Fiskalpolitik:Rechnungsprüfer warnen vor Steuerlücke bei Tattoo-Entfernung

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Das Entfernen von Tätöwierungen ist umsatzsteuerpflichtig. (Foto: Getty Images)

Verlorenes Bundeswehrmaterial, falsch geplante Lärmschutzwände und unnötige Standstreifen: Der Bundesrechnungshof kritisiert zahlreiche Fälle, in denen der Staat Geld verschwendet - oder nicht genug eintreibt.

Von Benjamin Romberg

Die Bundeswehr muss besser auf ihre Sachen aufpassen. Sie überlässt ihr Material häufiger wissenschaftlichen Einrichtungen zu Forschungszwecken, was an sich vielleicht eine gute Sache ist. Nur achtet die Bundeswehr nicht darauf, dass sie ihr Eigentum auch wieder zurückbekommt. Eine Abteilung, die mit der Wiederbeschaffung der Gegenstände betraut ist, arbeitet nicht gründlich genug und hat zu wenig Personal. So ist im vergangenen Jahr Bundeswehrmaterial im Wert von 92 Millionen Euro verschwunden.

Zu diesem Ergebnis kommen die Prüfer des Bundesrechnungshofs in den "Bemerkungen 2013" ( PDF). In ihrem jährlichen Bericht kontrolliert die unabhängige Stelle die Finanzen des Bundes und zeigt, wo Steuergelder nicht sinnvoll eingesetzt wurden oder Risiken für den Bundeshaushalt liegen. Ein Zeugnis für die Bundesregierung gewissermaßen.

Die Bundeswehr ist nur ein Beispiel für Einsparpotenzial. Hier noch ein paar weitere:

  • Auf medizinische Behandlungen ist keine Umsatzsteuer zu zahlen. Jedoch bieten Ärzte auch immer mehr zusätzliche Dienstleistungen an, etwa Faltenbehandlungen, das Entfernen von Tätowierungen, Zähnebleichen oder Brustvergrößerung. Diese Angebote sind umsatzsteuerpflichtig - werden jedoch von den Finanzämtern bei der Steuerprüfung häufig übersehen. Der Rechnungshof befürchtet Steuerausfälle in Millionenhöhe.
  • Eine Lärmschutzwand hat den Zweck, Anwohner vor Verkehrslärm zu schützen. Das kann sie aber nur, wenn sie die relevanten Verkehrswege auch wirklich von den Wohngebieten trennt. Ein Straßenbauamt wollte eine Schutzwand zwischen einer Bundesstraße und den Häusern der Anwohner errichten. Die Behörde übersah dabei aber, dass sich zwischen besagter Straße und dem Wohngebiet noch eine vielbefahrene Bahnstrecke befindet. Die Wand sollte zwischen Gleisen und Straße stehen - den Lärm durch vorbeifahrende Züge würde sie nicht von den Häusern fernhalten.
  • Ein weiteres Beispiel aus dem Straßenbau: Die Bundesstraße B 207 soll die A 1 mit dem geplanten Tunnel nach Dänemark verbinden*. Das Verkehrsministerium will die Bundesstraße vierstreifig mit Standstreifen ausbauen, für 90 Millionen Euro. Etwa ein Viertel des Geldes soll in den Standstreifen investiert werden. Das ist aber gar nicht nötig, wie die Rechnungsprüfer festgestellt haben: Das Verkehrsaufkommen wird Prognosen zufolge überschaubar sein.

Der Rechnungshof betont in seinem Bericht die Bedeutung der gesetzlich festgelegten Schuldenbremse. Das Ziel, ab dem Jahr 2016 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, ist aus Sicht der Prüfer machbar - allerdings unter bestimmten Voraussetzungen.

So müssten die Zinsausgaben des Bundes weiterhin niedrig bleiben. Derzeit muss Deutschland kaum Zinsen zahlen, um frisches Geld zu bekommen, weil deutsche Anleihen in der europäischen Schuldenkrise als besonders sicher gelten. Zudem müssten die Steuereinnahmen weiter wie erwartet steigen, um das Ziel zu erreichen, die Ausgaben für Arbeitsmarkt und Gesundheit jedoch nicht. Auch dürften keine weiteren Belastungen durch die Schuldenkrise in Europa entstehen, warnt der Rechnungshof, und die von der großen Koalition geplanten Zusatzausgaben müssten gegenfinanziert werden.

Trotz der derzeit optimistischen Prognosen für die Staatsfinanzen sollte der Bund nach Meinung der Prüfer vorsorgen und keine neuen Schulden mehr aufnehmen. Derzeit beläuft sich der Schuldenstand auf 1,3 Billionen Euro. "Die Erfahrungen aus der Staatsschuldenkrise im Euro-Raum verdeutlichen, dass eine solide und nachhaltige Finanzpolitik unabdingbar ist", sagte Rechnungshof-Präsident Dieter Engels.

*Anmerkung der Redaktion: Absatz im Vergleich zur früheren Version klarer formuliert.

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