Finanzkrise in Slowenien:Schon wieder die Banken

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Schöner Schein: Könnte Slowenien das nächste Zypern werden? (Foto: dpa)

Erst Zypern und jetzt auch noch Slowenien: Der Euro-Staat könnte als nächstes Hilfe brauchen, denn die wechselnden Regierungen finden kein Rezept gegen die Krise, die Geldhäuser bereiten sich ihre Probleme selbst. Sollen auch diesmal Aktionäre oder Sparer zahlen?

Von Alexander Hagelüken und Cathrin Kahlweit

Die Banken. Schon wieder die Banken. Bis zu sieben Milliarden Euro benötigt der einstige Euro-Musterschüler Slowenien dieses Jahr, um Auslandskredite zurückzuzahlen - und um seine maroden Geldhäuser zu stützen. EU-Insider rechnen damit, dass die kleine Republik unter den Rettungsschirm kriechen muss. Weil die Investoren flüchten, klettern die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen Richtung sieben Prozent. Portugal und Irland mussten schon bei Finanzierungskosten von sechs Prozent unter den Schirm.

Europas Steuerzahler werden sich erinnern: Erst retteten sie Irland wegen seiner Banken, 2012 drehte sich alles um Spaniens Geldhäuser, im März eskalierte Zypern. Und jetzt geht es wieder um Banken, slowenische diesmal. Es ist, als ob das Finanzsystem den Bürger hinunterzieht wie ein Stein.

Wer soll für die Misere der Banken zahlen?

Ist Slowenien das nächste Zypern? Nein und Ja. Nein schon deshalb, weil die Banken auf Zypern mit ihrer Bilanzsumme, dem Achtfachen des Bruttoinlandsprodukts, die ganze Volkswirtschaft erdrücken. In Slowenien liegt der Wert nur beim 1,3-fachen. Nein zum zweiten, weil das Land am Südrand der Alpen nicht russische Oligarchen und andere Steueroptimierer mit laxen Regeln und dicken Zinsen lockte. Trotzdem könnte genau wie bei Zypern im Fall Slowenien eine erbitterte Debatte entstehen, wer eigentlich für die Malaise der Banken zahlen soll - Europas Steuerzahler oder Slowenien selbst, Aktionäre und Sparer? Denn die Probleme des Landes sind größtenteils selbstverschuldet.

Ja, Slowenien wurde vom Konjunkturabsturz durch Finanz- und Eurokrise besonders hart getroffen. Das exportorientierte Land mit seinen vielen Zulieferbetrieben hatte bis zum Beginn der Krise mit großem Erfolg für den europäischen Markt produziert, die gut ausgebildeten Fachkräfte hatten auch ausländische Firmen angezogen. Bosch, Siemens, Goodyear, Henkel, IBM, Microsoft, Novartis haben sich in Slowenien niedergelassen, Autofirmen wie Renault hier angesiedelt. Doch Renault kündigte gerade an, allein an seinem Produktionsstandort Novo Mesto diesen Monat 13 Prozent der Belegschaft zu entlassen.

Internationale Krise, hausgemachte Probleme

Die internationale Krise schlägt also durch, und doch: Der Löwenanteil der Probleme ist hausgemacht. Während der Boomzeit hatten die jeweiligen Regierungen versäumt, die eigenen Konzerne, die über die Wende hinweg in Staatshand geblieben waren, wirklich zu privatisieren. Die lokalen Großbanken, von der politischen Elite ebenso gesteuert wie die Großkonzerne, versorgten den heimischen Markt mit frischem Geld - auch wenn die Unternehmen rote Zahlen schrieben. Teilweise bekamen Günstlinge der Politik Kredit, um Firmen zu übernehmen, die staatlich kontrollierte Banken anschließend am Leben erhielten. Man half sich bei diesen Scheinprivatisierungen gegenseitig.

Manchem Günstling wird heute vorgeworfen, sich bereichert zu haben. Das Problem haben jetzt die Banken, deren laxe Kreditvergabe sich jetzt rächt. Es sind vor allem die lokalen Firmen, die ihre oft ungesicherten Kredite nicht mehr zurückzahlen können. In der Baubranche kam es bereits zu mehreren Insolvenzen, andere Firmen überleben bis heute nur noch mit permanenten Geldspritzen.

