Flugzeugsitze:Toyota-Tochter schockiert mit gefälschten Tests

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Eine Toyota-Tochter hat Sicherheitstests bei Flugzeugsitzen gezinkt: Tausende Flugzeuge müssen umgerüstet werden. Für die Airlines wird der Fall zum Fiasko.

J. Flottau

Dieses Problem dürfte dem japanischen Autohersteller Toyota gerade noch gefehlt haben: Der japanische Sitzhersteller Koito Industries, an dem Toyota beteiligt ist, hat Sicherheitstests für Flugzeugsitze gefälscht. Die Produktion ist gestoppt, viele Flugzeuge können nicht ausgeliefert und etwa 1000 Maschinen müssen umgerüstet werden.

Seit Wochen ist der japanische Autobauer wegen Qualitätspannen in den Schlagzeilen, jetzt gibt es auch noch Probleme bei einer Unternehmenstochter. (Foto: Foto: AFP)

Toyota ist weltweit wegen defekter Gaspedale und Bremsen in der Kritik. Der Autohersteller ist mit 32 Prozent Hauptanteilseigner der Dachgesellschaft Koito Manufacturing. Der Sitzhersteller hat offenbar gegen eine ganze Reihe von Sicherheitsauflagen verstoßen.

So hat Koito nach Angaben des japanischen Verkehrsministeriums nicht zugelassene Materialien verwendet oder die Sitze ohne Genehmigung umgerüstet. Querachsen, die für die Stabilität wichtig sind, genügen offenbar nicht den Mindeststandards, die Passagiere bei Unfällen oder schweren Turbulenzen schützen sollen.

Sitzbezüge müssen aus Stoffen sein, die nicht leicht entflammbar sind und so verhindern, dass sich Feuer an Bord schnell ausbreiten kann - auch dabei hat Koito offenbar aber geschlampt. Die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA prüft, eine sogenannte Lufttüchtigkeitsanordnung herauszugeben. Darin kann sie verbindlich Korrekturen anordnen. Schon jetzt dürfen keine neuen Flugzeuge mit Koito-Sitzen ausgeliefert werden.

Die Auswirkungen auf Fluggesellschaften sind massiv. Betroffen sind nach einer Übersicht des Fachmagazins Flight International 32 Fluggesellschaften. Darunter sind viele asiatische wie Singapore Airlines, Thai Airways oder Japan Airlines, aber auch amerikanische wie Continental oder europäische wie SAS und KLM Royal Dutch Airlines. Die Lufthansa nutzt keine Koito-Sitze.

Koito habe "extrem fahrlässig" gehandelt, so der japanische Verkehrsminister Seiji Maehara. Er drohte dem Hersteller mit "scharfen Sanktionen." Die Behörden in Japan, Europa und den USA prüfen derzeit, wie sie mit dem Fall weiter verfahren sollen. Bislang dürfen die Flugzeuge mit den fraglichen Sitzen noch weiterfliegen. Die staatlichen Stellen können aber auch den Austausch anordnen.

Doch die Fluggesellschaften haben schon jetzt massive Probleme, weil sie keine neuen Flugzeuge übernehmen können, die Koito hätte ausstatten sollen. Singapore Airlines wartet seit Wochen auf ihren elften Airbus A380, bei dem Koito wie bei den zehn bereits eingesetzten Maschinen für die Sessel in der Business Class zuständig ist.

Koito drohen Millionenstrafen

Thai Airways wartet auf fünf Langstrecken-Jets vom Typ Airbus A330, die bereits hätten ausgeliefert werden sollen. Lufthansa-Partner Continental Airlines befürchtet nach Angaben eines Sprechers, dass mehr als ein Dutzend Maschinen betroffen sein könnten, die in diesem Jahr noch ausgeliefert werden sollen. Die japanische All Nippon Airways (ANA) muss 5000 Passagiere umbuchen, die Flüge reserviert hatten, für die eine Maschine mit Koito-Sitzen vorgesehen war.

Sowohl Boeing als auch Airbus haben Vertreter nach Japan geschickt, um Koito dabei zu überwachen, Qualitätskontrollen und eine regelkonforme Produktion wiederherzustellen. Airbus hat dem Unternehmen aber die Lieferantenlizenz entzogen. Die beiden Flugzeugbauer, Behörden und Fluggesellschaften haben eine Arbeitsgruppe gegründet, die einen Weg aus der Krise finden soll.

Koito Industries drohen Prozesse, Konventionalstrafen für die Verspätungen und Schadenersatz in Millionenhöhe. Für Großraumflugzeuge werden pro Monat üblicherweise Leasingraten von mehreren Hunderttausend US-Dollar fällig, die die Airlines derzeit aufbringen müssen, ohne diese über Einnahmen wieder hereinholen zu können. Darüber hinaus muss Koito das Geld für Umrüstungen und neue Tests aufbringen. Einem Unternehmenssprecher zufolge ist nicht klar, wann neue Sitze gebaut werden können.

© SZ vom 13.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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