Handy-Kameras:Wie Sie bessere Smartphone-Fotos machen

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Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: SZ)

Smartphone-Fotos sind ja ganz okay - oft aber auch nicht mehr als das. Doch mit ein paar Tricks lassen sich auch aus Handys wirklich gute Bilder herausholen.

Von Helmut Martin-Jung

Smartphones haben kompakte Foto-Kameras nahezu völlig verdrängt, zumindest bei der Klientel, der es ohnehin schon immer mehr um den Schnappschuss ging als um die künstlerisch und technisch vollendete Aufnahme. Aber mal ehrlich: Schaut man sich schön gemachte, natürlich wirkende und trotzdem knackig scharfe Bilder nicht lieber an als diese hässlich aufgeblitzten Party-Gesichter? Das Bild mit dem Sprössling und der Schultüte hat seinen Erinnerungswert, aber irgendwie könnte man das doch sicher auch schöner hinbekommen, oder? Man kann, und so schwer ist es gar nicht, bessere Bilder zu machen. Es genügt, einige wenige Grundregeln zu beachten.

Achtung, Weitwinkel

In Handykameras sind Weitwinkel-Objektive mit fester Brennweite eingebaut. Das bringt ein paar Folgen mit sich: Das Spiel mit Schärfe und Unschärfe, das man von großen Kameras kennt, funktioniert hier nur im Nahbereich. Gesichter deshalb aus unmittelbarer Nähe abzulichten, ist aber trotzdem keine gute Idee. Denn es kommt zu Verzerrungen, Nase und Mund wirken größer als sie sind.

Mehr Tiefe, bitte

Nimmt die Handykamera Landschaften auf, wirken sie oft flach und leblos. Das ändert sich, sobald ein Element ins Bild kommt, das eine Illusion von Tiefe hervorruft. Das kann ein Ast sein, das vergitterte Tor vor einem Schloss, ein Blumenbeet. Probieren Sie es aus: Die meisten Smartphone-Kameras stellen auf einen Punkt scharf, der sich mit dem Finger markieren lässt. Wer also nah ans Gitter geht oder sich zur Blume hinunterbeugt, kann auf diese Weise einen großen, unscharfen Fleck im Vordergrund schaffen oder gerade hier scharf stellen. Dann verschwimmt der Hintergrund in Unschärfe, was durchaus reizvoll sein kann.

Du sollst nicht langweilen

Warum sind manche Bilder langweilig, andere, die dasselbe Motiv zeigen, aber nicht? Das liegt daran, dass dem ersten Foto die Spannung fehlt. Wie aber macht man Fotos spannender? Der Kardinalfehler der meisten Amateurbilder - nicht nur der mit Handys geschossenen - ist, dass das Hauptmotiv immer in der Mitte zu sehen ist. Und, schlimmer noch, wenn ein Mensch abgebildet wird, der Kopf exakt im Bildzentrum sitzt. Das ist nicht nur langweilig, meist ist dann auch kein Platz mehr für die Füße. Das heißt langweilig und auch noch hässlich dazu. Wie geht es also besser? Entweder gleich näher rangehen oder eben so weit weg, dass die Füße nicht mehr oder ganz auf dem Bild sind. Und den Kopf nicht in die Mitte. Alles ist besser als das, gibt mehr Spannung und macht das Bild interessanter.

Alte Meister

Die alten Meister nutzten einen einfachen Trick, um interessante Bilder zu komponieren. Und auch die meisten Smartphones kennen ihn: Sie können auf dem Bildschirm Hilfslinien einblenden. Es geht um den guten alten goldenen Schnitt. Das Bild wird dazu in Abschnitte eingeteilt. Sitzen die wichtigen Motive auf Schnittpunkten der Linien, hat man schon mal einiges richtig gemacht. Gut ist es in den meisten Fällen dann auch noch, wenn zum Beispiel ein Mensch, der rechts im Bild zu sehen ist, nach links blickt und nicht umgekehrt.

