In Deutschland darf man frei wählen. Das gilt nicht nur für die Politik, sondern auch für die Krankenkasse. Laut dem 5. Sozialgesetzbuch darf sich jede Person ab dem 15. Lebensjahr, egal ob freiwillig oder pflichtversichert, eine Krankenkasse aussuchen. Nur für wenige Personengruppen, wie etwa über 55-jährige Privatversicherte, gilt das nicht. Die Wahlmöglichkeit soll für einen gewissen Wettbewerb unter den Kassen sorgen und es jeder Person ermöglichen, die passende Krankenversicherung abzuschließen. Dadurch ist es aber auch nötig, sich mit den einzelnen Tarife der unterschiedlichen Kassen auseinanderzusetzen.
Wer nicht gesetzlich pflichtversichert ist, muss zunächst die Entscheidung treffen, ob eine private oder eine gesetzliche Krankenkasse die bessere Wahl ist ( lesen Sie mehr zu den Unterschieden in der Krankenversicherung). Vor dieser Entscheidung stehen Arbeitnehmer, die mehr als 54 900 Euro brutto im Jahr verdienen (Stand: 2015), Selbstständige und Studenten ( lesen Sie mehr zur Aufnahme in die private Krankenversicherung). Beamte müssen sich privat versichern.
Der große Vorteil einer privaten Krankenversicherung (PKV) liegt darin, dass in der Regel mehr Leistungen finanziert werden als in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). So werden häufig Chefarztbehandlungen, Zahnersatz oder rezeptfreie Medikamente von der PKV übernommen, die gesetzlich Versicherte aus eigener Tasche zahlen müssen. Allerdings sind die Beiträge in der PKV im Alter meist höher als in der GKV und die Tarifstruktur ist deutlich komplizierter. Wer sich für eine private Krankenversicherung interessiert, sollte daher auf einige Fallstricke achten, um keine folgenschweren Fehler zu machen ( mehr dazu in diesem Ratgeber-Text).
Wer sich gesetzlich versichern muss oder will, hat die Auswahl zwischen 123 Krankenkassen (Stand: Juli 2015). Die Mindestleistungen sind für alle gleich und werden vom Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegt. Dieser setzt sich zusammen aus Vertretern von Ärzten, Zahnärzten, Krankenhäusern, Krankenkassen sowie Patientenorganisationen. Einige gesetzliche Kassen bieten darüber hinaus Zusatzleistungen an, die aber ohne Zustimmung der Versicherten verändert werden können.
"Welche Kasse die beste Wahl ist, hängt vor allem von den eigenen Vorstellungen ab", betont Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale NRW. Einige wollen vor allem eine günstige Krankenversicherung haben. Andere wollen bestimmte Leistungen, etwa für junge Familien oder Rentner, nutzen. Weidenbach empfiehlt: "Wer bestimmte Wünsche in Bezug auf die Krankenkasse hat, sollte sich diese vor einem Preisvergleich notieren, damit man die passenden Versicherungen herausfiltern kann."
Folgende Aspekte können besonders wichtig sein:
Grundsätzlich:
Soll die Krankenkasse Filialen in der Nähe / eine kostenlose Telefonhotline / eine 24-Stunden erreichbare Mail-Adresse haben? Will ich Prämien für gesundes Verhalten bekommen? Will ich spezielle Angebote für Kinder / Rentner / Schwangere nutzen? Will ich auch im Ausland, speziell außerhalb der EU, versichert sein?
Ambulant:
Will ich die freie Arztwahl haben? Will ich alternative Heilmethoden, wie Akupunktur oder Naturheilkunde, in Anspruch nehmen? Will ich in besonderem Maße Hilfsmittel, wie Brillen, Hörgeräte oder Prothesen, finanziert bekommen? Will ich die Möglichkeit auf eine möglichst hohe oder unbegrenzte Anzahl an psychotherapeutischen Sitzungen haben?
Stationär:
Will ich die freie Krankenhauswahl, inklusive Privatkliniken, haben? Will ich die Chefarztbehandlung in Anspruch nehmen? Will ich ein Einzel- / Zweibettzimmer haben?
Zahnersatz:
Will ich besondere Füllungen, etwa aus Kunststoff, finanziert bekommen? Will ich später Implantate haben?
Welche Kasse was anbietet, lässt sich bei den Kassen selbst oder auf verschiedenen Vergleichsportalen im Internet ermitteln. "Diese Portale sind vor allem dafür geeignet, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen", sagt Weidenbach. "Zum Abschluss einer Krankenversicherung auf einem Vergleichsportal würde ich aber nicht raten, denn häufig vergleichen diese nur eine geringe Auswahl an Tarifen und Kassen miteinander und bilden nicht den vollständigen Markt ab." Manche Webseiten versuchten auch lediglich Kundendaten abzugreifen. Einen vollständigen und unabhängigen Überblick bieten die regelmäßigen Untersuchungen der Stiftung Warentest.
Wer sich persönlich beraten lassen will, kann sich an die Verbraucherzentralen der Länder oder einen unabhängigen Versicherungsberater ( Adressen deutschlandweit hier) wenden. Die Beratungen kosten zwischen 80 und etwa 150 Euro pro Stunde. Die Stiftung Warentest ermittelt individuelle Analysen für Privatversicherungen (kostenpflichtig). Kostenlose Beratungen für Privatversicherungen bieten Versicherungsmakler an, die auch Verträge verkaufen. Die Provisionen dafür dürfen bei höchstens neun Monatsbeiträgen liegen. Bei Abschluss einer privaten Krankenversicherung in Höhe von 300 Euro pro Monat würde die Provision also maximal 2700 Euro betragen. Diese zahlt der Versicherer.
Da die Krankenkasse ein existenzielles Risiko absichert, rät Weidenbach, für den Abschluss zu einem unabhängigen Berater zu gehen. Dieser kann auch prüfen, ob bestimmte Wünsche, die eine gesetzliche Kasse nicht bezahlt, über eine private Zusatzversicherung abgedeckt werden können. "Eine Auslandsreisekrankenversicherung lohnt sich für viele, weil darüber auch der Krankenrücktransport und Behandlungen außerhalb der EU abgesichert sind", erklärt die Anwältin. "Eine Zahnzusatzversicherung und eine Krankentagegeldversicherung für Selbstständige können ebenfalls sinnvolle Ergänzungen zum gesetzlichen Versicherungsschutz sein." Wichtig sei allerdings, dass man sämtliche Beiträge langfristig bezahlen kann. Denn wenn die Versicherung nach einigen Jahren aus Kostengründen wieder gekündigt werden muss, sind die Beiträge verloren. Daher rät Weidenbach: Erst selbst informieren, dann beraten lassen, dann in Ruhe darüber nachdenken und dann die bestmögliche Versicherung abschließen.