Google:Das Spiel mit der Zukunft

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Googles Meldung hat eingeschlagen: 2010 will das Unternehmen Chrome OS auf den Markt bringen. Doch ob sich das Betriebssystem durchsetzt, ist fraglich.

Helmut Martin-Jung

Es ist wohl der Traum eines jeden Büromenschen: ein Rechner, der sofort zu benutzen ist, wenn man ihn einschaltet, der sicher ist vor Viren und der nicht der ständigen Pflege bedarf. Mit Chrome OS will ihn Google auf der Basis von Linux wahr werden lassen. Dabei gibt es solche Systeme längst. Schon als Ende 2007 der erste Mini-Laptop, der EeePC von Asus, auf den Markt kam, bot er zumindest auf den ersten Blick das, was Google nun groß ankündigt.

Wird Google zur Märchenfee und erfüllt den Wunsch vieler User von einem Rechner, der sofort zu benutzen ist, wenn man ihn einschaltet? (Foto: Foto: ddp)

Die Linux-Version Xandros, die damals zum Einsatz kam, sei nur nicht gut genug an die Hardware des Gerätes angepasst worden, sagt der Linux-Spezialist Klaus Knopper. "Auf Netbooks mit bekannter Hardware sind Startzeiten unter fünf Sekunden durchaus realistisch", so der Experte, der unter anderem an der Fachhochschule Kaiserslautern lehrt.

Ein System speziell für kleine Surfcomputer

Noch gibt es von Google nur Ankündigungen, die aber deuten darauf hin, dass es in die Richtung gehen wird, ein System vor allem für kleine Surfcomputer zu entwickeln, das vor allem dazu gedacht ist, die Arbeit mit Programmen zu unterstützen, die im Browser laufen.

Das ist technisch gesehen keine Revolution, aber durchaus ein Kaufargument. Und zwar dann, wenn es Google gelingt, sein neues System in Zusammenarbeit mit den Herstellern der Geräte so anzupassen, dass man es ohne langwierige Einstellerei mit dem Internet verbinden, flott starten und flüssig damit arbeiten kann.

Da die Nutzer überwiegend vom Browser aus und damit mit einer einheitlichen Oberfläche arbeiten sollen, erwartet Knopper, dass die Bedienung einfacher und konsistenter sein wird als bei Universal-Programmen wie Windows oder Gnome, einer Nutzeroberfläche für Linux.

Ob sich Chrome OS aber wirklich massenhaft wird durchsetzen können, steht durchaus in Frage. Googles Browser Chrome, noch immer einer der schnellsten, hat in den neun Monaten, in denen er verfügbar ist, in Deutschland nur einen unerheblichen Marktanteil von 0,4 Prozent erreicht. Mozillas neuer Firefox 3.5 kam binnen Tagen locker auf das Zweieinhalbfache Und genau das ist nun das Ziel von Google. Der Konzern aus Silicon Valley hat sich vorgenommen, das zu schaffen, woran sich bereits Generationen von Verfechtern freier Software abgearbeitet haben: ein Betriebssystem auf der Basis von Linux zu entwickeln, das auch Computerlaien problemlos bedienen können.

Auf der nächsten Seite: Auf welches Nutzungsverhalten Google setzt.

Google setzt dabei darauf, dass sich die Nutzerschaft langfristig in Richtung Internet bewegt. Programme würden dann nicht mehr auf einem kraftvollen Rechner auf dem Schreibtisch laufen, sondern in Rechenzentren.

Unter dem Stichwort Cloud computing wird dieser Ansatz seit einigen Jahren diskutiert, cloud steht dafür für die Wolke, als die Rechner im Internet auf Schaubildern gerne dargestellt werden. Technisch unbedarftere Anwender, die einfach nur arbeiten, surfen und spielen wollen, bekämen auf diese Weise ein System, das "deutlich einfacher und anwenderfreundlicher" sei als die meisten überladenen, herstellereigenen Desktop-Systeme, sagt Knopper.

Vieles ist noch unklar

Schwierig aber wird es immer dann, wenn die Nutzer die vorgesehenen Pfade verlassen wollen. Was Chrome OS hier überhaupt zulassen wird und wie nutzerfreundlich die Einrichtung von Zusatzprogrammen dann sein wird, muss sich erst noch zeigen. In der Ankündigung heißt es, für die Programmierer sei das Web die Plattform, alle Programme, die für Browser geschrieben wurden, würden problemlos funktionieren, neue könnten mit den bestehenden Web-Techniken geschrieben werden.

Die entscheidende Frage für den Erfolg des Projekts wird sein, ob sich die Nutzerschaft voll und ganz auf das Internet einlassen will, wie es Google annimmt, oder ob nicht weiterhin ein gemischter Ansatz dominiert, wie Konkurrent Microsoft glaubt. Microsoft setzt auf eine Trias, bestehend aus PC, Mobiltelefon und Internet.

Auch die Redmonder wollen deshalb schon bald eine Version ihrer Büroprogramme anbieten, die im Browser läuft, sind aber der Meinung, der PC werde nicht aufgehen in ein Gerät, auf dem nur ein Programm läuft, nämlich der Browser. Dagegen spricht auch eine Entwicklung, die sich seit Jahren abzeichnet. Der PC spielt darin als häusliche Daten- und Medienzentrale eine wichtige Rolle.

© SZ vom 9.7.2009/cf/bön - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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