Finanzen:So überlisten Sie die Geldfresser

  • Haushaltsbücher sind aus der Mode gekommen: Nur noch wenige Deutsche führen Protokoll über ihre Einnahmen und Ausgaben.
  • Es hat jedoch Nachteile, nie zu schauen, wofür das Geld so draufgeht: Wer nichts notiert, verliert schnell den Überblick.
  • Wenn das Haushaltsbuch eine Zukunft hat, dann liegt sie im Smartphone - etwa in Form von Apps oder neuen Funktionen im Online-Banking.

Von Lea Hampel

20 000 Seiten sind von Johann Wolfgang von Goethe überliefert. In Haushaltsbüchern aus 57 Jahren ist nachzulesen, dass der Erschaffer des "Faust" Geld für das Futter eines Fuchses ausgab, der zu seinem Haushalt gehörte, aber auch fürs Lotto-Spielen und für teure Wäsche. Wohl wenige Menschen können heute eine ähnliche Übersicht vorweisen. Das Haushaltsbuch, einst weit verbreitet, kommt aus der Mode. Die Zahlen variieren, laut einer Befragung von 1000 Bundesbürgern im vergangenen Jahr für das Unternehmen Creditplus führt immerhin jeder Dritte Buch über seine Einnahmen und Ausgaben. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2009 war es schon damals unter unverheiratet Zusammenlebenden nur jeder Zehnte - und das, obwohl Apps und Software es heute einfacher machen als je zuvor.

Heute dürfte es häufiger Katzen- statt Fuchsfutter sein, dazu ein Kaffee hier, ein T-Shirt dort, dazwischen Klopapier, doch wie einst gilt: Es hat große Nachteile, nie zu schauen, wofür das Geld so drauf geht. Wer nichts notiert, verliert den Überblick. Gerade kleine und mittlere Beträge schlagen stärker zu Buche, als man vermutet. Ein Klassiker, sagt Annabel Oelmann, Vorständin und Finanzexpertin bei der Verbraucherzentrale Bremen, sei Essengehen. "Das wird gnadenlos unterschätzt."

Doch die meisten Menschen verkalkulieren sich auch bei Fixkosten. "Manche wissen nicht mal genau, welche Kosten ihr Haus verursacht oder wie viel sie im Monat für ihren Handyvertrag zahlen", sagt Oelmann. Verschärft wird das dadurch, dass viele Posten automatisch abgebucht werden. Eva Richter arbeitet seit 22 Jahren bei der Schuldner- und Insolvenzberatung des Evangelisches Hilfswerks München. "Gerade bei bargeldlosem Zahlungsverkehr geht jeglicher Überblick verloren", sagt sie. "Wenn ich mir vorstelle, dass künftig immer öfter mit dem Handy bezahlt wird, wird mir angst und bange." Dass Kontoauszüge zunehmend digital verschickt werden, macht es noch schwieriger. Da wundert es wenig, dass 2018 fast sieben Millionen Deutsche überschuldet waren.

Doch wo anfangen? Noch verwendet Umfragen zufolge die Mehrheit derjenigen, die ihre Ausgaben protokollieren, ein Buch und einen Stift. Das hat den Vorteil, dass der Akt, es aufzuschreiben, bewusst stattfindet - auch Schuldnerberaterin Richter praktiziert das mit ihren Klienten. Übersichtlicher und hilfreicher wird es mit digitalen Hilfsmitteln. Vor allem seit den 1990er-Jahren gibt es zahlreiche Computerprogramme. Meist als Tabellen aufgebaut, trägt man in die Zeilen Einnahmen und Ausgaben nach Zweck ein. Je nach Ausführung muss man regelmäßige Ausgaben nicht wiederholt eingeben und kann sich Grafiken erstellen lassen, beispielsweise dafür, welchen Anteil Kleidung an den Ausgaben im Jahr ausgemacht hat.

Auch Banken setzen immer öfter auf solche Angebote. Sparkassen bieten einen digitalen Haushaltsplaner, Volks- und Raiffeisenbanken haben seit fünf Jahren einen "Finanzmanager". Bei dem Programm sind zwei Millionen Nutzer angemeldet, man sieht Kontodaten, kann aber auch Bargeldverkehr eintragen. "Es ging darum, einen ganzheitlichen Blick zu geben und Mehrwert für den Kunden zu schaffen", sagt Philip Ade, der das Programm mitentwickelt hat.

Wenn das Haushaltsbuch eine Zukunft hat, dann liegt sie im Smartphone

Die Idee liegt nahe: Je weniger Kunden in die Filiale kommen, umso wichtiger ist der digitale Kontakt - Werkzeuge wie der Finanzmanager helfen dabei, diesen Austausch aufrecht zu erhalten und den Kunden beispielsweise bei der Liquiditätsplanung zu betreuen. Seit der Einführung wurde das Programm weiterentwickelt. Gern nutzen Kunden etwa die Möglichkeit, anhand bisheriger Kosten ihr Budget fürs kommende Jahr zu berechnen.

Der Finanzmanager ist laut Angaben der Volks- und Raiffeisenbanken auch das erste Programm, das es in Verbindung mit einer App gab. Denn wenn das Haushaltsbuch eine Zukunft haben sollte, liegt sie da, wo inzwischen viele Aspekte des menschlichen Lebens verwaltet werden: im Smartphone. Wer seine Joggingkilometer damit zählt, verwaltet vielleicht auch das eigene Geld damit.

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