Guttenbergs USA-Mission:Atemlos in Amerika

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Zwischen Opel und Times Square: Wirtschaftsminister Guttenberg müht sich in den USA um den taumelnden Traditionskonzern - und um sein Image.

Thomas Öchsner

Es ist tief in der Nacht, drei Uhr früh deutscher Zeit, doch Karl-Theodor zu Guttenberg lässt sich nicht lange bitten. Die Fotografen wollen "ein Foto, bitte!" - und der Minister zögert nicht. Zu Fuß, ohne Mantel, marschiert er zum Times Square. Er hat hier in New York einige Zeit gearbeitet, unterwegs gibt er Tipps, wo die besten Bars sind. Dann posiert er auf dem Times Square in New York und breitet wie ein Prediger die Arme aus. Es fehlt nur noch, dass er wie Josef Ackermann die Hand zum Victory-Zeichen erhebt.

Wirtschaftsminister Guttenberg beim Döner-Kauf in New York. (Foto: Foto: dpa)

Doch die Fotografen wollen mehr. Ein paar Straßenblöcke weiter fordern sie Guttenberg auf, bei einem Straßenhändler einen Döner zu kaufen. Der jüngste Wirtschaftsminister, den die Republik je hatte, bleibt unschlüssig stehen. Und dann haben sie ihn so weit: Klick! Klick! Klick! Die nächste Show, das nächste Bild, die nächste Nachricht von Guttenbergs atemloser Reise durch Amerika.

Zwei Tage eilt der Bundes-Gute-Laune-Minister durch New York und Washington, um mit der amerikanischen Regierung und der Spitze des Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM) über die Rettung des angeschlagenen Rüsselsheimer Autobauers zu reden. Ein Gesprächstermin jagt den anderen.

Der 37-jährige CSU-Politiker redet mit Investmentbankern und Regierungsberatern. Er trifft GM-Chef Rick Wagoner und den amerikanischen Finanzminister Timothy Geithner. Er lädt täglich zu Pressekonferenzen ein. Stets steht dabei nur ein Mann im Mittelpunkt: der Freiherr aus Bayern, den vor ein paar Wochen außerhalb des Freistaats noch kaum jemand kannte. Mit weit ausladenden Armen begrüßt er die Bosse von General Motors oder den Großspekulanten George Soros. Klick! Klick!

Locker im Airbus

Es ist eine außergewöhnliche Tour. Selten war ein Airbus der Luftwaffe so gut mit Journalisten besetzt. Wenn andere Minister auf Reisen gehen, nehmen sie vielleicht zwölf oder 15 Korrespondenten mit. In der Regierungsmaschine, die von Berlin in die USA flog, waren es 38. Guttenberg hält im Flugzeug gleich zwei Hintergrundgespräche ab, im vorderen und im hinteren Teil des Airbus. Er gibt sich locker. Ausnahmsweise hat er keine Krawatte umgebunden. Und bevor er sein Verhältnis zu seinem großen Rivalen im Kabinett, Peer Steinbrück (SPD), als sehr gut hinstellt, vergisst er nicht zu fragen: "Haben Sie auch etwas Gescheites zum Essen bekommen?"

Schon in diesen ersten Stunden der USA-Reise zeigt sich, was in den nächsten beiden Tagen immer wieder zu beobachten ist: Der Minister kann gar nicht aufhören, den Journalisten die Welt zu erklären. Immer wieder kommen neue Fragen, Guttenberg antwortet bereitwillig und höflich, bis dann irgendwann einer seiner Mitarbeiter ihm signalisiert, dass es jetzt aber wirklich genug sei.

Die vielen Termine in New York und Washington hat sich Guttenberg großenteils selbst organisiert. Der frühere Generalsekretär der CSU, dessen Steckenpferd eigentlich die Außenpolitik ist, verfügt in den USA über ein beachtliches Netzwerk. Entsprechend sicher bewegt er sich auf dem internationalen Parkett.

Zum Beispiel Sonntagabend im University Club in Manhattan: Der Bundeswirtschaftsminister hat zum Abendessen eingeladen. Die Kellner servieren Reissuppe und Steak. Auf dem Terminplan, den die Journalisten vorher bekommen haben, steht "Krawattenzwang". Ohne Schlips kommt in diese altehrwürdigen Räume mit dem holzgetäfelten Speisesaal, den dicken Teppichen und den düsteren Porträts an den Wänden keiner herein. Gekommen sind Politiker, Banker und Geschäftsleute, Deutsche und Amerikaner - und George Soros, der Milliardär, der einst als Großspekulant das britische Pfund aus dem europäischen Währungssystem warf.

Soros dürfte später vom Auftritt des Ministers genauso beeindruckt gewesen sein wie die anderen Gäste. Nach einem anstrengenden Acht-Stunden-Flug und fünf Stunden Zeitverschiebung redet Guttenberg frei, in perfektem Englisch. Er verteidigt das deutsche Konjunkturprogramm, warnt vor einer ausufernden Staatsverschuldung und schafft es auch, seine Zuhörer zum Schmunzeln zu bringen. Er sei froh, sagt er, heute einmal nicht über Autos reden zu müssen.

"Verdammt gut"

Einen Abend später richten sich wieder alle Blicke auf den Minister. Im Washingtoner Hotel The Hay Adams, ein paar Schritte vom Weißen Haus entfernt, berichtet Guttenberg über die Ergebnisse des Gesprächs mit GM-Chef Rick Wagoner. Zwei Stunden hatte er zuvor in der Residenz des deutschen Botschafters mit dem Topmanager konferiert und zu Abend gegessen. Wieder fällt der Minister dabei mit seiner verblüffend ehrlichen Wortwahl auf, man könne sich, sagt er, auch "ohne schmückendes Beiwerk" freundlich begrüßen und verabschieden.

Später, die offizielle Pressekonferenz ist längst zu Ende, bildet sich wieder eine Journalistentraube um den Minister. Wieder die gleichen Fragen und Antworten. Im Aufzug des Hotels sagt dann noch einer zu Guttenberg: "Sie machen hier einen verdammt guten Job".

© SZ vom 18.03.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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