Ex-VW-Betriebsratschef Volkert:Der Mann mit dem Passat

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Er ist über die VW-Affäre gestürzt und hat viel verloren: der ehemalige Betriebsrats-Chef von VW, Klaus Volkert. Jetzt wird der Prozess neu aufgerollt - und alles könnte noch schlimmer kommen.

Hans Leyendecker

In der Öffentlichkeit hat sich der ehemalige VW-Gesamtbetriebsratschef Klaus Volkert sehr rar gemacht, und der 66-Jährige wird auch nicht dabei sein, wenn der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in Leipzig am Dienstag zur Revisionsverhandlung in seiner Sache zusammentritt.

Der früher mächtigste Betriebsratschef der Republik war im vorigen Jahr vom Landgericht Braunschweig wegen Anstiftung und Beihilfe zur Untreue und Verstoßes gegen das Betriebsverfassungsgesetz zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Das Urteil war der vorläufige Schlusspunkt der VW-Affäre um Lustreisen und Puffbesuche auf Firmenkosten.

Seitdem ist eine Menge passiert, und das gesellschaftliche Klima hat sich angesichts der Affäre um den früheren Postchef Klaus Zumwinkel, die Boni für unfähige Manager und die Finanzkrise nicht zugunsten von Volkert verändert.

Das drohende Unheil für ihn verbirgt sich in der 21 Seiten umfassenden Revisionsbegründung des Generalbundesanwalts hinter sperrigen juristischen Begriffen wie "Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht als Aufsichtsratsmitglied" oder der Frage, ob Volkert auch bei "Tat 29 (Sonderboni)" der Anstifter war. Übersetzt heißt das alles, dass am Ende womöglich eine höhere Strafe herauskommt. Aber kann es für ihn noch schlimmer kommen?

Der gelernte Schmied, der zeitweise bei VW 680.000 Euro pro Jahr verdiente, war einst ganz oben, und heute wird er behandelt wie einer, der eine ansteckende Krankheit hat.

"Auf Augenhöhe" mit Ferdinand Piëch

Früher duzte er Gerhard Schröder, er orderte den Firmenjet und konnte es sich leisten, den CDU-Ministerpräsidenten Christian Wulff "postpubertär" zu nennen.

Das Wort von Volkert war im Werk Gesetz, und der Arbeiterführer sah sich "auf Augenhöhe" mit Ferdinand Piëch und dem einstigen VW-Personalchef Peter Hartz. Das war eine arge Fehleinschätzung.

Nur Piëch ist auf Augenhöhe mit Piëch. Hartz, ebenfalls in die VW-Affäre verwickelt, kam nach einem Deal mit der Staatsanwaltschaft mit einer Bewährungsstrafe davon. Volkert sprach wegen der Sonderbehandlung für den Ex-Personalvorstand von einer Zwei-Klassen-Justiz.

Dabei hatte sich Volkert eigentlich nur genauso ungeniert benommen wie einer der vielen Manager, aber er musste dafür einen hohen Preis zahlen: Einen Großteil der Werksrente behält der Konzern als Schadenersatz ein, das Finanzamt Gifhorn vollstreckte 2008 Forderungen über 463.000 Euro, weil ihm der Fiskus Zahlungen von VW für seine frühere brasilianische Geliebte als Einkünfte zugerechnet hatte.

Seine Ehe hat er retten können, viel mehr nicht. Sein Nachfolger Bernd Osterloh, der nie etwas mit den Lustreisen zu tun hatte, wurde schon angesprochen, weil er zeitweilig nur ein paar Häuser von Volkert entfernt wohnte.

Die beiden hatten nie mehr Kontakt. Volkert, der drei Wochen in Untersuchungshaft verbrachte, hatte zeitweise Selbstmordgedanken. Auf Fragen nach seiner Zukunft antwortete er schon mal, er werde wohl mit dem Hut in der Wolfsburger Fußgängerzone stehen.

Viel käme da nicht zusammen. Im Moment reicht es ihm gerade noch für einen geleasten Passat.

© SZ vom 15.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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