Finanzen - Hamburg:Hamburg erwartet wegen Corona weitere Steuerausfälle

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Andreas Dressel (SPD), Finanzsenator von Hamburg. Foto: Daniel Reinhardt/dpa/Archiv (Foto: dpa)

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Hamburg (dpa/lno) - Hamburg muss wegen der Corona-Krise mit weiteren massiven Steuerausfällen rechnen. Die neuesten Berechnungen fallen insgesamt noch einmal schlechter aus als im Mai und die geschätzten Steuerausfälle für die fünf Jahre 2020 bis 2024 belaufen sich damit auf insgesamt 4,9 Milliarden Euro, wie Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) am Dienstag in Hamburg sagte. Das sind 211 Millionen Euro mehr, als noch im Mai vorhergesagt. Zwar fällt die Schätzung für das laufende Jahr um 343 Millionen Euro besser aus, doch kommen in den Jahren 2021 bis 2023 voraussichtlich fast 600 Millionen Euro weniger Steuern in die Hamburger Stadtkasse als bislang erwartet.

"Der Einbruch in 2020 fällt zwar etwas weniger dramatisch aus, dafür sind die Einschnitte in den Jahren 2021 bis 2023 tiefer als bislang angenommen", erläuterte Dressel. "Corona wird in der Finanzplanung unserer Stadt noch viele Jahre gravierende Spuren hinterlassen." Im Jahr 2019 verbuchte Hamburg Einnahmen von 12,94 Milliarden Euro aus Steuern. Im laufenden Jahr werden es nur noch 11,3 Milliarden Euro sein und erst 2023 wird annähernd wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht. "Die heutigen Zahlen sind eine schwere Hypothek für die Aufstellung des Haushalts 2021/22", stellte der Finanzsenator fest.

Die außerordentliche bundesweite Prognose hatten die Steuerschätzer am vergangenen Donnerstag vorgelegt. Den Experten zufolge müssen Bund, Länder und Kommunen im kommenden Jahr mit 19,6 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen auskommen als noch im Mai erwartet. Sie rechnen damit, dass erst 2022 das Vorkrisenniveau wieder erreicht wird. Dressel kritisierte, dass die Länder und Kommunen auch durch Steuerrechtsänderungen und Bundesgesetze belastet würden - trotz zugesagter Bundeshilfen.

Um den unmittelbaren Auswirkungen der Pandemie etwa durch Hilfen für Unternehmen oder Selbstständige zu begegnen, hatte die Bürgerschaft dem Senat für den laufenden Haushalt eine Kreditermächtigung über 1,5 Milliarden Euro erteilt. Dressel machte deutlich, dass auch darüber hinaus von einer Haushaltsnotlage ausgegangen werden müsse. Der Senat habe deshalb einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der die Aufnahme von weiteren 1,5 Milliarden Euro Nettokrediten bis 2022 ermögliche.

Der Haushaltsexperte der CDU-Fraktion, Thilo Kleibauer, kritisierte es als verfrüht, die Schuldenbremse für 2022 schon heute außer Kraft zu setzen. "Mit der bereits beschlossenen Notsituation bis 2021 und mit der vorhandenen Konjunkturposition stehen für den Doppelhaushalt 2021/22 schon Möglichkeiten zur Kreditaufnahme in Milliardenhöhe zur Verfügung." Die von Dressel vorgelegten Zahlen rechtfertigten eine zusätzliche Kreditaufnahme von weiteren 1,5 Milliarden daher nicht.

Für die Linksfraktion forderte deren haushaltspolitischer Sprecher David Stoop, "große und riesige Vermögen zur Finanzierung der Krisenkosten" heranzuziehen. So könnten die weiter nötigen Konjunkturmaßnahmen trotz Steuereinbußen bewerkstelligt werden. "Hamburg muss sich jetzt auf Bundesebene energisch für eine Vermögensabgabe einsetzen", forderte Stoop.

Für den Steuerzahlerbund Hamburg ist es nicht nachvollziehbar, "dass der Senat jetzt die Basis dafür legt, die finanziellen Zügel auch in den nächsten Jahren schleifen zu lassen". Das erklärte sein Vorsitzender Lorenz Palte. "So wie das gesellschaftliche Leben langsam zur Normalität zurückkehrt, muss auch der Senat einen Plan entwickeln, zur Normalität der öffentlichen Haushalte zurückzukehren." Der Umweltverband BUND warnte davor, sinkende Steuereinnahmen zum Anlass zu nehmen, die Mittel für den Klimaschutz zu kürzen.

Der Senat beschloss am Dienstag außerdem den Gesetzentwurf für den "Hamburger Stabilisierungs-Fonds", mit dem sich die Stadt an durch Corona in finanzielle Schieflage geratenen mittelständischen Unternehmen beteiligen kann. Der Fonds hat ein Gesamtvolumen von bis zu einer Milliarde Euro und ist für Unternehmen gedacht, deren Bestandsgefährdung erhebliche Auswirkungen auf Hamburg hätte.

Viele mittelständische Unternehmen seien auch "eigenkapitalseitig bestandsgefährdend unter Druck geraten", erläuterte Dressel. Für sie solle mit dem Fonds eine Förderungslücke geschlossen werden. Eine unternehmerische Einflussnahme strebe die Stadt nicht an.

Antragsberechtigt sollen Unternehmen mit mindestens 50, höchstens aber 249 Beschäftigten sein, deren Bilanzsumme zwischen 10 und 43 Millionen Euro liegt. Die Laufzeit der stillen Beteiligung ist auf sieben, bei Börsennotierung auf sechs Jahre begrenzt.

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