoren haben sie längst entdeckt: die Städte in der zweiten Reihe. Nur die Favoriten wechseln. Standorte wie Heidelberg, Ingolstadt oder Freiburg gelten mittlerweile als zu teuer. Jetzt schauen Investoren auf Städte wie Passau, Schwerin, Halle, Heilbronn oder Bamberg. Städte, die vom Zuzug profitieren, weil das Wohnen dort noch günstiger ist - und wo aus Sicht der Investoren die Kaufpreise noch niedriger sind und mehr Spielraum für Mieterhöhungen besteht.

Mainz oder Bremen, heißt es in einer Analyse von Empirica, wachsen "mittlerweile schneller als Berlin, während die Hauptstadt zunehmend Menschen ans Umland verliert". Braun erwartet den stärksten Mietanstieg nicht nur "im Umland der Top-7-Städte, sondern auch in den Schwarmstädten im Osten wie im Westen des Landes".

Der wiederentdeckte Osten

Wohnen ist in Ostdeutschland immer noch viel günstiger als im Westen. Mit Ausnahme von Berlin, heißt es in einer Analyse für TAG Immobilien, geben die Haushalte in 26 von 27 untersuchten Ost-Städten weniger als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens fürs Wohnen aus - dem Wert, der als Obergrenze für bezahlbares Wohnen gilt. Der Wohnungsmarkt im Osten wird deshalb gerade wiederentdeckt. Die Leerstandsrate sinkt. Die Zahl der Arbeitslosen ist drastisch zurückgegangen, während Löhne und Kaufkraft steigen.

Städte wie Strausberg, Eberswalde im Umfeld von Berlin, Halle, Greifswald oder Schwerin rücken dadurch ins Blickfeld von Investoren. Überall dort haben sich Mieten und Kaufpreise bereits zum Teil erhöht, und der Trend geht weiter nach oben. IW-Experte Voigtländer sieht, dass "sich im Osten etwas tut", warnt aber potenzielle Käufer vor zu viel Euphorie. Eine höhere Mietrendite bedeute immer auch ein höheres Risiko, sagt der Ökonom. TAG Immobilien investiert dort jedenfalls. Mitunter schaffe man sich auch die Nachfrage, wenn attraktive Wohnungen fehlen, sagt Claudia Hoyer, Vorstandsmitglied von TAG. "Beispielsweise haben wir in Chemnitz Maisonette-Wohnungen in Plattenbauten eingerichtet."

© SZ vom 07.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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