Greenwashing:Eher schmutzig als grün

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Kohlekraftwerk in der Lausitz: Strom ist teuer in Deutschland, zumindest die Industrie wird nun entlastet. (Foto: Florian Gaertner/Imago/photothek)

Banken, die in Berichten mit ihrem Umweltgewissen prahlen, finanzieren vor allem umweltschädliche Projekte, so eine Studie.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Der erste Eindruck ist wichtig. Das gilt gerade bei der Frage, wie ernst man den Umweltschutz nimmt. Die Finanzwirtschaft veröffentlicht regelmäßig Berichte zum Stand ihrer Nachhaltigkeitsziele. Das ist gesetzlich so vorgeschrieben, aber auch große Teile der Öffentlichkeit erwarten diese Transparenz. Ein internationales Forscherteam hat die Einlassungen von rund 500 europäischen Kreditinstituten in Europa untersucht und mit den Geschäften verglichen. Das Ergebnis: Banken, die verbal am stärksten mit ihrem Umweltgewissen prahlen, vergeben vornehmlich Kredite an Firmen, die manche Kreise wohl als "Umweltsäue" bezeichnen würden.

"Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Banken ihre Klimaziele und ihre Glaubwürdigkeit überbetonen, während sie ihre Beziehungen zu umweltschädlichen Kreditnehmern fortsetzen", heißt es in der Studie mit dem Titel " Glossy Green Banks", sie war ein Thema der jüngsten EZB-Bankenkonferenz. In diesem Zusammenhang möchte man den Dichter Gotthold Ephraim Lessing zitieren: "Die Menschen sind nicht immer, was sie scheinen, aber selten etwas Besseres", hier müsste man nur noch das Wort "Menschen" durch "Banken" ersetzen.

"Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind oft nicht mehr als wohlklingende Banken-PR, während klimaschädliche Kreditgeschäfte ungebremst weitergehen und das Erreichen der Klimaziele unmöglich machen", sagt Mauricio Vargas, Finanz- und Wirtschaftsexperte bei Greenpeace, zu den Ergebnissen der Studie. Statt glanzvoller, aber faktisch wirkungsloser Nachhaltigkeitsberichte müssten sich Banken und Fondsgesellschaften endlich glaubwürdige Richtlinien für den Umgang mit klimaschädlichen Unternehmen geben, die auch den konsequenten Ausschluss besonders klimaschädlicher Geschäftsmodelle vorsähen, so Vargas.

Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, soll Europas Finanzwirtschaft die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft mit Krediten flankieren. Die Regeln der EU-Taxonomie, in denen definiert wird, welche Geschäfte als "grün" oder "braun" zu klassifizieren sind, gelten hierfür als gesetzliche Klammer. "Braun" bezeichnet Unternehmensgeschäfte mit hohem CO₂-Abdruck.

Eine besondere Form des Greenwashings: irreführendes Eigenlob

Die Politik möchte die Regeln für Banken verschärfen, die Institute müssten mehr Geld als Verlustpuffer für Umweltrisiken zurücklegen. Dahinter steht die Furcht, dass beispielsweise kohleintensive Industrien aufgrund strengerer Regulierung nicht mehr wettbewerbsfähig wären und die Kreditrückzahlung an die Banken gefährdet wäre. Banken und Fondsgesellschaften buhlen auch um Privatsparer mit dem Versprechen, deren Geld werde in ökologisch unbedenkliche Firmen investiert. Doch diese Versprechen werden oft nicht eingehalten. Der Vorwurf des "Greenwashing" ist allgegenwärtig, nicht zuletzt seit auch die Deutsche Bank-Tochter DWS deswegen Besuch von der Staatsanwaltschaft bekommen hat. Die Studie beschreibt wohl eine besondere Form des Greenwashing im Bankensektor, nämlich in Form von irreführendem Eigenlob.

Die Wissenschaftler haben die Nachhaltigkeitsberichte der Kreditinstitute auf "grüne" Schlüsselworte wie Umweltschutz und Klimaneutralität untersucht. So erhielt man ein Ranking der Banken, die ihre Nachhaltigkeitsverantwortung am stärksten betonten. Dieses Ergebnis spiegelte die Forschergruppe mit den Kreditdaten der Institute und stellten fest, dass Banken mit umfangreichen Umweltinformationen vornehmlich Darlehen an nicht nachhaltig wirtschaftende Kreditnehmer vergaben, statt grüne Investitionen zu stärken.

"Enge Geschäftsbeziehungen zu klimaschädlichen Unternehmen sind eine Gefahr für Banken und die Finanzstabilität. Schmutzige Firmen haben ein wackliges Geschäftsmodell, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen", sagt Magdalena Senn, Referentin für nachhaltige Finanzmärkte bei der Bürgerbewegung Finanzwende. Es brauche mehr Transparenz, damit Banken sich nicht grüner darstellen könnten, als sie es seien.

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