Fußball: Investment:Claassen und der große Kick

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Der frühere EnBW-Chef Utz Claassen steigt als Investor beim maroden Klub Real Mallorca ein. Der Manager war schon des Öfteren in die Fußballwelt involviert - und meist gab es dabei viel Ärger.

Johannes Aumüller und Dagmar Deckstein

Bisher schien es so, als müsse ein Investor für ein Engagement beim spanischen Fußball-Erstligisten RCD Mallorca drei Eigenschaften mitbringen: erstens reich, zweitens prominent und drittens auf der Insel geboren sein - was zur Folge hatte, dass zum Beispiel der frühere Fußballtrainer Llorenc Serra Ferrer oder der derzeit weltbeste Tennisspieler Rafael Nadal bei dem klammen Verein einstiegen.

Utz Claassen und der Fußball, das ist eine Kombination, die für viel Aufregung sorgte. (Foto: ddp)

Doch nun ergänzt die Riege jemand, der zwar reich und prominent, allerdings in Hannover geboren ist: Der deutsche Manager Utz Claassen, der zuletzt mit einem gutdotierten, aber nur wenige Wochen währenden Vorstandsjob bei der Solar Millennium AG für Aufregung sorgte, agiert fortan als privater Investor und Verwaltungsrat des Klubs. Wie viel der 47-Jährige für seinen Zehn-Prozent-Anteil zahlte, blieb zunächst unklar - eindeutig sind nur die Ziele, die er mit seinem Engagement verbindet.

Eine "europäische Marke" solle der derzeitige Tabellensiebte werden und neben Real Madrid und dem FC Barcelona "zur dritten spanischen Kraft in der Welt des Fußballs" aufsteigen. "Es ist eine große emotionale, finanzielle und kreative Herausforderung", sagte Claassen der SZ. Das sportliche Potential der Mannschaft und das große touristische Potential der Insel hätten ihn zu diesem Schritt bewogen.

Claassens Ziele klingen angesichts der massiven finanziellen Schwierigkeiten des Klubs ziemlich ambitioniert. Auf rund 60 Millionen Euro beziffern spanische Medien den Schuldenstand. Die Probleme sind so groß, dass die europäische Fußball-Union Uefa die Mallorquiner aus der Europa League 2010/11 ausschloss, obwohl sie sich als Fünfter der vergangenen Saison dafür qualifiziert hatten. Andererseits weiß Claassen, auf was er sich einlässt, denn er war schon des Öfteren in die Welt des Fußballs involviert - und meist gab es dabei große Aufregung.

1997 übernahm Claassen das Präsidentenamt beim damaligen Regionalligisten Hannover 96, der zwar nicht ganz so hoch verschuldet war wie heute der RCD Mallorca, aber immerhin mit ein paar Millionen Mark in der Kreide stand. Es war nur eine kurze Amtszeit, aber eine der turbulentesten der Vereinsgeschichte. Erst meuterte die Mannschaft gegen Claassens Sanierungskonzept, das auch eine Reduzierung der Punktprämien vorsah, dann schlug sich Manager Franz Gerber auf die Seite des Teams.

Claassen entließ Gerber einen Tag vor einem wichtigen Pokalspiel, woraufhin sich Trainer Reinhold Fanz, die Mannschaft und viele Fans mit dem gefeuerten Manager solidarisierten. Claassen traute sich zeitweilig nur noch mit Personenschutz ins Stadion, weil es sogar Morddrohungen gab. Von "Diktatur" war die Rede, von Wanzen im Telefon des Managers und von heimlich aufgezeichneten Telefongesprächen. Am Ende einer wochenlangen und öffentlich ausgetragenen Schlammschlacht trat Claassen zurück, erstritt aber vor Gericht eine Unterlassungserklärung gegen Fanz. Danach durfte dieser nicht mehr behaupten, Claassen hätte "alle angelogen" und keinen Fußballsachverstand.

Doch damit war die Affäre noch nicht beendet. Sieben Jahre später hatte Claassen gerade den Chefposten beim Energieversorgen EnBW inne und sein Unternehmen war Hauptsponsor beim Karlsruher SC, als der Klub in der Winterpause einen neuen Trainer suchte. Und das KSC-Management verpflichtete ausgerechnet - Reinhold Fanz. Claassen war erbost. "Kein Unternehmen der Welt würde mit Führungspersonal zusammenarbeiten, das sich unflätig über den Vorstandschef geäußert hat", erklärte er verärgert, und EnBW ließ durchblicken, das rund 800.000 Euro pro Saison teure Sponsoring demnächst beenden zu wollen. Wenige Tage danach lösten der Verein und Fanz den Vertrag, "in beiderseitigem Einvernehmen".

Auch an einen weiteren Kontakt mit der Fußballwelt hat Claassen keine guten Erinnerungen. Als EnBW-Chef schickte er im Dezember 2005 sieben Politikern gemeinsam mit den alljährlichen Weihnachtsgrußkarten Ticket-Gutscheine für die kurz darauf anstehende Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe witterte Korruption und ermittelte. Letztlich sprach das Landgericht Karlsruhe Claassen vom Vorwurf der Bestechung frei. Der Bundesgerichtshof bestätigte - trotz "erheblich belastender Indizien" - im Revisionsprozess dieses Urteil, weil Claassen keinen strafrechtlich relevanten Vorteil gewährt habe.

Zudem mischte Claassen auch schon im spanischen Fußball mit. Als er in den neunziger Jahren noch bei Seat war, wurde der Autohersteller Hauptsponsor der spanischen Liga. Claassens Engagement bei RCD Mallorca ist nun längerfristig angelegt. Zehn Jahre bräuchte es schon, um seine Ziele umzusetzen, sagt er. Das ist genügend Zeit, um die kleine Lücke zu den übrigen Investoren wie Rafael Nadal ein wenig zu schließen: Dass in seinem Pass als Geburtsort Mallorca steht, bekommt Claassen zwar nicht mehr hin, aber dafür will er sich auf der Insel demnächst eine Wohnung zulegen.

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