Gewerkschaften:„Grüner Stahl“: Industrie drängt auf Förderzusage des Bundes

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Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger bei einem Demonstrationszug zum Stahl-Aktionstag. (Foto: Oliver Dietze/dpa)

Seit Monaten wartet die Saar-Stahlindustrie auf eine Förderzusage aus Berlin zum Umbau auf eine klimafreundliche Produktion. Mit einem Aktionstag erhöhen die Beschäftigten jetzt den Druck.

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Dillingen/Völklingen (dpa/lrs) - Für eine rasche Zusage von Fördergeldern für den klimafreundlichen Umbau der saarländischen Stahlindustrie sind am Donnerstag Tausende Beschäftigte auf die Straße gegangen. „Seit Monaten warten wir auf diese Förderzusage aus Berlin und haben bis heute noch keinen positiven Bescheid in den Händen“, sagte der erste Bevollmächtigte der IG Metall Völklingen, Lars Desgranges, in Dillingen. Wenn der Förderbescheid nicht bis Jahresende vorliege, sei die Transformation im Saarland „hochgradig gefährdet“, sagte er. „Es ist fünf vor zwölf.“

Um ein „klares Signal“ an die Politik zu senden, riefen IG Metall und die Stahlindustrie am Donnerstag zu einem „Stahl-Aktionstag“ an den Unternehmensstandorten Dillingen und Völklingen auf. Zu der Kundgebung in Dillingen am Vormittag kamen laut Gewerkschaft rund 6000 Teilnehmer. Am Abend waren demnach in Völklingen nach Sternmärschen rund 10.000 Menschen zu einer weiteren Kundgebung gekommen.

Bei der Transformation geht es um die geplante Umstellung der Stahlindustrie hin zur Produktion von „grünem Stahl“. Ein Förderantrag liege dem Bundeswirtschaftsministerium seit neun Monaten vor, sagte ein Sprecher der IG Metall. Anfang Oktober habe man Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) noch mal angeschrieben - ohne bisher eine Antwort bekommen zu haben. Nun wolle man Druck machen: „Es geht ja letztendlich um 14.000 Arbeitsplätze im Saarland“, sagte der Sprecher.

Im Dezember 2022 hatte die Stahlindustrie einen 3,5 Milliarden Euro schweren Plan vorgelegt, um auf eine Stahlproduktion mit Wasserstoff statt Kohle und Koks umzusteigen. Ab 2027 sollen demnach im Saarland jährlich bis zu 3,5 Millionen Tonnen CO2-armer Stahl produziert und 4,9 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden - vorbehaltlich der Förderzusagen in Höhe von rund 60 Prozent der Investitionskosten. Bis 2045 soll die Stahlproduktion an der Saar komplett umgestellt sein.

Damit das Saarland nicht abgehängt werde, sei es „jetzt an der Zeit“, dass in den Aufsichtsräten entsprechende Investitionen auf den Weg gebracht würden, sagte Desgranges. „Irgendwann ist Grünstahl auf dem Markt. Wenn wir dann nicht dabei sind, weil Förderbescheide zu spät kamen, dann stehen wir hier im Saarland mit dem Rücken an der Wand.“ Es gehe also um die Frage: „Findet die Transformation statt oder schaffen wir das nicht mehr?“

Der Präsident des Verbandes der Saarhütten, Heiko Maas, teilte zum Aktionstag mit: „Uns läuft die Zeit davon. Wir brauchen jetzt schnelle Entscheidungen auf politischer Ebene, sei es bei der Einführung eines Brückenstrompreises oder bei der Förderung des Umbaus der saarländischen Stahlproduktion.“ Mit dem Umbau der Stahlindustrie würden auch Voraussetzungen geschaffen, um eine regionale und grenzüberschreitende Wasserstoffwirtschaft aufzubauen.

„Die Stahlindustrie und das Saarland sind bereit: Wir verlangen jetzt grünes Licht aus Brüssel und Berlin! Die Stahlindustrie braucht schnellstmöglich Klarheit, damit Investitionen getätigt werden können“, sagte auch die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) zur Versammlung in Dillingen. „Und wir brauchen einen Brückenstrompreis, damit unsere Industrie wettbewerbsfähig ist.“

Der Stahlhersteller Thyssenkrupp hatte von der EU-Kommission im Juli grünes Licht bekommen für Milliarden-Beihilfen zum Bau einer Großanlage für die Herstellung von klimafreundlicherem Stahl. Konkret ging es um Unterstützung in Höhe von bis zu zwei Milliarden Euro. Die Firma Salzgitter hat bereits im April einen Förderbescheid über eine Milliarde Euro erhalten. Beide Unternehmen hatten ihre Anträge früher gestellt als die Saarländer.

© dpa-infocom, dpa:231018-99-613808/7

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