Grundsteuerreform:Berlin senkt Hebesatz für Grundsteuer deutlich

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Ein Grundsteuerbescheid für 2024 wird vor einen Computerbildschirm gehalten, auf dem das Logo der Steuerplattform Elster angezeigt wird. (Foto: Bernd Weißbrod/dpa)

Die anstehende Grundsteuerreform hat viele Menschen in Berlin verunsichert. Sie fürchten stark steigende Kosten für das Wohnen. Der Finanzsenator tritt dem nun mit konkreten Maßnahmen entgegen.

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Berlin (dpa/bb) - Der Berliner Senat will eine starke Verteuerung der Wohnkosten im Zuge der 2025 anstehenden Grundsteuerreform möglichst verhindern. Das unterstrich Finanzsenator Stefan Evers (CDU) am Mittwoch und kündigte aus diesem Grund mehrere Änderungen bei den Eckpunkten der Steuer an.

Zum einen wird der sogenannte Hebesatz ab 2025 stark von 810 auf 470 Prozent gesenkt. Zum zweiten wird die sogenannte Steuermesszahl zugunsten bewohnter Grundstücke verändert, um eine höhere Belastung im Vergleich zu gewerblich genutzten oder unbebauten Grundstücken zu vermeiden. Für Wohngrundstücke soll die Steuermesszahl demnach ab 1. Januar kommenden Jahres 0,31 Promille betragen, für andere Grundstücke 0,45 Promille.

Die Schritte seien notwendig, um untragbare Belastungen für Grundstückseigentümer und Mieter durch die Neuregelung der Grundsteuer zu vermeiden, sagte Evers. Ohne die Änderungen müssten viele Berlinerinnen und Berliner in Zukunft eine um das vielfach höhere Grundsteuer entrichten als bisher.

Härtefallregelung und Verbesserungen für Kleingärtner

Evers kündigte außerdem eine Härtefallregelung für selbst genutzte Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke an. Diese ermögliche im Einzelfall eine Stundung oder Senkung der Grundsteuer, wenn diese Menschen in ihrer Existenz bedrohe.

Für Land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen entfällt die Grundsteuer ab 2025 - vergleichsweise geringe Einnahmen rechtfertigten den Verwaltungsaufwand nicht, so Evers. Diese neue Regelung betrifft nach seinen Worten auch etwa 80.000 Kleingärtner in 1300 Kleingartenanlagen.

Ab 2025 neue Berechnungsgrundlagen

Die Grundsteuer als wichtige kommunale Einnahmequelle wird bundesweit auf Anordnung des Bundesverfassungsgerichts reformiert. Ab 2025 gelten neue, einheitlichere Berechnungsgrundlagen, bei denen der aktuelle Wert von Immobilien und Grundstücken stärker als bisher berücksichtigt wird.

Grundstücks- und Immobilieneigentümer - in Berlin rund 870.000 - wurden verpflichtet, dazu Erklärungen mit einer Vielzahl von Informationen abzugeben. Auf dieser Basis erließ die Steuerverwaltung sogenannte Grundsteuerwertbescheide.

Erste Bescheide sorgten für Verunsicherung

Die dort genannten Grundsteuerwerte waren oft um ein Vielfaches höher als bei der bisherigen Grundsteuer. Nicht wenige Menschen befürchteten deswegen eine Explosion der Kosten. Das betraf nicht nur Immobilieneigentümer, sondern auch Mieter, auf die Vermieter die Steuer umlegen können und das in der Regel auch tun.

Allerdings errechnet sich die Grundsteuer nicht nur aus dem beschiedenen Steuerwert des Grundstücks oder Hauses. Zusätzlich ins Spiel kommen Hebesatz und Messzahl nach der Formel Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz.

Senator: Wohnen wird im Durchschnitt nicht teurer

Evers geht unterm Strich davon aus, dass sich für die meisten Berlinerinnen und Berliner die Belastung aus der neuen Grundsteuer kaum oder nur moderat verändert. „Wohnen wird in Berlin im Durchschnitt nicht teurer - wie versprochen.“

Allerdings kann es für manche Menschen durchaus stärkere Änderungen nach oben oder unten geben, abhängig von Wohnlage, der bisherigen Steuerhöhe und anderen Kriterien. Es wird damit gerechnet, dass sich die Steuerlast in wenigen Einzelfällen sogar vervierfachen oder gar versechsfachen kann - und zwar dort, wo bisher sehr wenig Grundsteuer anfiel.

Genaue Daten dazu, wie viele Menschen künftig mehr oder weniger Grundsteuer zahlen und wo die Ausschläge am größten sind, liegen laut Evers nicht vor. Tendenziell rechnen Fachleute damit, dass im Ostteil der Stadt eine etwas höhere Steuer fällig wird als bisher, weil die bisherigen Berechnungsgrundlagen dort noch älter sind als im Westteil.

Staat will laut Evers keine höheren Einnahmen aus neuer Grundsteuer

Evers unterstrich erneut, dass das Ziel der Grundsteuerreform mehr Gerechtigkeit sei. So gehöre dann der Vergangenheit an, dass für vergleichbare Immobilien in Spandau beispielsweise 1500 Euro Grundsteuer und in Treptow-Köpenick 150 Euro fällig würden. Es gehe ausdrücklich nicht darum, die Einnahmen des Staates zu steigern. Das hatte auch das Bundesverfassungsgericht der Politik mit auf den Weg gegeben und eine aufkommensneutrale Reform gefordert.

Der Bund der Steuerzahler begrüßte die Senkung des Grundsteuer-Hebesatzes im Grundsatz. Zu befürchten sei indes, dass die ermittelten Grundsteuerwerte realitätsfern seien. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) mahnte, die geplante Entlastung für Wohnimmobilien dürfe nicht zu einer überproportionalen Belastung für gewerbliche Nutzungen führen. Das würde laut IHK langfristig zulasten der Attraktivität des Standorts gehen.

Viele Einsprüche gegen Bescheide zum Grundsteuerwert

Die Grundsteuer gehört zu den wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. In Berlin lag das Aufkommen im vergangenen Jahr bei rund 860 Millionen Euro. Nach Angaben von Evers reichten in der Hauptstadt - nach einigen Fristverlängerungen - rund 99 Prozent der Grundsteuerpflichtigen ihre für die Neuberechnung benötigten Unterlagen ein.

Die Steuerverwaltung erteilte bislang 845.000 Grundsteuerwertbescheide. Dagegen habe es 254.000 Einsprüche gegeben, 13 Klagen gegen bisherige Bescheide seien anhängig.

© dpa-infocom, dpa:240221-99-68611/3

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