Magdeburg:Landesregierung plant Rekordausgaben und Steuererhöhung

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Sachsen-Anhalts schwarz-rot-grüne Regierung hat sich nach Angaben von Ministerpräsident Reiner Haseloff auf einen Doppelhaushalt geeinigt. "Wir haben alle...

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Magdeburg (dpa/sa) - Sachsen-Anhalts schwarz-rot-grüne Regierung hat sich nach Angaben von Ministerpräsident Reiner Haseloff auf einen Doppelhaushalt geeinigt. „Wir haben alle wesentlichen Knackpunkte abgeräumt“, sagte der CDU-Politiker am Dienstag. Es sei gelungen, „ein ausgewogenes Paket hinzubekommen“. Dazu will die Regierung allerdings die Steuerzahler stärker zur Kasse bitten - und die Rücklagen für schlechte Zeiten plündern. Wie lange die Pläne halten, ist offen, denn es formiert sich Widerstand. Eine Übersicht:

DARUM GEHT'S: „Wir haben rund gerechnet zwei Mal zwölf Milliarden Euro zur Verfügung“, sagte Haseloff. Das ist so viel Geld wie noch nie. Das liegt vor allem am jahrelangen Wirtschaftsaufschwung in Deutschland, der sprudelnde Steuereinnahmen bringt. Zum Vergleich: Beim ersten Doppelhaushalt 2017/2018 knackte Haseloffs Kabinett erstmals in der Landesgeschichte die 11-Milliarden Marke. Es ist der letzte Haushalt der Kenia-Koalition. Alle Projekte, die jetzt nicht finanziert werden, fallen weg. Dafür müssen sich CDU, SPD und Grüne letztlich im Wahlkampf für die Landtagswahl 2021 verantworten.

DER PLAN: Haseloff spricht von einem „umfangreichen Maßnahmenpaket“. So soll der Lehrermangel an Schulen durch mehr Stellen eingedämmt werden. „Alles, was der Markt hergibt, kann eingestellt werden“, sagte der Regierungschef. Nach langem Ringen soll auch die Schulsozialarbeit gesichert werden, wie Haseloff ankündigte. Bisher werden die 380 Stellen im Land mit EU-Mitteln finanziert. Wenn das ab nächstem Jahr nicht mehr möglich ist, will Sachsen-Anhalt sie aus eigener Tasche finanzieren. Die zwischenzeitlich diskutierte Verdoppelung der Stellen wurde laut Haseloff jedoch gestrichen.

Rund 16 Prozent des Haushaltsvolumens will die Landesregierung für Investitionen ausgeben. Allein für Baumaßnahmen seien fast 150 Millionen Euro vorgesehen, sagte Finanzminister Michael Richter (CDU). Als Beispiele nannte er das neue Herzzentrum der Uniklinik Magdeburg, die Sanierung der Landesbereitschaftspolizei und die Dauerbaustelle auf dem Polizeigelände in Magdeburg.

DIE TRICKS: Um einen Haushalt vorzulegen, bei dem zumindest rechnerisch Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen sind, musste der Finanzminister einige Tricks anwenden. Anfangs lag die Lücke bei 2,4 Milliarden Euro, nur 1,2 Milliarden Euro konnten in den Verhandlungen weggestrichen werden. Trotz Rekordsteuereinnahmen will die Landesregierung nun Steuern erhöhen und Finanzpolster abschmelzen.

Die Grunderwerbsteuer soll auf 6,5 Prozent steigen, sagte Richter. Das wäre ein Plus von 1,5 Punkten und soll 60 Millionen Euro im Jahr bringen. Zudem sollen 200 Millionen Euro aus der allgemeinen Rücklage kommen, die dann fast leer ist. Die Steuerschwankungsreserve, die für Zeiten sinkender Einnahmen angespart wird, soll angetastet werden: 400 von 520 Millionen Euro sind eingeplant. „Das tut auch einem Finanzminister weh“, sagte Richter.

DIE NÄCHSTEN SCHRITTE: Noch am Nachmittag kündigte Haseloff an, am Donnerstag könnte das Kabinett mit einem offiziellen Beschluss den Etatentwurf besiegeln und dem Landtag übergeben. „Das ist nur noch Technik.“ Doch ob der Plan so bleibt, ist fraglich, denn es hagelte noch am Dienstag heftige Kritik aus den eigenen Reihen.

So lehnte die Mehrheit der CDU-Abgeordneten bei einer Sitzung die Steuererhöhungspläne ab, wie eine Fraktionssprecherin sagte. Auch die SPD-Vertreter im Landtag sind ungehalten. Im Koalitionsvertrag sei eine Steuererhöhung ausgeschlossen, sagte ein Fraktionssprecher. Diese Abmachung könne die Regierung nicht einfach ohne Rücksprache mit den Abgeordneten der drei Regierungsfraktionen einkassieren.

Auch weitere Punkte sind strittig, etwa die künftige Finanzierung der Privatschulen oder eine geplante Einführung eines verbilligten Nahverkehrstickets für Azubis. Weitere Gespräche zwischen Abgeordneten und Ministern sind nötig. Vor der Landtagssitzung am Donnerstag ist ein Sondertreffen der Koalition geplant. Wann dann ein fertiger Haushaltsentwurf steht, ist offen.

DAS SAGEN DIE ANDEREN: „In einer Zeit, in der die Steuereinnahmen ständig neue Rekorde brechen, werden die Rücklagen geplündert und Steuern erhöht“, kritisierte der Präsident des Landesrechnungshofs, Kay Barthel. „Was uns präsentiert wurde, ist schwach und tut Sachsen-Anhalt nicht gut“, sagte die Haushaltsexpertin der Linken, Kristin Heiß. Derzeit seien viele Dinge noch unklar, etwa die Höhe der künftigen EU-Förderung oder mit wie viel Geld Sachsen-Anhalt die Strukturhilfen für den Kohleausstieg oder das Klimapaket der Bundesregierung mitfinanzieren müsse. „Ich habe nicht den Eindruck, dass für die vielen Unsicherheiten vorgesorgt ist.“

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