Bei den zwei größten Banken des Landes ist der Staat der Großaktionär, sie sind es gemeinsam mit der privaten Ablanka, die im Feuer stehen. Bei diesen drei ist ein Fünftel der Kreditsumme faul, könnte also nie mehr zurückkommen. Zum Vergleich: Das ist deutlich mehr als bei den spanischen Banken, die durch die Immobilienkrise gebeutelt wurden. Gleichzeitig entsprechen die faulen Kredite einem bedrohlichen Fünftel der Wirtschaftsleistung, die bei rund 35 Milliarden Euro liegt.

Inzwischen wankt die ganze Wirtschaft. In dieser Lage verwandeln sich Hoffnungswerte in Enttäuschungen.

Der kriselnde Skihersteller Elan etwa hätte als gutes Beispiel vorangehen sollen: Noch vor kurzem hatte das Vorzeige-Unternehmen verkündet, die Geschäfte seien 2012 passabel gelaufen, die Auftragslage für 2013 lasse ein positives Ergebnis erwarten. Und außerdem werde die Krise ja bald schon durch einen neuen Mehrheitseigner abgefedert: den britischen Investmentfonds Argus Capital. Doch die Hoffnungen zerschlugen sich in den vergangenen Tagen. Der Investmentfonds, der den Kaufvertrag bis Ende des Monats unterzeichnen sollte, sagte das Geschäft ab. Die Zahlen seien zu schlecht, das slowenische Rating zu schlecht, die Aussichten zu schlecht. Die Zeitschrift Delo schrieb, die Briten fürchteten, in Unregelmäßigkeiten verwickelt zu werden: Eine - womöglich rechtswidrig gezahlte - staatliche Beihilfe von zehn Millionen Euro muss zurückgezahlt werden, und riskante Kredite für Tochterfirmen belasten die Bilanz.

"Liste der Schande" enthält Schuldner des Staates

Der geplatzte Teilverkauf von Elan war eine weitere verpasste Chance für den Privatisierungskurs, mit dem der Staat seine Anteile an dem Skihersteller hätte verringern können. Vor allem Privatisierungen von Konzernen und Banken sind es, von denen sich die neue, linksliberale Regierung unter Alenka Bratusek eine Entlastung der Staatskasse verspricht, wie das auch schon die alte, im Frühjahr abgewählte, konservative Regierung getan hatte. Aber zwischen der Ankündigung von Verkäufen und der Realisierung liegen in Slowenien seit Jahren schon viel Zeit - und viele Worte.

Unterdessen wächst der Druck. Die Wirtschaftsleistung brach vergangenes Jahr um 2,2 Prozent ein, im laufenden Jahr wird ein Minus von 1,3 Prozent vorhergesagt. Seit 2008 hat noch keine Regierung ein Rezept gefunden, um die Krise zu stoppen. Die neue Premierministerin verspricht einiges: ein Beratergremium für die Wirtschaftspolitik, eine konsequente Eintreibung von Steuern - eine öffentliche "Liste der Schande" zählt 16000 Firmen, bekannte Geschäftsleute und Prominente auf, die dem Staat 900 Millionen Euro schulden sollen.

"Wir brauchen keine Hilfe, wir brauchen mehr Zeit"

Das Kabinett diskutiert Einschnitte in den Ausgaben der öffentlichen Hand, was aber die mächtigen Gewerkschaften nicht dulden wollen. "Wir brauchen keine Hilfe, wir brauchen mehr Zeit", versichert die Regierungschefin. Es bestehe keine akute Gefahr, dass Slowenien unter den Rettungsschirm müsse. Aber selbst ihre neue Koalition ist uneins darüber, welche Maßnahmen zu ergreifen sind. In Brüssel rechnen einige Akteure nicht damit, dass die Regierung sich aus eigener Kraft hilft. Bis zu sieben Milliarden Euro für die Ablösung alter Staatskredite und die Banken könnte zu viel sein, wenn die internationalen Investoren das Land weiter meiden.

Deshalb stellt sich womöglich bald die Frage, zu welchen Konditionen die Euro-Partner helfen, wenn sie einspringen müssen. Seit der doch noch geglückten Rettungsaktion für Zypern hat die Neigung zugenommen, nicht mehr in erster Linie fremde Steuerzahler für angeschlagene Euro-Staaten und insbesondere deren Banken zahlen zu lassen. Widerstand gegen eine Beteiligung von Aktionären, Sparern oder dem slowenischen Staat wird zwar unter anderem aus Österreich erwartet, dessen Banken zumindest zeitweise Beteiligungen an slowenischen Geldhäusern hielten. Der slowenische Staat selbst aber hat durchaus Reserven: Er ist mit weniger als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung verschuldet - weit geringer als etwa die Bundesrepublik.

© SZ vom 20.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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