Flughafen Berlin Brandenburg:Beim BER droht schon die nächste Krise

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Das Terminal des Flughafens Berlin Brandenburg Willy Brandt (BER): Wann hier Flugzeuge starten und landen, ist noch immer offen. (Foto: Patrick Pleul/dpa )

BER-Chef Karsten Mühlenfeld hat eigenmächtig den Technikchef des Problem-Flughafens gefeuert - und könnte deshalb bald ebenfalls seinen Job los sein.

Von Markus Balser und Jens Schneider, Berlin

Einmal im Monat verschickt Karsten Mühlenfeld einen Politikbrief. Es ist eine Art Bulletin aus der ewigen Warteschleife, in dem der Geschäftsführer der Berliner Flughäfen detailreich erklärt, warum es für die Baustelle des Hauptstadtflughafens BER noch immer keinen validen Eröffnungstermin gibt. Gelegentlich lässt er ganz nach Berliner Art kleine Schnoddrigkeiten einfließen.

Gerade hat er das aktuelle Exemplar versandt. Mühlenfeld verkündete diesmal nicht nur, warum er wieder keinen Terminplan für den Start des Pannenflughafens vorlegen kann. Er erklärt auch, dass er seinen Technikchef Jörg Marks entlassen habe. Und endete mit der Aussage, dass ihn "langatmige Erläuterungen" nicht interessieren, "warum was in der Vergangenheit nicht funktioniert hat". Es ist der typische Ton eines Chefs, der klare Kante zeigen will.

Bund und Land Berlin werfen Mühlenfeld schwere Fehler vor

Doch genau dieses Führungsverständnis droht Mühlenfeld jetzt zum Verhängnis zu werden. An diesem Mittwochabend trifft sich der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft FBB zu einer Sondersitzung. Geplant ist ein Tribunal. Es wird vor allem um die Position des Geschäftsführers gehen, über den Mitglieder des Aufsichtsrats erbost sind. Ihm drohe die Ablösung, heißt es aus dem Kreis der Flughafeneigentümer. Zwei der drei Anteilseigner - der Bund und das Land Berlin - werfen ihm schwere Fehler vor. Der Ärger über Mühlenfeld sei groß, heißt es aus dem Bundesverkehrsministerium. Auch der Aufsichtsratsvorsitzende, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), soll vergrätzt sein, das Vertrauen sei tief erschüttert und kaum wiederherstellbar. Berlin und der Bund halten zusammen 63 Prozent der Anteile.

Damit taumelt die Flughafengesellschaft in die nächste Krise. Der heftige Streit begann, als Mühlenfeld vergangene Woche Technikchef Marks gegen den Willen des Aufsichtsrats vor die Tür setzte und für ihn den früheren Bahn-Manager Christoph Bretschneider engagierte. Der Bund, der seit Langem Kritik an Mühlenfeld äußert, beantragte daraufhin die Sondersitzung. Mühlenfeld habe unabgestimmt und eigenmächtig gehandelt, heißt es aus dem Kontrollgremium. Die Entlassung des Technikchefs wird zudem kostspielig - es ist eine Abfindung zu zahlen. Vor allem aber wächst die Sorge, dass ein Wechsel in der technischen Führung die Bauarbeiten noch mal zurückwerfen könnte.

Zumal der Gefeuerte lange als der wichtigste Problemlöser auf der Baustelle galt. Mühlenfelds Vorgänger Hartmut Mehdorn hatte Marks noch im August 2014 für den Job gewonnen. Unter seiner Leitung war der Bau erst wieder in Gang gekommen, das rechnen die Anteilseigner ihm hoch an. Mühlenfeld aber wirft ihm vor, dass er als Bauleiter in den letzten Monaten jeden Termin gerissen habe und schlummernde Probleme übersehen wurden. Im Januar war die für Herbst 2017 geplante Eröffnung verschoben worden, weil neue Probleme auftauchten, die intern längst bekannt sein konnten. Wie schon vor der letzten abgesagten Eröffnung 2012 ging es um Türen und Steuerungselemente. Es gibt keinen neuen Eröffnungstermin, man hofft auf Sommer 2018.

Auf der Sondersitzung des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft FBB geht es an diesem Mittwoch vor allem um seinen Kopf: Karsten Mühlenfeld, Geschäftsführer des Hauptstadtflughafens BER. (Foto: REUTERS)

Auch Arbeitnehmervertreter müssten für Mühlenfeld stimmen, um ihn zu retten

Mühlenfeld soll sich am Mittwoch sowohl zu technischen Problemen auf der Baustelle als auch zu personellen Veränderungen erklären, heißt es im Kreis der Eigentümer. Die lassen juristisch klären, ob er überhaupt rechtens gehandelt hat. Noch gibt es im Aufsichtsrat Widerstand gegen den nächsten Rauswurf aus dem Flughafen-Management: Das Land Brandenburg, das einen Anteil von 37 Prozent an der Flughafengesellschaft hält, stützt Mühlenfeld. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Rauswurf das Projekt beschleunigt", sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Er stellt sich hinter den Mann, dessen Verpflichtung er vor zwei Jahren vorangetrieben hatte.

Im Aufsichtsrat stehen damit die sechs Stimmen des Bundes und Berlins gegen vier aus Brandenburg. Im 20-köpfigen Gremium müsste damit auch ein Teil der zehn Arbeitnehmervertreter gegen Mühlenfeld stimmen, um ihn abzulösen. Ein solches Votum ist noch nicht sicher.

Hinter den Kulissen wird dennoch schon darüber diskutiert, wer die Flughafengesellschaft nach dem Aus Mühlenfelds führen soll. Chancen hatte eigentlich Rainer Bomba (CDU), der zuständige Staatssekretär im Verkehrsministerium. Der Ingenieur sitzt seit 2010 selbst im Bahn-Aufsichtsrat. Doch aus Regierungskreisen hieß es, Bomba stehe für das Amt nicht zur Verfügung. Als möglicher Kandidat gilt der Flughafenkoordinator Berlins, Engelbert Lütke Daldrup. Mit ihm würde ein Politiker das Milliardenprojekt übernehmen.

Aber auch externe Kandidaten sind offenbar im Rennen, sogar über eine Rückkehr von Marks wird spekuliert. Die Eröffnung des drittgrößten deutschen Flughafens BER ist rund ein halbes Dutzend Mal verschoben worden. Fehlplanung, Baumängel und immer neue Technikprobleme verzögerten das Projekt. Die Berliner Altflughäfen Tegel und Schönfeld sind in die Jahre gekommen und arbeiten am Limit. Dabei wird auch eine weitere Verschiebung des Starts auf 2019 von Experten nicht mehr ausgeschlossen.

© SZ vom 01.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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