Graue Katzen, grobe Pixel

Bei hellem Tageslicht machen die meisten Smartphone-Kameras heute passable bis sehr gute Bilder. Je dunkler es wird, desto deutlicher trennt sich aber die Spreu vom Weizen. Bei Billig-Handys kommen dann nur noch unansehnliche, grobpixelige Bilder mit höchst seltsamen Farben heraus. Auch die besseren Handy-Knipsen gelangen bei schlechten Lichtverhältnissen zwar an ihre Grenzen. In den vergangenen Jahren sind sie in dieser Disziplin aber deutlich besser geworden.

Blitz aus

Ja, manchmal geht es eben nicht mehr anders. In der dunklen Disco hilft alles nix mehr, da muss der Blitz ran. Doch Wunder darf man von den kleinen LED-Lämpchen nicht erwarten, weit leuchten sie nicht. Der Vordergrund erscheint dann unangenehm aufgeblitzt, der Hintergrund versinkt dagegen in tiefem Dunkel. Wann immer es geht, sollte der Blitz am Handy deshalb ausgeschaltet bleiben. Besser ist, das Telefon ruhig zu halten, damit man bei wenig Licht nicht verwackelt - zum Beispiel (für Perfektionisten) auf einem kleinen Stativ oder (für Improvisierer) auf einem Kissen. Und wenn die Tänzer verwischt sein sollten, ist das nicht schlimm, sondern vielleicht sogar ganz reizvoll.

Sei dein eigenes Zoom

Handykameras haben eine feste Brennweite. Die meisten verfügen zwar über ein Zoom, können ein Motiv also näher heranholen. Eigentlich wird dabei aber nur ein Ausschnitt vergrößert, die Bildqualität lässt damit deutlich nach. Kommt also das Motiv nicht näher und verbietet sich das Zoomen, bleibt nur eines: Gehen Sie näher ran, aber natürlich nur, wenn sich das auch machen lässt.

Auf Augenhöhe bleiben

Sie müssen sich vor Ihrem Motiv nicht in den Staub werfen, doch ein Kind aus der Hocke fotografiert sieht völlig anders aus als von oben herab. Der Hund oder die Katze wirken auch gleich ganz anders, wenn man sich mal auf Augenhöhe begibt.

Farbspiele

Wir Mittel- und Nordeuropäer lieben elektrisches Licht, dessen Farbe an wärmendes Feuer erinnert. Bitte? Ihr Licht ist weiß? Von wegen! Schalten Sie mal am hellen Tag das Licht an: In den meisten Fällen ist es eine gelb-orange Funzel. Nachts aber justiert das Auge nach und sieht etwa Zeitungspapier nicht vergilbt, sondern ähnlich wie am Tage: weiß. Diese Anpassung erledigt das Gehirn automatisch, es weiß ja schließlich, wie Zeitungspapier auszusehen hat. Kameras aber haben kein Gehirn, jedenfalls kein so leistungsfähiges. Sie verfügen bestenfalls über eine gut eingestellte Automatik. Aber wenn die nun versagt? Zugegeben, es ist ein bisschen für Feinschmecker, aber viele Handys lassen sich manuell auf die korrekte Wiedergabe einstellen. Sodass eben Weiß wieder wie Weiß aussieht und keinen Blau- oder Rotstich hat. Darum heißt die Funktion auch Weißabgleich. Dazu den Punkt im Menü heraussuchen, das Smartphone auf eine weiße Fläche halten und bestätigen. Aber Vorsicht, manche Geräte merken sich das, daher lieber nach dem Fotografieren wieder auf Automatik stellen.

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Von Helmut Martin-Jung

Entdecke die Möglichkeiten

Je teurer das Smartphone, desto mehr Möglichkeiten hat die Kamera. Manche können Serienfotos schießen - eine gute Sache für schnelle Motive. Aufräumen ist aber wichtig: Mit der Zeit sammeln sich damit unglaublich viele Schnappschüsse an. Am besten die guten gleich aussortieren und die anderen ab in den E-Mülleimer.

© SZ vom 30.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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