Finanz-Affäre:German Property Group: Behörde wusste von fehlenden Bilanzen

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Renditeträchtiges Baudenkmal oder schrottige Immobilie? Der GPG-Besitz ist viel weniger wert als versprochen, schätzt der Insolvenzverwalter. (Foto: imago)

Im Milliardenskandal um Baudenkmäler profitierte das insolvente Firmenkonglomerat vom laxen Vorgehen der Ämter: Obwohl jahrelang keine Bilanzen vorlagen, passierte kaum etwas.

Von Uwe Ritzer

Der Fall um die insolvente Immobiliengesellschaft German Property Group (GPG), bei der mindestens eine Milliarde Euro Anlegergeld mutmaßlich in dunklen Kanälen versickert ist, wirft immer mehr kritische Fragen an die Aufsichtsbehörden auf. Obwohl 133 Gesellschaften des undurchsichtigen Firmenkonglomerats zum Teil über Jahre hinweg nicht die gesetzlich vorgeschriebenen Bilanzen vorlegten, griffen weder das Bundesamt für Justiz (BfJ) noch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) durch. Dies geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag hervor.

Demnach verhängte das Bundesamt für Justiz zwar ab 2011 insgesamt knapp 650 000 Euro Ordnungsgelder an GPG-Gesellschaften wegen ausstehender Jahresabschlüsse. 380 000 Euro davon wurden auch tatsächlich bezahlt. Darüber hinaus allerdings geschah nichts. Weder informierte das BfJ die Bafin, noch steigerte sie im Lauf der Zeit die Ordnungsgelder, was sie hätte tun können. Im Gegenteil: Ab 2017 verlangte man überhaupt keine Ordnungsgelder mehr. Lisa Paus, finanzpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, spricht von einem "kollektiven Behördenversagen": "Statt irgendwann einzuschreiten, hat man das Spiel jahrelang einfach mitgemacht." Die Grünen-Abgeordnete kritisiert, dass vom Bundesamt für Justiz "weder die Finanzaufsicht noch die Staatsanwaltschaft" informiert wurden. "Stattdessen konnte die German Property Group sich einfach frei kaufen." Auf Nachfragen wollten sich weder das BfJ noch das Finanzministerium äußern.

Überhaupt geben die zuständigen Behörden im Umgang mit dem Anlageskandal kein sonderlich energisches Bild ab. Das gilt auch für Polizei und Staatsanwaltschaft in Hannover, die erst viele Monate nach den ersten Anzeigen gegen Verantwortliche des Unternehmens nach außen erkennbar in die Gänge kamen. Die Rolle der Bafin ist nicht minder diffus; sie will nach eigenen Angaben erst kurz vor der Insolvenz von German Property im Juni 2020 erfahren haben, dass das Unternehmen jahrelang ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft betrieb, das es so mutmaßlich ohne Genehmigung nicht hätte führen dürfen.

Das Geschäftsmodell des Firmengeflechtes fußte darauf, Geld vor allem von Kleinanlegern in Asien und Großbritannien einzusammeln. Man versprach ihnen, mit dem Kapital renovierungsbedürftige Baudenkmäler in Deutschland zu kaufen, zu sanieren und weiter zu verkaufen. Den Anlegern wurden Renditen von bis 15 Prozent für ihr eingesetztes Kapital versprochen. Tatsächlich verschwanden nach Recherchen von SZ, BR und NDR mehrere Hundert Millionen Euro in dunklen Kanälen. Den Wert der von GPG-Gesellschaften tatsächlich gekauften Immobilien schätzt Insolvenzverwalter Justus von Buchwaldt auf lediglich etwa 100 Millionen Euro. Er und seine Leute stehen nun vor einer Mammutaufgabe, die verhindert hätte werden können, wenn die Behörden bei den fehlenden Bilanzen härter durchgegriffen hätten. So aber müssen 700 fehlende Jahresabschlüsse nachträglich erstellt werden.

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