Wiesbaden:Rechnungshof fordert Ausgabendisziplin

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Der Landesrechnungshof hat die schwarz-grüne Koalition zu mehr Ausgabendisziplin aufgefordert. "Haushalte werden in guten Zeiten ruiniert", sagte Präsident...

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Der Landesrechnungshof hat die schwarz-grüne Koalition zu mehr Ausgabendisziplin aufgefordert. „Haushalte werden in guten Zeiten ruiniert“, sagte Präsident Walter Wallmann am Freitag in Wiesbaden. Drei Grundsätze sollte die Landesregierung bei ihrer Finanz- und Ausgabenpolitik beherzigen: Das Landesvermögen sollte erhalten und Investitionen nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden. Auch müsse es klare Prioritäten bei künftigen Aufgaben geben.

Hessens oberster Kassenprüfer begrüßte die Maßnahmen der Koalition, alte Schulden zu tilgen und durch ein Instrument wie die Hessenkasse den Kommunen wieder mehr Handlungsspielraum zu geben. Angesichts der prognostizierten konjunkturellen Eintrübung mit voraussichtlich geringeren Steuereinnahmen müsse das Land aber gerade die Personalkosten sowie die künftigen Versorgungsansprüche für die Landesbediensteten im Blick behalten.

Der Bund der Steuerzahler in Hessen stellte sich hinter die mahnenden Worte von Wallmann. „Es ist zwar positiv zu werten, dass das Land im letzten Jahr 200 Millionen Euro Altschulden tilgen und Rücklagen aufbauen konnte“, sagte der Vorsitzende Joachim Papendick. „Doch mit dem Nachtragshaushalt 2019 und dem Haushaltsentwurf 2020 wird diese erfreuliche Entwicklung erheblich konterkariert.“ Papendick forderte eine Kurskorrektur in der Finanzpolitik „mit mehr Spar-Elan“.

Als Beispiele für wenig wirtschaftliches Vorgehen in Hessen nannte der Rechnungshofpräsident etwa den Verzicht auf Einnahmen trotz Sanierungsstau am Wiesbadener Staatstheater, die nicht ausreichende Verwaltung von Asservaten bei den Staatsanwaltschaften sowie die mangelnde Wirtschaftlichkeit der Hessenstiftung.

HESSISCHES STAATSTHEATER WIESBADEN:

Der Gesamtaufwand des Staatstheaters Wiesbaden hat nach Angaben des Rechnungshofes 2017 bei 44 Millionen Euro gelegen. Diesen hätten eigene Erlöse von 6,9 Millionen Euro etwa aus dem Kartenverkauf, Vermietungen und Verpachtungen sowie Spenden gegenübergestanden. Trotz der geringen Einnahmen seien aber viele ermäßigte oder kostenfreie Eintrittskarten vergeben worden: 2017 sei jede zehnte Karte reduziert oder kostenlos gewesen. Die im Theatervertrag von 1963 je Spielzeit festgelegte Mindestzahl von 14 Konzerten im Kurhaus sei mit durchschnittlich nur acht Konzerten nicht erreicht worden.

Gleichzeitig kämpfe das Staatstheater mit erheblichen Mängeln und Schäden an baulichen und technischen Anlagen. Das Land habe als Eigentümer und Betreiber zwischen 2001 und 2008 das Theater für rund 33 Millionen Euro teilsaniert. Dennoch gebe es weiteren Sanierungsdruck. Die Baupläne seien aber nicht aktualisiert und auch keine Dokumentation des Baubestands angelegt worden.

ASSERVATEN-VERWALTUNG:

Bei den neun Staatsanwaltschaften im Land wurden nach Schätzungen der Experten jährlich rund 150 000 Gegenstände neu asserviert. Dabei handelte es sich überwiegend um Tatwerkzeuge, Betäubungsmittel, Waffen und Fahrzeuge, die von der Polizei sichergestellt wurden. Die Betäubungsmittel würden teilweise in Umschlägen, Plastiksäcken oder Kunststoffbehältern gelagert, die überwiegend weder versiegelt noch verplombt waren. Mit dieser Lagerung gebe es bei den Staatsanwaltschaften keine Kontrolle über den Bestand.

Ähnlich verhalte es sich mit beschlagnahmten Fahrzeugen. Diese würden teils unentgeltlich auf Grundstücken der Polizei sowie der Justizvollzugsanstalt Wiesbaden oder kostenpflichtig bei Autohäusern, Abschleppunternehmen oder Werkstätten untergebracht. Das verursache insgesamt hohe Kosten und berge auch Umweltrisiken.

HESSENSTIFTUNG:

Die „Hessenstiftung - Familie hat Zukunft“ wurde vom Land im Jahr 2001 als bürgerlich-rechtliche Stiftung mit einem Stiftungskapital von 10,2 Millionen Euro errichtet. Der allgemein formulierte Stiftungszweck sei jedoch nicht in nachweisbare Ziele konkretisiert worden. Es sei daher weder möglich, den Erfolg der Tätigkeit zu messen noch ihre Wirkung zu analysieren. Vor der Stiftungsgründung sei zudem keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchgeführt worden. Bei einem Großteil der geprüften Projekte gebe es Mängel. Für den Rechnungshof seien deshalb weder wirtschaftliche, sozio-ökonomische noch verwaltungsorganisatorische Gründe erkennbar, die eine Fortführung rechtfertigen.

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