Energie:Scholz und Habeck auf Rügen: kommt das LNG-Terminal?

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Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im Bundestag. (Foto: Kay Nietfeld/dpa/Archivbild)

Lange gab es auf Anfragen von Kritikern eines geplanten LNG-Terminal auf oder vor Rügen keine Reaktion. Nun hat sich Besuch von höchster Stelle auf der Insel angekündigt. Gibt es nun eine Antwort auf die wichtige Frage?

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Binz/Berlin (dpa/mv) - Nach anhaltenden Protesten gegen den Bau eines Flüssigerdgas-Terminals vor oder auf Rügen folgt die Bundesregierung dem Ruf nach einem Besuch vor Ort. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) werden am Donnerstag zu einer Gesprächsrunde mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Binz erwartet. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig sagte am Dienstag, sie werde an dem Gespräch teilnehmen, ebenso der Schweriner Wirtschaftsminister Reinhard Meyer und Umweltminister Till Backhaus (alle SPD).

Wiederholt hatten sich Kritiker auf der Insel nicht nur gegen das geplante Terminal ausgesprochen, sondern auch eine offenere Kommunikation des Bundes eingefordert. Die Bundesregierung will wie auch schon in der Nordsee am Standort Rügen ein von ihr gechartertes Spezialschiff zur Anlandung von Flüssigerdgas (LNG) in Stellung bringen und plant dafür entsprechende Infrastruktur. Es wäre nach dem Mitte Januar eröffneten und privatwirtschaftlich betriebenen Terminal in Lubmin das zweite in Vorpommern.

Erst am Montag war bekannt geworden, dass die Bundesregierung nicht verbaute Röhren der deutsch-russischen Ostseegaspipeline Nord Stream 2 für das LNG-Terminal gekauft hat. Nach früheren Angaben der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern lagern in Sassnitz auf Rügen Nord-Stream-2-Rohre mit einer Gesamtlänge von 60 Kilometern.

Minister Meyer zeigte sich skeptisch: „Wenn wir das Terminal wirklich brauchen, damit Deutschland durch den Winter kommt, dann reklamiert der Bund für sein Projekt ein "überragendes öffentliches Interesse", das anderen Interessen vorgeht“, sagte er dem „Nordkurier“. „Aber ich habe momentan Zweifel, dass wir das Terminal benötigen.“

Schwesig sagte, sie stehe zu ihrer Zusage, dass Mecklenburg-Vorpommern seinen Beitrag für eine sichere Energieversorgung leiste. Doch könne letztlich nur der Bund darüber befinden, ob dafür ein weiteres Terminal in Mecklenburg-Vorpommern wirklich benötigt werde. Bei allen Entscheidungen dazu müssten aber die Belange von Umwelt und Tourismus sowie die Haltung der Bürger Berücksichtigung finden.

Antworten werden von Scholz und Habeck auch hinsichtlich des genauen Standortes erwartet. Von einem Terminal rund fünf Kilometer vor Sellin war die Bundesregierung nach vehementen Widerstand abgerückt. In der Diskussion ist auch der Hafen von Mukran oder ein Standort weiter draußen auf der Ostsee. „Die Standortentscheidung soll so schnell wie möglich gefällt werden“, hieß es noch vergangene Woche vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWK).

Die Gegner des Terminals auf der Insel haben sich mit verschiedenen Mitteln gegen das Projekt gewehrt: Demos, Umfragen, eine Bundestagspetition, Erklärungen und Briefe an die Bundesregierung - bislang ohne Antwort. Angesichts des angekündigten Besuchs aus Berlin sprachen Gemeinden im Südosten der Insel von einem längst überfälligen Dialog. „Die Erwartungshaltung ist, dass man ergebnisoffen über die LNG-Terminals sprechen wird. Die Haltung zu dem Vorhaben ist weiterhin unverändert.“

Die Gemeinden hatten ihre Ablehnung mit Gefahren für den Tourismus begründet, der für die Insel besonders wichtig ist. Auch Umwelt und Natur sehen sie bedroht. Zudem würden nicht benötigte Überkapazitäten geschaffen. Das BMWK hatte zuletzt hingegen argumentiert, es würden Importmöglichkeiten für mittel- und osteuropäische Nachbarn geschaffen, die bislang durch russisches Gas versorgt wurden und diese Mengen kompensieren müssen. Eine Sprecherin hatte die Bedeutung des Aufbaus einer deutschen LNG-Importinfrastruktur unterstrichen. Die Reduzierung und dann der Wegfall russischer Gaslieferungen im vergangenen Jahr hätten dies „zwingend notwendig gemacht“.

© dpa-infocom, dpa:230418-99-359717/3

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